„Hire for Attitude, Train for Skills” ist gut und schön. Welche Merkmale machen diese hochgelobte Attidude aus und wie ist sie siegessicher festzustellen?
Hiermit beschließen wir die Interview-Trilogie um dieses Thema:
- Hire for Attitude, Train for Skills | Vorzug den SKILLS:
Macht Skill-basierte Personalauswahl in der beschleunigten Welt (in der Wissen schnell veraltet) noch Sinn?
- Hire for Attitude, Train for Skills | Ein Hoch auf die ATTITUDE:
Macht Attitude-basierte Personalauswahl überhaupt Sinn wenn zu wenig Skill vorhanden ist?
- Hire for Attitude, Train for Skills | Was steckt hinter der ATTITUDE?
Welche Merkmale bei „Attitude“ sind ganz besonders wichtig? Wie soll„Attitude“ valide festgestellt werden?
Experten-Interview
Welche Merkmale bei „Attitude“ sind besonders wichtig?
Veronika Aumaier MAS, MSc (Aumaier Consulting Training): Gegenwärtig könnte man schon punkten, wenn man Engagement an den Tag legt und das mit „richtig Lust auf eine Vollzeitstelle“ beweist. Oder gut dazu in der Lage ist, das Handy in der Tasche zu behalten, ohne ständig drauf schauen zu müssen. Verfügt man darüber hinaus über ein gesundes Selbstbewusstsein, Freude am Lernen und an der Veränderung, ein positives und freudiges Miteinander im Team sowie Pro-Aktivität, dann ist man am Arbeitsmarkt bestimmt kein Ladenhüter.
Dr. Susanne Gruber-Kolbesen (Chvalina & Kolbesen – 2blickwinkel.at): Wichtige Merkmale bei Attitude, also Einstellung und Haltung, sind unter anderem Selbstmotivation, Zielorientierung, Offenheit für Neues, Resilienz. Wenn eine Unternehmenskultur nun z.B. von Wertschätzung, interkulturellem Arbeiten, Flexibilität geprägt ist, so müssen entsprechende Haltungen bereits bei den Interviews hinterfragt werden.
Mag. Florian Dachauer (Trenkwalder): Besonders wichtig ist Offenheit für Neues: Manchmal muss man den Mut haben, seine eigene Komfortzone zu verlassen und etwas Neues auszuprobieren. Nicht alles klappt beim ersten Mal, daher ist auch eine Fehlertoleranz sich selbst gegenüber unbedingt notwendig.
Gerade weil einem durch die Digitalisierung eine Unmenge an Wissen zur Verfügung steht, ist die Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem und Richtiges von Falschem zu unterscheiden, unbedingt notwendig.
Erich Nepita (OTM Karriereberatung / Lee Hecht Harrison): Unabhängig von der jeweiligen Tätigkeit geht es im Wesentlichen um die Bereiche Sozialverhalten und Kommunikations- und Führungsstil einerseits und das Arbeitsverhalten sowie die Bereiche Emotionalität und Belastbarkeit andererseits, wobei die gewünschten „attitudes“ von der Tätigkeit und der Umgebung abhängig gemacht werden. Die vielzitierten „Big Five“ – kurz Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus – spielen dabei eine wichtige Rolle, aber man darf grundsätzlich den gesamthaften Blick bei einer Beurteilung von Positionen oder Personen nicht außer Acht lassen.
Wie kann „Attitude“ valide festgestellt werden?
Franz Dinhobl (KICK OFF): Durch ein gezieltes Interview und durch Beobachtungen in verschiedenen Aufgaben, z.B. im Rahmen eines Development- oder Assessmentcenters.
Mag. Barbara Schreiber (Schulmeister Management Consulting): Einerseits kommt für die Einschätzung der Attitude eines Bewerbers die Intuition und das Bauchgefühl des Interviewers zum Tragen. Andererseits nutzen wir zusätzlich auch Testverfahren zur Persönlichkeitsprofilanalyse, um Motivatoren, Arbeitsweise, Kommunikationsskills und Werte auch valide feststellen zu können Die Ergebnisse dieses Persönlichkeitstests fließen immer auch in die Selektion mit ein.
Mag. Eva Laukhardt, MSc (ITO): Die Kombination eines multi-dimensionalen digitalen Testverfahrens (das nicht nur Persönlichkeit analysiert) mit einem strukturierten persönlichen Interview ermöglicht eine valide Erfassung von handlungsleitenden Einstellungen, Motiven, Interessen und Werten. Werden zusätzlich relevante Handlungsmuster in Simulationen berufsnaher interaktiver Situationen handlungsdiagnostisch erfasst, zeigt sich, wie sich das Aggregat der im Testverfahren und vertiefenden persönlichen Gespräch erhobenen Attitudes im tatsächlichen Verhaltensmuster ausdrückt. Eine Prognose darüber, wie erfolgreich sich ein Bewerber in dem relevanten Umfeld bewegen wird, ist dadurch wesentlich treffsicherer als nur durch ein Interview. Weiter erhöht wird die Validität der Aussagen über ein Match mit dem Anforderungsprofil durch eine zielgenaue Analyse der aktuellen Erfolgs-Kompetenzen in solchen / ähnlichen Positionen im Unternehmen sowie der Unternehmenskultur und –werte. Eine Kultur-Analyse im Vorfeld ist durch die digitale Testung von Motiven und Interessen auch in kurzer Zeit machbar.
Mag. Cornelia Schwaminger (BDO Consulting): Dabei ist natürlich ein gutes Einschätzungsvermögen und die Menschenkenntnis des Recruiters von großer Bedeutung. Wir machen uns durch viele geschickte, auch persönliche Fragen ein Bild vom Charakter des Gegenübers, Mir ist es dabei wichtig, das Gespräch nicht in einem Frage-Stakkato enden zu lassen, sondern Raum für die Entwicklung eines Dialoges zu lassen. Nur so kann ich den Gesprächspartner im Interview auf möglichst natürliche Art und Weise kennenlernen und ein Gespür für die Einstellungen und das „Mind-Set“ bekommen. Gute Auswahlkompetenz hat aber auch viel mit „Bauchgefühl“ zu tun.
Die Gesprächspartner: Was steckt hinter der Attitude?
Mag. Eva Laukhardt, MSc ITO Individuum Team Organisation GmbH Franz Dinhobl KICK OFF Management Consulting GmbH Erich Nepita OTM Karriereberatung GmbH d/b/a Lee Hecht Harrison Austria Veronika Aumaier, MAS, MSc Aumaier Consulting Training GmbH Mag. Florian Dachauer Trenkwalder Personaldienste GmbH Dr. Susanne Gruber-Kolbesen Chvalina & Kolbesen – 2blickwinkel.at Mag. Cornelia Schwaminger BDO Consulting GmbH Mag. Barbara Schreiber Schulmeister Management Consulting GmbH |
Ich danke den Interviewpartnern sowohl für ihre Geduld als auch ihre Expertise.