HR-Software ist das Erste, das verlässlich funktionieren muss, wenn New Work, Home-Office-Lösungen, etc. verstärkt und langfristig Teil des Arbeitslebens werden sollen. Was heißt das nun ganz konkret: welche Anforderungen muss eine HR-Software erfüllen können?
Fragen kann ich stellen, doch die Beantwortung einer HR-Software-Frage überlasse ich lieber Anderen. In meiner Experten-Runde befinden sich heute unterschiedliche Insider von Software-Anbietern.
Experten-Interview
Was muss eine gute HR-Software können, um das vielgepriesene New Work unterstützen zu können?
Mag. Dr. Gerlinde Macho, CMC CSE (MP2 IT-Solutions): Wie wir arbeiten, wie wir leben und miteinander kommunizieren wird sich weiterhin grundlegend verändern. Wir spüren den Wandel gerade jetzt in der Pandemie, die für einen kräftigen Digitalisierungsschub sorgt.
Eine gute HR-Software muss praxisgerecht sein – das heißt, es müssen die Anforderungen des gesamten Unternehmens mit allen Anwendern wie Führungskräfte, Abteilungen und dem gesamten Team gleichermaßen berücksichtigt werden. Die Software muss Abläufe verbessern, Medienbrüche vermeiden und optimal in die bestehende Prozesslandschaft integrierbar sein. Zudem ist das System ein wichtiger Aspekt für die Digital Employee Experience und muss intuitiv sowie anwendungsfreundlich sein. Das führt nicht nur zur optimalen Nutzung, sondern auch zu hoher Akzeptanz – gerade dort, wo Digitalkompetenz noch wenig ausgeprägt ist. Schließlich ist Informationssicherheit ein wesentlicher Faktor.
Florian Walzer (rexx systems): In erster Linie geht es bei New Work ja darum, Arbeitsplätze modern und attraktiv zu gestalten. Daher muss eine gute HR Software die aktuellen Anforderungen abbilden: Homeoffice-Regelung, mobiles Arbeiten, neue Kommunikationslösungen und flexiblen Bürokonzepte.
Patrick Attanasio (Infoniqa): Eine gute Personalsoftware muss vor allem eines: sich möglichst flexibel und passgenau auf die Anforderungen des jeweiligen Unternehmens zuschneiden lassen. New Work bedeutet in verschiedenen Branchen ganz verschiedene Maßnahmen, und diesen Unterschieden muss die HR-Software Rechnung tragen können.
Außerdem muss sie …:
- eine möglichst nahtlose Zusammenarbeit über Fachbereiche hinweg sicherstellen.
- die Einbindung von Mitarbeitern und Managern ermöglichen („Teilhabe“).
- einen orts- und zeitunabhängigen Online-Zugriff bieten, um sich von physischer Präsenz unabhängig zu machen, sprich: mobiles Arbeiten sowie App-Lösungen fördern und unterstützen.
- Mehrsprachigkeit unterstützen: wenn Ländergrenzen immer stärker in den Hintergrund treten, sollte die HR-Software dies maximal unterstützen.
- flexibel zusammensetzbare Funktionsbereiche besitzen, damit man den Funktionsumfang jederzeit verringern oder erweitern kann, wenn sich die Anforderungen oder HR-Felder ändern.
- für eine starke Automatisierbarkeit von Standardprozessen und Workflows sorgen, um maximal zu entlasten.
- intuitiv bedienbar sein, damit die Software „nebenher“ läuft und man sich voll auf die HR-Trends und Strategien konzentrieren kann.
- eine offene Systemarchitektur auf der Basis von Standard-Schnittstellen besitzen, die einen reibungslosen Datenaustausch mit Drittsystemen und eine optimale Kommunikation zwischen den verschiedenen Programmen der verschiedenen Abteilungen sicherstellt.
Mag. Gregor Gutzelnig (Workflow EDV):
- Muss alle Personen aus dem Unternehmen einbinden vom Mitarbeiter bis zum CEO
- Muss mobil und aus dem Home-Office verfügbar / verwendbar sein
- Muss die Team-Koordination unterstützen und transparent machen, wer gerade von wo arbeitet
- Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen abbilden, auch wenn das Team verteilt arbeitet (Höchstarbeitszeit, Ruhezeiten, etc.)
- Personalakte digital abbilden und zB auch dem Mitarbeiter im Self-Service zur Verfügung stellen
Franz Hornbacher (ISGUS): Für uns, als Workforce Management Experten, steht Flexibilität an oberster Stelle. Alle möglichen Varianten von HO-Vereinbarungen mit den Mitarbeitern müssen möglich sein. Die Erfassung der Arbeitszeit, da wo sie geschieht, unterwegs oder im Homeoffice muss über Internet und Smartphone schnell und einfach erfolgen. Der Mitarbeiter selbst muss mit digitalen Möglichkeiten der Information und Interaktion eingebunden werden können und die Vorgesetzten Ihrerseits müssen jederzeit die Übersicht haben wer gerade wo erreichbar ist und an welchen Projekten die Teams und Mitarbeiter gerade arbeiten.
