Iter und Flux sind 2 unterschiedliche Zeitqualitäten. Und mit beiden wurden wir im letzten Jahr konfrontiert. ITER steht für lineares Zeiterleben, eins nach dem anderen, aktive Schritte setzen. FLUX hingegen bedeutet, dass das Ziel auf einen – ohne aktive Einwirkung – zukommt.
Die Pandemie warf uns in den Flux-Modus, während der uns die krisen-übliche Iter-Bestrebung nur bedingt half.
Inhalt dieses Beitrags:
- Es ist ein bisschen so wie in der Mode: derzeit ist alles erlaubt und vieles möglich
- Das dicke Ende naht
- Wie entscheidet man nun, welche Form der Zielvereinbarungen zum Unternehmen passend ist?
- Outputorientierung und Performanceorientierung sind die aktuellen Kernkompetenzen in der agilen Arbeitswelt
- Iter und Flux – 2 Zeitqualitäten
- Flux-Kompetenzen beinhalten das Geheimins zum Erfolg
Was tun, wenn die Zeiten – wie eben jetzt – gerade sehr schwer planbar sind? Im Zusammenhang mit jährlichen Zielsetzungen und deren Vergütung entsteht vielfach große Ratlosigkeit. Ein bisschen an der Oberfläche gekratzt tauchen schnell viele Fragen auf: Was tun mit Zielen, die ein Jahr vereinbart sind, wenn sich unterjährig diese Ziele völlig verändern oder auflösen? Wann und wie können sie dann noch von wem im Laufe des Jahres angepasst und verändert werden? Wie agil muss eine Zielvereinbarung heutzutage sein? Was heißt das überhaupt und von wem wird beim agilen Arbeiten die Zielerreichung festgestellt? Sind variable Gehaltsbestandteile denn noch üblich? Wo sind die alten Zeiten hin, wo man am Jahresanfang Ziele vereinbart hat und deren Zielerreichung dann am Jahresende beurteilt hat. Jahr für Jahr – itermäßig eben.
Es ist ein bisschen so wie in der Mode: derzeit ist alles erlaubt und vieles möglich
Es gibt sowohl Firmen, die keine variablen Gehaltsbestandteile haben und trotzdem Ziele vereinbaren als auch Firmen die, speziell für Vertriebsmitarbeiter, noch immer variable Gehaltsanteile basierend auf rein quantifizierte Ziele stützen. Und es gibt den besonderen Trend, entsprechend einer rollierenden Planung auch mit rollierenden Zielen zu agieren.
Es gibt Quartalsziele und Jahresziele, die entweder klassisch top down vorgegeben werden. Oder es werden andersrum, Einschätzungen bottom up eingeholt, on top final entschieden, und dann top down mitgeteilt. Die Ziele umfassen Unternehmens-, Team- und Einzelziele. Es gibt rein quantitative Ziele und manchmal auch qualitative Ziele. Manche vereinbaren Ziele, die, angelehnt an die Balanced Scorecard , mehrere Perspektiven betreffen wie bspw Finanz-, Kunden-, Mitarbeiter- und Serviceperspektive. Das sind nur die wesentlichsten Zielvarianten – der Phantasie ist hierbei wohl kaum eine Grenze gesetzt.
Das dicke Ende naht
Wenn die Ziele abgerechnet werden – vielerorts noch immer üblich im Rahmen von jährlichen Mitarbeitergesprächen – ist die Entscheidung über den Zielerreichungsgrad zunehmend die Quelle von Enttäuschung, Ärgernis und Zerwürfnis. Je mehr VUKA (volantil-unsicher-komplex-ambivalent) Welt umso schwieriger ist im jährlichen Rhythmus eine nachträgliche Einigkeit über den Zielerreichungsgrad zu erhalten, besonders dann, wenn der Zielerreichungsgrad vom Chef als „nicht erreicht“ beurteilt wird.
Wie entscheidet man nun, welche Form der Zielvereinbarungen zum Unternehmen passend ist?
Zielvereinbarungen müssen zum Geschäftsmodell und zur Unternehmenskultur passen. Der Trend geht zum vereinfachten, quartalsmäßigem Zielvereinbarungsprozess, der am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens orientiert ist. Für Zeiträume, in denen das Unternehmen Verluste erwirtschaftet, werden entgegen bisheriger Gepflogenheiten Prämienzahlungen oder variable Gehaltsbestandteile durch die bevorstehenden Coronainsolvenzen vermehrt ausgesetzt werden. Anzunehmen ist, dass danach variable Gehaltsbestandteile noch stärker am Unternehmenserfolg orientiert werden und Teamziele trendmäßig Vorrang gegenüber Einzelziele haben werden. Dadurch kann dem aktuellen Bedarf nach Vernetzung und Zusammenhalt aufgrund der immer komplexeren Themenstellung besser entsprochen werden. Einzelzielsetzungen belohnen zu sehr Einzelkämpfertum. Eine permanent herausragende Leistung des Einzelnen, bspw durch die Übernahme von Sonderaufgaben und Projekten, wird zukünftig wahrscheinlich nicht mehr im variablem Gehaltsbestandteil sondern eher in Einzelbelohnungen und Beneftis sowie einem höheren Grundgehalt seinen Niederschlag finden.
