Mit dem Entschluss, für HRweb gendergerechte Sprache umzusetzen, gehe ich auf einen Streifzug durch Lösungen andere Online-Medien, führe viele intensive Gespräche, stolpere über Neo-Pronomen und ziehe meine Schlüsse. Begleiten Sie mich!
Ich mache mich auf den Weg, um die für UNS richtige Lösung zu finden. Denn die EINE generell richtige Lösung für gendergerechte Sprache gibt es nicht. Einerseits schade, doch andererseits gibt es uns die unendlich vielfältige Möglichkeit, die für uns passende Version zu finden.
Erfahrungen jener, die sich bereits Gedanken machten
- Ich spreche mit Bettina Geuenich (Chefredakteurin personalmanager): sie haben sich bewusst für eine Mischform entschieden: zB „Teilnehmer und Teilnehmerinnen“ zu Beginn eines Beitrags und der personalmanager verwendet im weiteren Text mal die weibliche, mal die männliche Form an. Diese Praxis wird auch in Zeit-Online seit 2018 umgesetzt und auch Herwig Kummer macht es genau so in seinem Personaleum.
- Mit Marion Roßhap (FH des BFI Wien) kam ich bei der PoP ins Gespräch. Sie hat sich intensiv mit dem Gendern auseinandergesetzt und wir plauderten über *, über _, über :, über Vor- und Nachteile von xxxInnen, pipapo. Und darüber, dass Inhalt wichtig bleiben muss!
- Christoph Wirl (Magazin Training) hat eine völlig schräge Lösung: das generische Neutrum. In Kurz: es gibt kein weiblich, kein männlich, sondern alles ist sächlich, also neutral. Basta. Problem gelöst. Klingt völlig schräg. Gerade deshalb find ich es irgendwie richtig gut. Doch immer noch schräg.
Gendergerechte Sprache angewendet in den Medien
Wenn ich einen Blick in Zeitungen (oder deren Online-Version) werfe um zu erfahren, wie quer-durch-die-Bank richtig gegendert wird, so sehe ich jede mögliche Spielart:
[Anmerkung: Ich habe nicht jeden Artikel bis ins kleinste Detail gelesen. Es ist ein Versuch, die geläufigste Verwendung der Sprache in diesen Medien zu erfassen, sollte ich zufällig die falschen/unrepräsentative Beiträge erwischt haben: sorry. Tw hatte ich auch das Gefühl, dass die gender-Verwendung abhängig ist vom jeweiligen Autor.]
- derStandard, die Wiener Zeitung, die Kronenzeitung und OE24 verwenden mit großer Selbstverständlichkeit die traditionelle männliche Version,
- der Kurier und die Presse verwenden viele Ausdrücke wie Mitarbeitende, Joggende, xy Personen, etc, tappen jedoch auch siegessicher immer wieder in die traditionell-männliche Version.
- Bei der Wienerin und bei Woman habe ich lange gesucht, um etwas zu finden, das nicht dezidiert Frauen meint – doch dann werde ich fündig: Woman verwendet xxxInnen und die Wienerin das * („Marktstandler*innen und Marktgeher*innen“). Der Wiener hingegen bleibt seiner traditionell-männlichen Schreibweise treu.
- Die Kleine Zeitung schreibt mannchmal männlich und weiblich (Österreicher und Österreicherinnen), fällt jedoch in den allermeisten Fällen ebenfalls auf die traditionell-männliche Version zurück.
Verstehen Sie meinen Zwiespalt? Ich weiß, dass gendergerechte Schreibweise gerade in der HR-Branche große Wichtigkeit hat. Doch der Lesefluss ist nun mal wichtig – große Zeitschriften gehen den selben Weg: Lesefluss vor gendergerechter Sprache. Wie also soll es auf HRweb künftig umgesetzt werden?
Gendergerechte Sprache auf HR-Plattformen
In Österreich gibt es ja nicht soooo viele HR-Plattformen, eher schon Blogs. Ein schneller Streifzug:
- karrieregefluester.com: konsequentes xxxInnen
- personaleum.at wechselt zwischen weiblicher und männlicher Version, sodass beides 50:50 erscheint.
