Die Pandemie hat nach 2 Jahren ihre Spuren hinterlassen mit deutlichen Auswirkungen auf Mitarbeitermotivation, intrinsische Motivation und extrinsische Motivation: Der Schock der Lock-Downs, die Angst vor dem unberechenbaren Virus, die Sorge, wie es weitergeht und ob es jemals wieder wird wie früher? Die Sehnsucht nach sogenannter Normalität, das heißt nach Vertrautem, Gewohntem, Sicherem besteht.
Autorin: Karin Schreiner (Intercultural Know How)
Wenn ein „Zurück zum Anfang“ einfach nicht drin ist
Aber Veränderung hat stattgefunden – in den Unternehmen und bei den Mitarbeitenden. Es wird nicht möglich sein, wieder dort anzuknüpfen, wo man aufgehört hat. Die Zeit dazwischen hat Gewohnheiten verändert und existenzielle Fragen aufgeworfen.
- Der Rückzug ins Private durch Homeoffice zwang viele Menschen dazu, ihre Routine zu verändern und sich mit Aspekten des Alltags- und Familienlebens auseinanderzusetzen, die davor leicht ignoriert werden konnten oder denen man sich nun mit Freude widmet und gern mehr Zeit dafür hätte.
- Überlastung und kaum Rückzugsmöglichkeiten zu Hause angesichts der ständigen Präsenz von Kindern und Partnern.
- Überlastung im virtuellen Office angesichts endloser Videomeetings, nicht zufriedenstellender Kommunikation im Team und Mangel an informellem Austausch mit Kollegen oder mit der Chefin.
- Bei vielen ist die Mitarbeitermotivation im Keller und führt bei einigen zu ernsthaften Fragen, wie man leben will, aber auch nach der Sinnhaftigkeit des Jobs: „Stehe ich noch hinter meinem Job? Stimmt der Purpose noch? Finde ich dabei die Erfüllung, die mir vorgeschwebt hatte, als ich begann, und die ich immer noch anstrebe? Oder haben sich meine Werte geändert? Was brauche ich, um wieder in meinem Job motiviert zu sein?“
Extrinsische Motivation kann die intrinsische pushen
Die Frage nach der intrinsischen Motivation von erschöpften oder frustrierten, auf jeden Fall Sinn-suchenden Mitarbeitenden sollte von Seiten der Unternehmen ernst genommen werden. Denn wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, im Unternehmen das zu bekommen, was sie wirklich brauchen, um in ihrem Job zufrieden zu sein, steigt ihre intrinsische Motivation steil an.
Die momentane Situation des Umbruchs wäre somit eine große Chance für Unternehmen, die extrinsische Motivation zu erhöhen und Veränderungen zu implementieren mit dem Ziel, die Bedürfnisse der Mitarbeitenden zu erfüllen.
Der Weg zur Loyalität
Wie aber gelingt ein Übergang von demotivierten, Sinn suchenden Mitarbeitenden zu engagierten und sich ans Unternehmen gebunden fühlenden und loyalen Mitarbeitenden, die darüber hinaus eine hohe Mitarbeitermotivation empfinden?
Einblick in Studien-Ergebnisse
Ein Schlüssel liegt in der Führung. Laut der McKinsey Studien vom April 2021 (Help your employees find purpose or watch them leave) und Dezember 2021 (Married to the job no more: Craving flexibility, parents are quitting to get it), in denen versucht wurde herauszufinden, weshalb Mitarbeitende tendenziell gerade jetzt kündigen, konnten vor allem 3 Aspekte festgemacht werden:
- Mangelnde Wertschätzung von Seiten der Führungskraft,
- kein oder geringes Gefühl der Zugehörigkeit zum Unternehmen,
- keine zufriedenstellende Work-Life-Balance.
Wobei man in der letztgenannten Studie, die auf die Bedürfnisse von jungen Eltern fokussiert, ein besonders hohes Bedürfnis nach Flexibilität feststellte. Verstärkt eingeforderte Kinderbetreuungspflichten und Betreuung von älteren oder kranken Eltern oder anderen Familienmitgliedern im Zuge der Pandemie gepaart mit dem Wunsch nach eigenem Wohlbefinden und dem Anspruch auf ein gesundes Leben führen zum Wunsch nach flexibler Arbeitszeit und -ort.
Die Generation Y steht nun voll im Arbeitsprozess. Damit ist eine Generation am Ruder, die tendenziell genau weiß, was sie will. Sie will auf keinen Fall ins Burnout fallen wie ihre Eltern. Keinesfalls möchte sie unter Doppel- und Dreifachbelastung stöhnen wie viele ihrer Mütter oder in Patchwork Familien leben, wie es viele ihrer Freunde oder sie selbst erlebt hatten. Sie will in ihren Bedürfnissen anerkannt werden. Es kommt nicht in Frage dafür bestraft werden, eine Familie gründen oder ein ausgewogenes und gesundes, aber auch nachhaltiges (im Rahmen der Klima-Ziele) Leben führen zu wollen. Diesen Grundbedürfnissen sollten, nach den Ergebnissen dieser Studien, Unternehmen unbedingt nachkommen.
