„Wie kommt der Sinn in die Arbeit?“ steht im Programm des HR Inside Summit (14+15okt2020, Wiener Hofburg, ⇒ siehe auch HRweb-Event-Berichte des HRIS). Da schießen mir sofort einige Antworten … und auch Fragen durch den Kopf.
Meine spontanen Antworten behalte ich für mich, mit den Fragen über dieses „Sinnvestment“ wende ich mich gleich an den Urheber des Themas, Nico Rose.
Interview-Partner
Dr. Nico Rose ist der Sinnput-Geber. Seit 2019 ist er Professor für Wirtschaftspsychologie an der ISM Dortmund. Von 2010 bis 2018 war er für Bertelsmann tätig, zuletzt als Vice President im Stab des Personalvorstands. Zudem arbeitet Rose seit 2008 als Leadership-Coach.
www.nicorose.de
Nico Rose (Experte für Positive Psychologie, Foto rechts) spricht beim HR Inside Summit über den „Return on Sinnvestment“
Interview: Sinnvestment
Nico Rose, die Frage Ihres HR Inside Summit-Themas „Sinnvestment“ greife ich gleich auf: Wie kommt der Sinn in die Arbeit?
Nach meinem Verständnis ist arbeitsbezogenes Sinnerleben eine „positive Nebenwirkung“ von verschiedenen Faktoren, die sich zum Teil aus den Aufgaben eines Mitarbeiters selbst, zum Teil aus dem Kontext speisen. Es hilft definitiv, wenn wir den Impact unserer Arbeit spüren, nach innen und nach außen: Wie hilft meine Leistung anderen Menschen in der Organisation weiter? Was ist der Beitrag für Kunden und andere externe Stakeholder? Weiterhin ziehen wir Sinn aus Beziehungen. Verkürzt gesagt: Je mehr wir unsere Kollegen mögen, z.B. einige davon, umso mehr Sinn macht das Gefüge für uns. Zudem geht es um Beziehungen höherer Ordnung, beispielsweise die Frage, ob meine persönlichen Wertvorstellungen mit jenen meines Arbeitgebers in Deckung sind.
Drittens geht es um den Aspekt der Selbstwerdung. Wenn ein Mensch das Gefühl hat, sich selbst in seinen Aufgaben näher zu kommen, dann ist das ein starker Sinntreiber. Das passiert z.B., wenn viel Zeit mit Tätigkeiten verbringen dürfen, die den Einsatz unserer ureigenen Stärken erfordern. Schließlich geht es auch um Autonomie und Spielräume: Je mehr ich bewegen kann, je mehr ich das Gefühl habe, trotz des Eingebundenseins in Strukturen und Hierarchien „Autor meiner eigenen Geschichte“ zu sein, desto mehr Sinn empfinde ich. Ich denke, an dieser Stelle wird deutlich, wie sehr vor allem dieser Faktor von der direkten Führungskraft beeinflusst wird.
Weshalb ist es so wichtig, Sinn in der Arbeit zu finden?
Eine große Anzahl von Forschungsarbeiten legt nah, dass sinnstiftende Arbeit eine Win-Win-Win-Situation ist: Die Organisation profitiert, weil Sinnerleben ein starker Motivator ist. Menschen, die ihre Arbeit als sinnerfüllt erleben, sind i.d.R. ausnehmend motiviert und engagiert. Der Mitarbeiter selbst profitiert, weil Sinnerleben u.a. wie ein Puffer gegen Burnout und ähnliche, arbeitsbezogene Erkrankungen wirkt. Und der erweiterte Kontext, z.B. die Familie eines Mitarbeiters, profitiert ebenfalls, weil es positive Spillover-Effekte ins Privatleben gibt: Wer seine Arbeit als sinnerfüllt betrachtet, verspürt im Mittel auch mehr Sinn im Leben allgemein. Das wiederum ist beispielsweise ein Schutzfaktor gegen Depressionen.
Kann und soll jeder Job mit Sinn behaftet sein? Gibt es Ausnahmen für Sinnvestment?
Es gibt sicherlich, vielleicht gerade in jungen Jahren, Jobs, die wir vor allem des Geldes wegen machen. Doch selbst eine solche Situation kann von Sinn erfüllt sein. Sprich: Die Tatsache, dass wir durch den Job unser Leben abseits der Arbeit bestreiten können, trägt wiederum zum Sinnerleben der Arbeit bei. Allerdings wünschen sich die meisten Menschen eine Aufgabe, die auch aus sich selbst heraus als sinnstiftend wahrgenommen wird.
Geben Sie mir EINEN Kernsatz, den eine Führungskraft kommende Woche für ihr Team mitnehmen / umsetzen soll:
Fragen Sie Ihre Mitarbeiter offen und neugierig, wofür und wie diese von Ihnen gelobt bzw. wertgeschätzt werden wollen – und lassen Sie sich von der Antwort überraschen.
Foto von Nico Rose (Sinnvestment): Fotograf Felix Amsel
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