Die meisten Jobs werden über das persönliche Netzwerk gefunden. V.a. wenn man in Richtung gehobene Positionen schielt. Daher ist Networking angesagt. Was aber, wenn dieses Networking aufgrund der Rahmenbedingungen virtuell stattfinden muss? Wie geht man am besten vor und/oder ist virtuelles Networking sogar im Vorteil gegenüber persönlichem, weil es direkter/zeitsparender/effizienter einsetzbar ist?
Diese Fragen stellte ich Outplacement-Beratern. Denn ihre Aufgabe ist es, ihre Klienten beim Finden des nächsten Karriereschrittes zu helfen. Üblicher Weise beinhaltet ihre Beratung „normales“ Networking, aktuell zusätzlich eben auf virtueller Ebene. Wie soll das funktionieren? Und wie soll es für Menschen funktionieren, die weder im Networking noch in der virtuellen Landschaft firm sind?
Experten-Interview
Virtuelle Netzwerke als essenzielle Job-Quelle: wie unterstützen Sie Ihre Kandidaten, virtuelle Netzwerke zu erlernen und zu beherrschen?
Oliver Heun-Lechner (Outplacement.house): Menschen die in virtuellen Netzwerken nicht sichtbar sind hinterlassen in Bewerbungsprozessen durchaus einen Eindruck. Letztlich aber keinen allzu guten! Genau hier setzen wir an und argumentieren die Notwendigkeit. Wir versuchen, unseren Klienten durch ausführliche Erklärungen die Voreingenommenheit oder ggf. die Angst vor LinkedIn & CO zu nehmen und erstellen bei Bedarf auch gemeinsam Profile. Der Umgang bzw. Nutzung verspricht nur dann Erfolg in der Jobsuche, wenn die real vorhanden Chancen auf eine neue Anstellung auch wirklich vom Kandidaten erkannt werden. Für uns bedeutet das Aufklärung, Erklärung und temporäre Begleitung hinsichtlich virtueller Aktivitäten.
Michaela Buttazzoni (BDO): Wir sind ja unter anderem sehr für unser Schulen und Vorleben für ein gelungenes Netzwerken bekannt – das gilt nicht nur für die persönlichen Kontaktpflege sondern auch für die virtuellen Netzwerke. Die Unterstützung für einen aussagekräftigen Auftritt in Xing, LinkedIn & Co ist schon lange selbstverständlicher Bestandteil unserer Beratung. Darüber hinaus geht es aber natürlich darum, auch virtuell wertvolle Kontakte herzustellen und zu pflegen. Dafür haben wir viele Tipps und Tricks bei der Hand. Aber noch wesentlicher ist, gemeinsam mit unseren Klienten eine optimale – zu dieser Person passende – Strategie zu erarbeiten. Aktuell besonders spannend: Wir stellen fest, dass viele Klienten durch die Einschränkungen der Pandemie mutiger im Umgang mit den sozialen Netzwerken geworden sind und sie profitieren sehr aus den daraus entstehenden neue Chancen.
Mag. Martina Chvalina-Kohlbach (2blickwinkel.at): Ein signifikanter Anteil an Erstgesprächen sowie Einstellungen erfolgt durch ein gutes persönliches und virtuelles Kontaktnetzwerk. Ein professioneller Social Media Auftritt ist darüber hinaus wichtig, um von Personalverantwortlichen und Recruitern wahrgenommen und für interessante Jobs angesprochen zu werden.
Seit vielen Jahren lautet einer unserer 6 Steps of Carreer Transition daher NETZWERKE. Wir erarbeiten hier mit unseren Kandidaten den persönlichen Auftritt in den berufsrelevanten Social Media wie LinkedIn und Xing, trainieren gezielt die effektive Kommunikation in diesen Medien und unterstützen das Bearbeiten der eigenen Netzwerke. Manchmal erstellen wir gemeinsam den ersten Social Media Auftritt, oftmals optimieren wir bereits bestehende Profile. Dabei machen wir aber auch bewusst, dass bei digitalem Wandel und virtuellem Arbeiten die stetige Weiterentwicklung der sozialen Kompetenzen nicht vergessen werden darf.