Outputorientierung und Performanceorientierung sind die aktuellen Kernkompetenzen in der agilen Arbeitswelt
Je eigenverantwortlicher und selbstorgansierter Mitarbeiter in Teams in agilen Frameworks agieren, umso zielgerichteter muss deren Orientierung sein. Nur so können sie im operativen Alltag, bei der Erledigung der anfallenden Arbeiten, die richtigen Prioritäten setzen und die notwendigen Entscheidungen treffen! Das bedarf klarer Rollen und Kompetenzregelungen, die nicht zu akribisch und akkurat ausformuliert werden dürfen. Freiraum, Gestaltungsmöglichkeiten und Entscheidungsspielraum sind hierfür die passenden Schrauben, an denen zu drehen ist. Eine traditionelle, variable Vergütung mit ihren jährlichen Zielvereinbarungen greift dafür sowieso zu kurz. Es bedarf, passend zum leistungsorientierten und vor allem auch lösungsorientierten Mindset, großzügige Home Office Regelungen und einen Rückbau von konzernüblichen Regelwerken.
Iter und Flux – 2 Zeitqualitäten
Womit wir im letzten Jahr intensiv konfrontiert wurden, war das Erleben zweier unterschiedlicher Zeitqualitäten, wie sie das systemisch-lösungsorientierte Denken seit jeher kennt: die Iter-Qualität steht für lineares Zeiterleben, dass Schritt für Schritt, eins nach dem anderen, auf das Ziel zuschreitend, erlebt wird. Während die Flux-Zeitqualität das Erleben ermöglicht, dass das Ziel ohne eigenes Zutun, von alleine, auf einen zukommt. Die Pandemie war für viele ein Flux-Erlebnis. Und die von uns so heiß ersehnten Iter-Ideen, die uns Schritt für Schritt in gut geübter und geplanter Weise aus der Krise bringen sollen, haben sich erwartungsgemäß aller nicht erfolgreicher Ansatz erwiesen. Wir gehen maximal zwei Schritte vor und oftmals davon wieder einen zurück. Und wir erleben dadurch ein stop and go oder vielleicht sogar mehr Rückschritte als Vorwärtsbewegung.
Das zermürbt und gipfelt in einer kollektiven Pandemiemaßnahmenmüdigkeit nie gekannten Ausmaßes. Selbst disziplinierte, lang bewährte Iter-Verhaltensqualitäten wie Ausdauer, Fokussierung, stepp by stepp, Stetigkeit, gleichbleibende Geschwindigkeit etc. bringen nicht die ersehnte Erlösung aus der Krise.
Flux-Kompetenzen beinhalten das Geheimins zum Erfolg
Für die Zielerreichung in der Flux-Zeitqualität sind ganz andere Kompetenzen gefragt. Nämlich Wachsamkeit, Agilität, Chancen der Stunde nutzen, verschlungene Pfade zur Zielereihung gehen, unorthodoxes Denken und Handeln, Schnelligkeit etc. Auf den Zielprozess bezogen bedeutet das: denken, handeln, reflektieren/denken, handeln, reflektieren etc. Und das in ganz kurzen Zeiträumen mit hohem Pragmatismus und der Fähigkeit, rasch loszulassen und sich immer wieder auf etwas Neues einstellen zu können. Selbstredend, dass das langjährig bewährte Bemühen um Dokumentationen und Prozesse zu aufwendig ist, um derartiges Vorgehen abzubilden.
Daher werden nur sehr rudimentäre, simple und überblicksmäßige Vorgaben mit raschen, regelmäßigen Retrospektiven, die die Effektivität erhellen, als echte Unterstützung erlebt werden. Folgt man diesen aktuellen Herausforderungen, dann führt das am Ende zur Erkenntnis, dass vielfach der bestehende Zielvereinbarungsprozess viel zu zeitraubend und aufwendig ist und radikal zu kürzen oder gar einzustellen ist. Er wird obsolet durch die ergebnisorientierte Selbststeuerung, die auf dem Vertrauen von wenigen Vorgaben und einem regelmäßigeren Austausch über Fortschritt und Fehlschläge basiert.
Ziele setzen in Zeiten von Iter und Flux | 2 Zeit-Qualitäten