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„Living Leadership“ (Hernstein) besucht nur, wer sich wirklich verändern will | Erfahrungsbericht (Teil I)

04Mai2020
4 min
EB-hernstein

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

„Ich bin eben so.“ – Bin ich wirklich so?

 

Living Leadership – Eva Woska-Nimmervoll nimmt an diesem Entwicklungsprogramm von Hernstein teil. Es ist spannend, es ist persönlich, es geht an die Substanz. Und: sie lässt uns dabei zusehen. Ein Erfahrungsbericht:

Autorin: Mag. Eva Woska-Nimmervoll

Event-Eckdaten:
Living Leadership | Veranstalter: Hernstein
Erfahrungsbericht über die ersten beiden Module im winter2019 – ein weiterer ist geplant über die letzten beiden Module

 

Der Einstieg

Freundlich distanziert begrüßen wir einander mit Handschlag und suchen uns einen Platz im stilvollen Seminarraum des schönen Schlosses Hernstein. So extrovertiert ich sonst bin – in neuen Gruppen fühle ich mich anfangs immer etwas unsicher.

Den anderen – wir sind 7 – scheint es ähnlich zu gehen. Im Grunde wollen wir wohl alle dasselbe: einen authentischen und aufrichtigen Umgang mit unseren Mitmenschen und von ihnen verstanden werden. Wer sich hier anmeldet, ist bereit, in seinem Leben etwas zu verändern – und bei sich selbst damit anzufangen.

Unser Trainer Markus Merlin erklärt uns fröhlich, ja, fast enthusiastisch, das Programm. Dann geht es schon ans Eingemachte, nämlich um Sinn und Werte und wie wir mit ihnen umgehen. Markus gibt uns einen Gedanken zur Reflexion mit: „Ich bin so gut wie ich bin – vor aller Arbeit!“ Nachdenkliche Gesichter. Soll das wirklich heißen, dass es für unseren Wert egal ist, ob wir etwas oder wie viel wir leisten? Dabei haben wir doch verinnerlicht: „Wer nichts leistet, ist nichts wert!“ Eigentlich traurig, denke ich mir, dass ich mich ohne Leistung wertlos fühlen würde. „Mir ist schon peinlich, wenn ich einen Urlaubsantrag abgebe“, outet sich Anna. Einige nicken. Das kenne ich auch: Angst vor Abwertung oder davor, schief angeschaut zu werden – und sei es nur, weil ich es mir eine Woche lang verdient gut gehen lasse. Ein gruseliger Gedanke. Was sagt das über mich aus?

Eye Gazing

„Eye Gazing“ steht auf dem Plan. Wir sollen Paare bilden und dann dem oder der anderen, ohne ein Wort zu sagen, vorurteilsfrei einige Minuten lang in die Augen sehen. Markus Merlin bittet uns, jeglichen Gedanken beiseite zu schieben. In mir sträubt sich alles dagegen. Es ist so, als wäre meine Intimsphäre bedroht. Alle anderen scheinen begeistert oder zumindest bereit dafür zu sein.

Soll ich jetzt dem Gruppendruck nachgeben und etwas tun, das sich schlecht anfühlt? Oder einfach Nein sagen? „Ich mag diese Übung nicht machen“, schießt es aus mir heraus, bevor ich noch bewusst eine Entscheidung getroffen habe. Das erwartete Gut-Zureden fällt aus – niemand kommentiert, dass ich das Experiment verweigere. Ich bin erleichtert. Markus bittet mich nur, in der Zwischenzeit den Raum zu verlassen. Also hole ich mir einen Kaffee und habe Zeit zum Nachdenken: War es mutig von mir, Nein zu sagen oder feig, nicht mitzumachen?

Am nächsten Morgen bietet sich die Chance, die Übung nachzuholen. Jetzt bin ich mir sicher: Heute bin ich dafür bereit. Weil ich aus eigenem Antrieb meine Komfortzone verlasse und nicht, weil mich jemand dazu überredet hat.

Verwirrung ist der Anfang einer neuen Erkenntnis

Viele Fragen stehen im Raum: Woher kommt die Kraft zu wollen? Was macht Menschen charismatisch? Wie kann man für Ratsuchende eine Hilfe sein?  Es arbeitet in meinem Kopf. Dazwischen immer wieder Übungen, Gespräche. Wir schildern Situationen aus unserem eigenen Arbeitsalltag, und suchen nach Möglichkeiten, die eigene Wirksamkeit zu stärken. Das macht Spaß, ist kreativ. Da und dort finden wir Themen, die uns überfordern. Kann es andere Optionen als bisher geben, mit ihnen umzugehen? Wir begeben uns immer mehr in die Tiefe. Es fühlt sich gut an, über etwas zu sprechen, das schwerfällt – nicht nur Markus als ausgebildeter Coach und Mediator versteht mich, auch andere in der Gruppe scheinen es zu tun. Jede und jeder scheint ehrlich interessiert daran, was die anderen bewegt.

Am Ende des zweiten Tages schüttelt Gerd den Kopf: „Ich glaube schön langsam, ich hab‘ bis jetzt alles falsch gemacht.“  Das kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber ich weiß, was er meint. Immerhin: Verwirrung ist der Anfang einer neuen Erkenntnis.

(Alle Teilnehmenden haben ihre Zustimmung zur Verwertung ihrer Aussagen gegeben. Ihre Namen wurden geändert.)


Nimmervoll, HernsteinGast-Autorin

Mag. Eva Woska-Nimmervoll ist Projektleiterin und Texterin im Corporate Publishing, Schreibpädagogin und Buchautorin (Roman „Heinz und sein Herrl“). Sie betreut seit vier Jahren den Hernsteiner redaktionell.


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