Mag. Peter Marsch (Jobsbutler): Wir begleiten und beraten alle Bewerber, wie sie virtuelle Netzwerke, vor allem Social Media Kontakte aufbauen können. Die wichtigste Botschaft dabei ist, dass hinter jedem „virtuellen Kontakt“ ein Mensch zu finden ist, zu dem eine Beziehung aufzubauen ist.
Erich Nepita (LHH/OTM Karriereberatung): Wir verfügen über ein digitales Kandidatennetzwerk: Es ist dies eine vertrauliche, geschlossene Xing Netzwerkgruppe mit ca. 500 Mitgliedern, bestehend aus aktiven Kandidaten & Alumni, aber auch aus allen internen und externen OTM Mitarbeitern. Dort wird gepostet und sich ausgetauscht. Regelmäßige Tipps gibt es wie z.B.: „Jobsuche während Corona“ oder „während der Weihnachtszeit“.
Unsere Social Media Trainerin, schult jeden unserer Kandidaten auf LinkedIn & Xing, das erfolgt sowohl per Videocall, als auch persönlich. Das Ziel dieser Trainings ist, die Jobprofile so zu optimieren um gefunden zu werden, aber auch die Plattformen zum Netzwerken optimal zu nutzen. Ergänzend dazu gibt es auch Webinare in verschiedenen Sprachen.
Ein weltweit erprobtes Tool ist unser Job Search Work Team, wo sich 8 Jobsuchende alle 2 Wochen unter Anleitung unseres Senior Executive Beraters, Dr. Peter Holzmüller für 2 Stunden (derzeit virtuell) treffen.
Networking ohne virtuell: Funktioniert es auch ohne virtuelle Netzwerke?
Das virtuelle Netzwerken liegt nicht jedem. Manche Kandidaten lehnen es regelrecht ab. Kann man ohne das Netzwerken überhaupt noch erfolgreich einen Job finden?
Barbara Schopper (HR Consulting | Karriereberatung | Outplacement): Die Jobsuche funktioniert ohne virtuelle Netzwerke dann gut, wenn Kandidaten in ihrem Beruf ein Alleinstellungsmerkmal haben und ihre fachlichen Kompetenzen sehr gefragt sind.
Nicht jeder braucht virtuelle Netzwerke zum Finden eines neuen Jobs. Doch selbst jene Menschen, die sich beruflich „auf der sicheren Seite“ sehen, sollten bedenken, dass sich Arbeitsmarkt, Rollen und Berufsbilder rasant verändern und weiterentwickeln. Die Erfahrungen und Kompetenzen, die heute zählen, können in ein paar Jahren bereits überholt sein. Daher empfiehlt sich das virtuelle Netzwerken und die Kontaktpflege auch für jene, die es nicht interessiert und die es scheinbar gar nicht „brauchen“.
Mag. Konrad Fankhauser (die Berater): Ja, grundsätzlich funktioniert Networking auch weiterhin, natürlich mit geringerer Reichweite. Das persönliche Netzwerken im privaten wie im beruflichen Umfeld bleibt weiterhin eine sehr wichtige Säule im Zusammenspiel der diversen Bewerbungsaktivitäten. Gerade im Kontext der Jobsuche sind die persönlichen Kanäle und Ansprachen nicht zu unterschätzen. Sie können hilfreich sein beim Aufspüren von Jobmöglichkeiten, freien Stellen und Empfehlungen, die im veröffentlichten Stellenmarkt gar nicht aufscheinen. Freilich – die Reichweite ist zwangsläufig natürlich viel geringer als im virtuellen Raum. Beim undifferenzierten Drauflosposten sind allerdings Enttäuschungen und Frustration vorprogrammiert. Davon ist abzuraten. Erst wenn ich die technischen Mittel und Möglichkeiten von Facebook, LinkedIn und Co kenne und einzusetzen weiß, kann ich die Klaviatur der Social Media bespielen und optimal für meine Zwecke bei der Jobsuche einsetzen.
Die Gesprächspartner
Michaela Buttazzoni BDO Consulting GmbH Mag. Konrad Fankhauser die Berater® Unternehmsberatungs GmbH Mag. Martina Chvalina-Kohlbach Chvalina & Kolbesen – 2blickwinkel.at Erich Nepita LHH/OTM Karriereberatung GmbH Oliver Heun-Lechner Outplacement.house Mag. Peter Marsch jobsbutler GmbH Mag. Barbara Schopper HR Consulting | Karriereberatung | Outplacement |