Reza Madjidi (kiwiHR):
- Immer und überall Zugriff erlauben: Eine HR-Software muss sowohl im Büro als auch im Home Office per Computer als auch per App Zugriff auf alle relevanten Daten bieten.
- Sensible Daten schützen: Gerade im Home Office verschwimmen die Grenzen zwischen privaten und geschäftlichen Daten, vor allem, falls es im Unternehmen eine Bring Your Own Device Richtlinie gibt.
- Flexibilität: Unterschiedliche Arbeitszeitmodelle werden bereits in vielen Unternehmen gelebt, sollten aber auch individuell in der HR-Software abgebildet werden können.
- Fokus: Eine HR-Software soll vor allem manuelle Aufgaben abnehmen und damit mehr Zeit und Raum für strategische Themen wie Analysen & Auswertungen von Personaldaten, den Ausbau der Unternehmenskultur trotz Remote Work oder Personalentwicklung geben.
- Neue Prozesse unterstützen: Der Großteil der Unternehmen muss seine neuen Mitarbeiter aktuell per Remote Onboarding einlernen. Allerdings haben laut einer Studie von Haufe nur 23% der Unternehmen die Tools dafür. Unter den aktuellen Umständen ist es umso wichtiger, dass der Prozess reibungslos klappt, damit der neue Kollege einen Bezug zum Unternehmen aufbauen.
- Schnittstellen zu collaboration-tools: Die Zeiterfassung erfolgt in einem Tool, der Urlaubsantrag in einem anderen – durch eine Integration mit Collaboration-Tools wie Slack können HR-Prozesse sowohl für die HR-Abteilung als auch für die Mitarbeitenden effizienter gestaltet werden.
- Feedback einholen: Idealerweise gibt es die Möglichkeit, in regelmäßigen Abständen Feedback der Mitarbeiter zum Workload und generellen Themen einzuholen.
DI DI Dr. Michael Maurer (eSquirrel): Eine gute Software bietet immer einen Mehrwert zu einer bestehenden Strategie. In den Bereichen Onboarding und firmeninterner Weiterbildung fehlt beispielsweise oft der Überblick darüber, ob Mitarbeitende alle Inhalte verstanden oder überhaupt gelesen haben. Mit einer entsprechenden Software können diese Prozesse überblickt werden, ohne viel Zeit zu kosten. Eine gute Software erleichtert somit das Leben von Personalleitern und ist in der Handhabung leicht verständlich und intuitiv.
Sandor Andorko, BSc (P&I): Eine gute HR-Software muss heutzutage verschiedene Kriterien erfüllen, um vom Anwender akzeptiert und genutzt zu werden. Neben der intuitiven Bedienbarkeit, gehört dazu auch der reibungslose Ablauf. Daten müssen zu jeder Zeit und von jedem Ort geräteunabhängig abrufbar sein. Mobilität, Vernetzung und Einfachheit sind die entscheidenden Merkmale, die über den Erfolg oder Misserfolg einer HR-Software entscheiden. Erst wenn die Software so funktioniert, dass sie mir Arbeit abnimmt und Standardprozesse wie beispielsweise die monatliche Lohn- und Gehaltsabrechnung vereinfacht, werde ich sie gerne und häufig nutzen – Automatisierung und Standardisierung sind hier die Schlagworte. Dazu zählt auch die medienbruchfreie Vernetzung der unterschiedlichen Module innerhalb der Software, die einen Zugriff auf die Daten in Echtzeit erlaubt. Das Wechseln zwischen verschiedenen Fenstern und Anwendungen gehört der Vergangenheit an. Der moderne Personaler setzt auf umfassende digitale Lösungen, die alle benötigten Komponenten aus einer Hand liefern und mit der er sämtliche seiner HR-Aufgaben einfach und schnell erledigen kann. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Schutz personenbezogener Daten und so sollte eine HR-Software natürlich stets DSGVO-konform sein. New Work ist nicht mehr nur eine Zukunftsvision, sondern bereits unsere Arbeitsrealität. All die genannten Punkte sind bei der Nutzung einer HR-Software inzwischen selbstverständlich und werden vom Anwender auch grundlegend erwartet. Der Trend geht sogar schon einen Schritt weiter und schaut man auf die aktuellen Entwicklungen, so wird man feststellen, dass algorithmenbasierte, intelligente Produkte zunehmend in den Fokus rücken. Künstliche Intelligenz wird künftig ein maßgeblicher Bestandteil von HR-Software sein, ressourcenintensive Prozesse weiter optimieren und dem strategischen HR-Management dadurch völlig neue Türen öffnen.
Die Gesprächspartner
Patrick Attanasio Infoniqa Florian Walzer rexx systems GmbH Sandor Andorko, BSc P&I Personal & Informatik GmbH DI DI Dr. Michael Maurer eSquirrel GmbH Mag. Dr. Gerlinde Macho, CMC CSE MP2 IT-Solutions GmbH Mag. Gregor Gutzelnig Workflow EDV GmbH Franz Hornbacher ISGUS GmbH |