Schlüsse daraus, um die intrinsiche Motivation zu stärken
Gerade für Diversity Management ergäben sich daraus interessante Veränderungen vor allem in Hinsicht auf Genderrollen. Im Rahmen der öffentlichen Anerkennung von Familienbetreuung würden Väterkarenz und flexible Arbeitszeiten auch für Väter normal sein.
Ein weiterer Punkt, der in diesen beiden Studien auffiel war, dass sich Menschen mit anderer Hautfarbe, mit Migrationshintergrund oder multi-ethnischen Hintergrunds noch weniger wertgeschätzt oder ans Unternehmen gebunden fühlen. Diese Gruppen außen vor zu lassen, wäre ein großer Verlust für ein Unternehmen. Nicht nur gingen wertvolle Arbeitskräfte verloren, auch die kulturelle Diversität im Unternehmen würde verschwinden. Dieser Aspekt macht heute immer mehr die Attraktivität eines Unternehmens aus – vor allem für die Generationen Y und Z.
4 Konsequenzen für die Unternehmen, um die extrinsische Motivation zu stärken
Was also sollen Unternehmen tun, um Faktoren der extrinsische Motivation zu steigern, um Mitarbeitende, die gedanklich oder faktisch am Absprung sind, wieder hereinzuholen – und deren Mitarbeitermotivation zu steigern?
Äußere Faktoren um die extrinsische Motivation fördern, wären folgende:
1. Arbeit an der Unternehmenskultur
Welche Unternehmenskultur Mitarbeitende wollen oder brauchen, wissen am besten die Mitarbeitenden selbst. Ein erstes Ziel wäre es, die Mitarbeitenden in die Gestaltung einer neuen Unternehmenskultur miteinzubeziehen. Dies in Form eines Kick-off Events und darauffolgenden mehrmonatigen Entwicklungsprozesses, bei dem alle Ebenen im Unternehmen miteinbezogen werden sollten. Das Resultat wäre ein inter-generationales, inter-ethnisches und über die sozialen Genderrollen hinaus gefasstes Statement als Spiegel der Belegschaft.
2. Arbeit an den Führungskräften
Nicht alle Führungskräfte sind gute Führungskräfte. Einige sind begabt und begnadet für diesen Job. Andere gar nicht – sie sollte man besser anderswo einsetzen. Wieder andere sind sehr lernfähig und können sich zu hervorragenden Führungskräften entwickeln. Dazu bedarf es Schulungsprogramme: Diversity Management, interkulturelles Management, Management von Gruppenprozessen, Team-Entwicklung, Umgang mit multikulturellen Teams, Konfliktlösungsstrategien und Umgang mit Vorurteilen. Um nur einige Möglichkeiten zu nennen.
3. Arbeit am Diversity Management
Fokus auf neuen Gruppen und deren Mitarbeitermotivation:
- Junge Eltern mit Schwerpunkt auf Work-Life Balance, die nicht bestraft werden möchten, weil sie eine Familie gründen. Gerade diese Gruppe ist von intrinsischer Motivation geleitet und erwartet Unterstützung vom Unternehmen.
- Ältere (55+, 60+) möchten aufgrund ihrer wertvollen Erfahrungen nicht in die Altersarbeitslosigkeit oder Pension abgeschoben werden, sondern wertgeschätzt. Wie jüngere Mitarbeitende wünschen auch sie sich flexible Arbeitszeiten und -orte. Auch generationenübergreifende Tätigkeiten wären im Sinne von Generationenmanagement wünschenswert und würden darüber hinaus zu einer besseren Kommunikation zwischen den Altergruppen beitragen.
- Mitarbeitende multi-ethnischer Herkunft, die durch ihre komplexe kulturelle Identität und Herkunftsgeschichte, aber auch Expertise wertvolle neue und innovative Sichtweisen einbringen, die für das Unternehmen einen hohen Benefit haben können. Hohe kulturelle Diversität im Unternehmen wirkt sich insgesamt positiv auf die Stimmung am Arbeitsplatz aus.
4. Arbeit an der Kommunikationskultur
Kommunikation ist der Schlüssel, um das Gefühl des Gehört-Werdens, Sichtbar-Seins und Sich-wertschätzt-Fühlens entstehen zu lassen. Allen voran eine nicht-wertende Sprache ist Zeichen von gegenseitigem Respekt und Verständnis für eine multi-kulturelle Belegschaft. Dazu bräuchte es regelmäßige Veranstaltungen und Schulungen.
