Die Vorteile eines digitalen Angebots für Prävention und Gesundheitsförderung gegenüber den traditionellen/analogen Programmen sind gewaltig. Das werden wir gleich im untenstehenden Interview lesen. Das ganze gespickt mit Beispielen und Erfahrungen:
Experten-Interview
Wie kann Digitalisierung Unternehmen unterstützen bei der Prävention und Gesundheitsförderung?
Bernhard Schlosser (Virgin Pulse): Die Vorteile eines digitalen Angebots für Prävention und Gesundheitsförderung gegenüber den traditionellen/analogen Programmen sind gewaltig. So sind digitale Plattformen jederzeit aufrufbar und komplett unabhängig von Ort und Zeit des Benutzers. Mitarbeiter auf der ganzen Welt, ob Büroarbeiter oder Schichtarbeiter – sie alle können auf digitale Tools zugreifen, wenn es am besten für sie passt. Sie sind somit nicht auf örtliche und zeitlich limitierte Angebote angewiesen wie z.B ein Yogakurs, der in der Hauptzentrale um 12:00 stattfindet. Digitale Lösungen sind außerdem in der Lage, sich den Bedürfnissen des Einzelnen anzupassen und das Programm durch künstliche Intelligenz und Machine Learning zu personalisieren.
Im Gegensatz zu traditionellen Maßnahmen kann man durch digitale Plattformen mit minimalem Aufwand eine große Masse an Mitarbeitern erreichen. Während also der Yogakurs jeweils Platz für 20 Personen bietet, können auf der Plattform unendlich viele Mitarbeiter teilnehmen. Die Digitalisierung erlaubt es den Unternehmen auch, durch Umfragen und validierte Gesundheitsbefragungen Trends und Ergebnisse in Echtzeit zu messen. Mit Hilfe dieser Informationen lässt sich die Unternehmensstrategie im Bereich Prävention und Gesundheitsförderung anpassen und verbessern.
Wie noch?
Mag. Ina Lukl (IBG): Digitalisierung wird in der Praxis häufig weniger mit Arbeitserleichterung als mit Arbeitserschwernis assoziiert. Wie kann es demnach gelingen, ein überwiegend positives Bild der zunehmenden Digitalisierung zu zeichnen, nämlich jenes, dass die Digitalisierung dem Menschen dient und nicht umgekehrt? Und wie kann sie darüber hinaus Gesundheitsprävention und –förderung unterstützen? Dabei fallen mir ad hoc drei wesentliche Komponenten ein: Usability, also Benutzerfreundlichkeit, persönlicher Mehrwert und Mehrwert des Unternehmens.
Um ein digitales Tool als nützlich zu erleben, sollte es sich möglichst unaufwändig in alltägliche Gewohnheiten einpflegen lassen, also Pforten statt Hürden zu einem gesünderen Verhalten oder gesünderen Verhältnissen bilden, z.B. weitgehend selbsterklärend zu verwenden sein, Zeitersparnis bringen oder Kontaktmöglichkeiten erleichtern. User möchten einen persönlichen Mehrwert erkennen, z.B. eine zusätzliche Motivation Dinge anzugehen oder beizubehalten, mehr Freude an einer Tätigkeit, einen raschen Erkenntnisgewinn u.v.m. Seitens des Unternehmens braucht es ein Bewusstsein dafür, dass gute Usability in der Regel nicht, schlechte hingegen sehr deutlich wahrgenommen wird (ähnlich der Hausarbeit ;-)). Insofern kann ich nur empfehlen, Maßnahmen zur Digitalisierung stets auch aus Sicht der Mitarbeiter zu betrachten und sie in die Implementierung so weit wie möglich einzubeziehen.
Können Sie konkrete Beispiele (Case Study, Software, App) nennen?
Mag. Ina Lukl (IBG): In unserem internen BGM und bei einigen unserer Kunden haben wir eine Gesundheitsbox bzw. ein Online-Portal implementiert, das Mitarbeitenden bzw. Unternehmen Prävention und Gesundheitsförderung zur Verfügung stellt. Dieses bietet laufend Newsmeldungen (z.B. Terminankündigungen und Gesundheitstipps), Informationen zu Bewegung, Ernährung, medizinischer und psychischer Gesundheit sowie die Möglichkeit, sich online zu Terminen mit Präventivfachkräften oder anderen Experten anzumelden. Eine erweiterte Version bietet Unternehmen bzw. Führungskräften anonymisierte Abteilungsberichte auf der Basis von Online-Erhebungen. Die Befragungen werden ebenfalls online (über PC oder mobil) durchgeführt. Auch Ergebnispräsentationen werden längst nicht mehr ausschließlich face2face abgehalten.