- newworkstories.com bevorzugt *, teilweise auch xxxInnen, genauso wie die traditionell-männliche Version.
- weiterbildungsmarkt.net: verwendet die traditionell-männliche Schreibweise
- personalberaterseitenblicke.at: sehr konsequent wird : verwendet, manchmal rutscht ein xxxInnen hinein.
- saatkorn.com: hier ist alles zu finden von * und : über xxxInnen bis hin zur traditionell-männlichen Schreibweise
- karrierebibel.de: traditionell-männlich
- wollmilchsau.de: konsequent :
- humanresourcesmanager.de verwendet duchgehend männlich + weiblich („Mentorinnen beziehungsweise Mentoren“)
[Die Blogs hier sind bewusst nicht verlinkt, um aus SEO-Gründen keine Linkfarmen zu erzeugen.]
Neo-Pronomen
Bei meiner Recherche stoße ich auch auf Neo-Pronomen. Klingt ja spannend, was hat es damit auf sich?
- Geschlechtsneutrale Pronomen: in bedeutungsonline.de erfahre ich „Damit auch diese [non-binäre] Menschen in der deutschen Sprache berücksichtigt und nicht ausgeschlossen werden, wurden geschlechtsneutrale Pronomen entwickelt – beispielsweise xier, xie, nin, sier, sif, es, per oder dey. Es sind Fürwörter, die Nomen ersetzen.“
- Bei geschlechtsneutralesdeutsch.com vertreten 2 nicht-binäre Personen die Position: „Statt “er” oder “sie” kann “hen” nach dem NoNa-System als geschlechtsneutrale Pronomen-Alternative verwendet werden.“ Beschwichtigend möchte ich ergänzen, dass das nicht nur in den Köpfen von 2 nicht-binären Menschen entstand, die ihre Privatidee promoten, sondern hen kommt aus Schweden, wo genau das stattfand: aus hon (sie) und han (er) wurde ein „hen“ kreiert. Die beiden nehmen aber nicht nur „hen“, sondern auch Kreationen wie „dais“, „einter“, etc. Als treffendes Anwendungsbeispiel nennen sie „Diesai/jenai Kolleg*in ist schon lange mit Robin befreundet“. Grmpf.
- Auf www.annaheger.de stoße ich auf geschlechtsspezifisch empfundene Wörter, die für mich garantiert geschlechtsneutral sind. Wie „niemand“ beispielsweise. Dort wird vorgeschlagen, nienichtnie „Niemand kann das vorhersehen“ zu verwenden. Viel besser sei „Niewer kann das vorhersehen“ oder alternativ auch „Keins kann das vorhersehen“.
Sorry, das ist mir zu schwurbelig oder bin ich nur zu alt?
Wir sind in der glücklichen Lage, mit HRweb für Fachinhalte zu stehen. Für den fachlichen Blick auf HR-Themen. Nicht Gender-Themen. Wenn es mein Ziel ist, gendergerechte Sprache zu verwenden, aber es so schlank und lesbar wie möglich zu gestalten, dann weiß ich mit absoluter Treffsicherheit, dass ein „Diesai/jenai Kolleg*in …“ nicht unsere Lösung sein kann.
Unser Schluss daraus
Ergo: wie auch immer wir es machen, es ist auf jeden Fall richtig. Wir können uns frischfröhlich unseren eigenen Weg suchen.
Letztendlich sieht unsere Lösung für gendergerechte Sprache wie folgt aus: am Beginn eines Beitrags werden männliche & weibliche Version geschrieben, danach im Wechsel: mal die eine, mal die andere.
Anm.d.Redaktion über diese Sichtweisen: breits 2019 schrieb Karin Schreiner über „Balance for Better | Warum Gender Mainstreaming in Unternehmen in eine bessere Zukunft führt“ – lesen Sie rein!