Eine offene Konflikt- und Feedback-Kultur fördert gegenseitiges Verständnis und den Perspektivenwechsel. Auch das könnte man durch regelmäßige Trainings und Events fördern.
Vielfältige Möglichkeiten der Begegnung und des informellen Austauschs ermöglichen Kontakte und Beziehungen quer über die Abteilungen hinweg. Ein guter Austausch innerhalb des Unternehmens bedarf Strukturen und sollte etabliert werden.
Schafft es ein Unternehmen, eine derartige Kommunikationskultur zu etablieren, gewinnt es mit Sicherheit die Loyalität und die Motivation der Mitarbeitenden zurück. Resultate sind höhere Produktivität, extrinsische und intrinsische Motivation von Mitarbeitenden, die stolz sind, in diesem Unternehmen arbeiten zu dürfen.
Was wollen Mitarbeitende?
Eine EY-Studie vom Mai 2021 zeigt das klar auf: Die Mehrheit der Befragten erwartet auch nach der Pandemie flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit ortsunabhängig zu arbeiten. Gleichzeitig sehen sie das Bedürfnis nach guter Kommunikation zu den Kollegen und Team-Managern. Sie äußern den Wunsch nach regelmäßigen face-to-face oder online-Teamkonferenzen. In Bezug auf Work-Life Balance würden knapp 40% der Befragten ihre Arbeitszeit auf 80% reduzieren. Ebenso erkennen wir den Wunsch nach Weiterbildung, idealerweise online. Mitarbeitermotivation sollte sich an diesen Erwartungen orientieren.
Flexibilität erhöht die intrinsische Motivation
Flexibilität ist daher das Wort der Stunde. Mitarbeitende möchten ihre Arbeitszeit selbst einteilen und eigenverantwortlich arbeiten. Für Führungskräfte, die ihre Kontrollfunktion gegenüber ihren Mitarbeitenden ausleben möchten, beginnt eine harte Zeit.
Vor allem jüngere Mitarbeitende der Generation Y entziehen sich der Kontrolle, wo es geht, und suchen nach Wegen, möglichst selbständig zu arbeiten. Diese Gruppe ist besonders durch gute Weiterentwicklungsangebote zu motivieren.
Die soziale Komponente
In der weiter oben genannten McKinsey’s Studie wurde zudem herausgefunden, dass Mitarbeitende ein hohes Bedürfnis nach Vertrauen, sozialem Zusammenhalt und Sinnhaftigkeit im Job haben. Vertrauen und sozialer Zusammenhalt lassen sich nur über Möglichkeiten, die Arbeitsbeziehungen kontinuierlich zu stärken, erhöhen. Das ließe sich über regelmäßige persönliche Treffen oder Calls erreichen, ebenso Events und Arbeit an gemeinsamen Projekten wie Gestaltung der Unternehmenskultur oder sozialem Engagement. Die Führungskraft hat bei beiden Aspekten eine tragende Rolle: je mehr sie sich um ihre Mitarbeitenden „kümmert“ – nachfrägt, unterstützt, ein offenes Ohr hat –, desto höher ist das Vertrauen und das Gefühl der Zugehörigkeit zum Unternehmen.
Frage nach dem Sinn
Sinnhaftigkeit im Job ist aufgrund der Pandemie ein hochaktuelles Thema geworden. Die Menschen hatten während der Pandemie Zeit nachzudenken und ihre Tätigkeiten zu hinterfragen. Den Blick aufs große Ganze aus unterschiedlichen Perspektiven – die Unternehmensstrategie und -mission – sollte das Unternehmen ermöglichen und fördern und gleichzeitig seine Unternehmenswerte kritisch betrachten. Denn Werte im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz sowie Diversität und Toleranz stehen heute an erster Stelle. Mitarbeitende wollen sicher sein, dass sich ihr Unternehmen bei diesen Themen engagiert und entsprechende Werte vertritt und lebt. Gerade die jüngeren Generationen fordern diese Aspekte durch Aktionen und Haltungen mit hohem Anspruch ein.
Fazit (Mitarbeitermotivation, intrinsische & extrinsische Motivation)
Die Bedürfnisse von Mitarbeitenden ernst zu nehmen, erweist sich heute als eine große Aufgabe und erfordert extrinsische Maßnahmen zur Mitarbeitermotivation im Unternehmen. Gelingt dies, kann sich ein Unternehmen der Loyalität und der Motivation seiner Mitarbeitenden sicher sein.
Mitarbeitermotivation in der Post-Pandemie | Wenn extrinsische Motivation die intrinsische pusht