Motivation, Zufriedenheit und Engagement am Arbeitsplatz hängen entscheidend von den Beziehungen zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden ab. Eine wesentliche Dimension ist dabei die erlebte Fairness, wenn es um Gehaltsfragen geht.
Fragen
- Was ist Ihre Einschätzung, wenn es um die Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit dem Thema Gehalt geht?
- Mit anderen Worten: Von allen Themen sind die Mitarbeitende in der Regel mit dem Gehalt am unzufriedensten?
- Wie sollten Führungskräfte diese Ergebnisse einordnen?
- Wenn man diese Ergebnisse aus anderen Unternehmen kennt, wirken die eigenen Werte meist gar nicht mehr so schlecht. Wie sieht es in der anderen Richtung, im Vergleich zu den besten Arbeitgebern aus?
- Was können Unternehmen Ihrer Erfahrung nach tun, um ihre Zufriedenheitswerte beim Thema Gehalt zu steigern?
- Wenn ein Gehalt als fair empfunden werden soll, geht es also offensichtlich nicht nur um seine Höhe. Worum geht es sonst?
- Interview-Partner
Diesen wahrgenommenen Fairnessgrad misst Great Place to Work® seit vielen Jahren und gelangt zu einem klaren Ergebnis: Von allen untersuchten Faktoren ist die Zufriedenheit mit dem Gehalt in den meisten Unternehmen am niedrigsten.
Dieser wahrgenommene Fairnessgrad wird seit vielen Jahren von Great Place to Work® gemessen – heute ist Christian Trübenbach im Interview. Er gelangt zu einem klaren Ergebnis: Von allen untersuchten Faktoren ist die Zufriedenheit mit dem Gehalt in den meisten Unternehmen am niedrigsten.
Das Interview
Los geht’s:
Was ist Ihre Einschätzung, wenn es um die Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit dem Thema Gehalt geht?
Wir zertifizieren Unternehmen im Hinblick auf vertrauensvolle und begeisternde Arbeitsplatzkultur. Uns geht es darum, Orte zu identifizieren und auszuzeichnen, an denen Arbeit besonders viel Freude und Sinn macht. Unsere Standards orientieren sich an den Beziehungen zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden.
Ein wesentliches Kriterium ist die Fairness und hier ganz speziell die Ausgewogenheit von Gehalt und Erfolgsbeteiligung. Die subjektiv gefühlte monetäre Vergütung liegt in unserer Benchmark im Vergleich zu den anderen D Mitarbeiterzufriedenheit auf dem niedrigsten Zufriedenheitsniveau.
Mit anderen Worten: Von allen Themen sind die Mitarbeitende in der Regel mit dem Gehalt am unzufriedensten?
Ganz richtig. Bei der Präsentation der Ergebnisse unserer Mitarbeiterbefragung vor dem Management löst dies in den Befragungen entweder Unglauben oder Kopfschütteln aus. Der Tenor lautet häufig: „Wir zahlen schon so viel, und die Leute sind immer noch unzufrieden?“
Wie sollten Führungskräfte diese Ergebnisse einordnen?
Wir empfehlen den Managern, einen Blick über den Tellerrand zu werfen, um einen Eindruck davon zu gewinnen, wie sich diese Werte in anderen Unternehmen verhalten: In österreichischen Unternehmen, die aufgrund zu geringer Werte bei der Mitarbeiterzufriedenheit keine Zertifizierung erhalten haben, wurden folgende Informationen erhoben:
- „Ich denke, ich werde angemessen am Erfolg des Unternehmens beteiligt“ erhält in dieser unteren Gruppe nur durchschnittlich 34 % Zustimmung.
- Die Aussage „Die Mitarbeitenden werden hier für die geleistete Arbeit angemessen bezahlt“, erhält ebenfalls im Schnitt nur schwache 49 % Zustimmung.
Wenn man diese Ergebnisse aus anderen Unternehmen kennt, wirken die eigenen Werte meist gar nicht mehr so schlecht. Wie sieht es in der anderen Richtung, im Vergleich zu den besten Arbeitgebern aus?
Wir empfehlen immer auch, die eigenen Werte mit den Niveaus der Top 5 der Österreichs Besten Arbeitgeber 2021 zu vergleichen. Hier sind 75 % Zustimmung beim Gehalt und sogar 79 % bei der Erfolgsbeteiligung zu verzeichnen. Das Top Unternehmen hat bei diesen Fragen sogar 88 % bzw. 83 % Zustimmung. Sie können also erkennen, wie groß das Potential in vielen Firmen ist, die Zufriedenheit mit dem Thema Gehalt im Unternehmen zu steigern.
Was können Unternehmen Ihrer Erfahrung nach tun, um ihre Zufriedenheitswerte beim Thema Gehalt zu steigern?
Führungskräfte können durch ihr tägliches Miteinander mit ihren Mitarbeitenden für eine Verbesserung des wahrgenommen Fairnessgrades sorgen, und zwar ohne gleich die nächste Gehaltserhöhung zu versprechen. Vielmehr geht es um das Auseinandersetzen mit den Mitarbeitenden, etwa indem die Führungskräfte aufrichtiges Interesse an der Person zeigen und diese nicht nur als Arbeitskraft sehen. In vielen Fällen genügt es, einfach mal zu fragen, wie das Wochenende war.
Die Manager sollten auch darauf achten, dass jeder seine Fähigkeiten optimal einbringen kann. Es geht also darum, die Dinge zu tun, an denen die Mitarbeitende möglichst viel Spaß haben und für die sie eine besondere Begabung mitbringen. Dies sind übrigens auch statistisch nachweislich die wichtigsten Treiber für die Zufriedenheit und für den wahrgenommen Fairnessgrad.
Wenn ein Gehalt als fair empfunden werden soll, geht es also offensichtlich nicht nur um seine Höhe. Worum geht es sonst?
Unternehmen mit einer weiter entwickelten Unternehmenskultur haben sich vom überholten Mindset verabschiedet: „Ich gebe dir Geld und dafür bekomme ich auch (gefälligst) eine Leistung von dir“. Vielmehr nimmt ein erfolgreiches Unternehmen die Mitarbeitenden mit auf eine gemeinsame Reise und bietet eine umfassende Employee Experience.
Was bedeutet das konkret: Es gibt transparente Karrierewege, bei denen allen klar ist, was man tun kann, um sich im Unternehmen zu entwickeln. Es existiert ein ernsthaft betriebenes Talent Management. Es gibt Gehaltsbandbreiten mit externen Benchmarks, und es ist allen Mitarbeitenden klar, warum er oder sie auf einer bestimmten Position einer marktgerechten Gehaltsbandbreite zugeteilt ist. Erfolgsprämien werden im Falle eines positiven Jahresergebnisses an alle Mitarbeitenden zu gleichen Teilen ausgeschüttet.
Erlebte Fairness, auch in Gehaltsfragen, wirkt wie ein Turbo auf die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und damit auf die Performance des Unternehmens.
Interview-Partner
Christian Trübenbach ist Senior Culture Coach bei Great Place to Work®, ctruebenbach@greatplacetowork.at