Zur Maßnahmenevaluierung kann auf diverse Online-Tools zurückgegriffen werden, die mitunter sogar kostenlos bzw. günstig zur Verfügung gestellt werden. Dabei ist natürlich auf ausreichenden Datenschutz zu achten. Darüber hinaus erscheinen täglich neue Apps auf dem Markt. Sie unterstützen Mitarbeitende mit individuellen Rückmeldungen und Empfehlungen zum persönlichen Gesundheitsverhalten. Deren Sinnhaftigkeit steht und fällt erfahrungsgemäß mit der Usability.
Haben Sie noch mehr Beispiele?
Bernhard Schlosser (Virgin Pulse): Eine App, die Unternehmen und Mitarbeiter im Bereich der Gesundheit und Prävention fördert, ist zum Beispiel die Virgin Pulse Plattform. Diese Plattform wird auch in Österreich von Unternehmen wie IBM, T-Systems oder Magna benutzt. Das Ziel ist es, durch Micro-Learning und digitales Coaching Verhaltungsänderungen hervorzurufen, welche die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden fördern und stärken. Der Vorteil an dieser Software ist, dass diese sowohl als schlüsselfertiges und direkt einsetzbares Programm wie auch als komplett konfigurierbare maßgeschneiderte Lösung für den Kunden verfügbar ist, bei der sich eigene Inhalte und bereits bestehende Angebote integrieren lassen.
Die Plattform kann sich also den Bedürfnissen der Unternehmen anpassen. Dies ist entscheidend, denn jedes Unternehmen befindet sich auf seiner eigenen Reise in Richtung Digitalisierung. Dass dieses digitale Format der Prävention und Gesundheitsförderung für Unternehmen funktioniert, zeigt sich an den Erfolgszahlen der letzten 16 Jahre. So sind zum Beispiel 70% der Mitarbeiter weniger gestresst, die Krankheitstage sinken durchschnittlich um 11h und bei 58% verbessert sich durch den allgemein verbesserten Gesundheitszustand die Produktivität und das Engagement.
Wenn schon Digitalisierung, dann auch Messbarkeit, richtig? In wie fern kann Digitalisierung die Messbarkeit des Erfolgs von Prävention und Gesundheitsförderung unterstützen?
Bernhard Schlosser (Virgin Pulse): Was nicht gemessen wird, kann nicht gemanagt werden. Eine digitale BGM-Lösung hat den Vorteil, dass eine sehr genaue Messbarkeit möglich ist. So können regelmäßige, vollumfängliche Mitarbeitergesundheitsbefragungen wie auch kleinere, themenspezifische Umfragen gemacht werden. Dadurch kann man die Interessenbereiche der Mitarbeiter messen, welche es dem Unternehmen erlauben, passende strategische Entscheidungen zu treffen. Die Geschäftsleitung erhält einen besseren Überblick, wo der Schuh drückt und in welche Richtung investiert werden muss. Dazu ein kurzes Beispiel: erfährt man durch eine solche Umfrage beispielsweise, dass die Mitarbeiter sehr gestresst sind, aber die Auswertung der App zeigt, dass keiner die digitalen Tools zum Thema Stress benutzt, so kann durch eine spezifische Kommunikation zum Thema eingelenkt werden.
Mag. Ina Lukl (IBG): Zahlreiche Apps messen noch viel zahlreichere Parameter, um gesundheitsförderliches Verhalten von Mitarbeitenden zu unterstützen. Eine gute Usability vorausgesetzt, können Mitarbeitende daraus einen persönlichen Mehrwert lukrieren, der zumindest indirekt ihre gesunde Produktivität am Arbeitsplatz positiv beeinflusst. Mit größerem Impact auf gesundheitsförderliche oder –hinderliche Aspekte der Arbeit und damit auf den Unternehmenserfolg, besteht darüber hinaus die Möglichkeit, subjektive und objektive Gesundheitsdaten von Mitarbeitenden (z.B. aus Befragungen und Vorsorgeuntersuchungen), aggregiert und anonymisiert zur Einschätzung der nachhaltigen und gesunden Produktivität der gesamten Belegschaft oder einzelner Unternehmensbereiche einzusetzen. Gleichzeitig kann im Falle einer Online-Erhebung jedem einzelnen Mitarbeitenden eine unmittelbare Rückmeldung über sein Ergebnis zur Verfügung gestellt werden. Diese Rückmeldung kann im Idealfall bereits erste individuelle Empfehlungen enthalten. Wiederholte und fundierte Analysen in regelmäßigen Abständen können somit auf individueller Ebene und auf Unternehmensebene Veränderungen über die Zeit ausgezeichnet abbilden und damit Erfolge gut sichtbar machen.
Prävention und Gesundheitsförderung in Unternehmen | Digitalisierung positiv genutzt
Die Gesprächspartner
Mag. Ina Lukl IBG GmbH Bernhard Schlosser Virgin Pulse |