An der Schwelle zum Ende der Pandemie sind Mitarbeitende häufig selbstbewusst geworden und erwarten mehr von ihrem Unternehmen. Was können Sie tun, um auf die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeitenden einzugehen und eine stabile, fördernde und wertschätzende Arbeitsumgebung zu schaffen?
Eines meiner ersten interkulturellen Trainings im neuen Jahr war für ein internationales Team, das, aufgeteilt in unterschiedlichen Ländern Europas, für ein globales Unternehmen zusammenarbeitet. Die Teamleiterin bestand trotz aufkommender Omikron-Variante auf ein Präsenz-Meeting. Sie kam damit dem großen Bedürfnis der meisten Teammitglieder nach, denn viele sahen sich nach fast zwei Jahren zum ersten Mal wieder persönlich, für einige neue im Team war es überhaupt die erste Begegnung. Die Stimmung war hervorragend, das Mitteilungsbedürfnis groß und die Dankbarkeit gegenüber der Wertschätzung von Seiten der Teamleitung klar spürbar.
Nach zwei Jahren Remote-Working ist vielen Mitarbeitenden sehr bewusst, was sie für ihr Unternehmen in dieser schwierigen Zeit geleistet haben. Und sie wünschen sich, dass dies gesehen und wertgeschätzt wird.
Perspektivenwechsel durch Home Office
Die Arbeit im Home Office – im Nebeneinander von Arbeit und Privatleben – bewirkte, dass sich für viele die Perspektive verschoben hat: trotz hoher Arbeitsbelastung mehr Work-Life Balance, mehr Zeit durch das Wegfallen von längeren Arbeitswegen oder Geschäftsreisen, mehr selbständiges und eigenverantwortliches Arbeiten, leichteres Abgrenzen von Kolleginnen oder Kollegen, mit denen Kommunikation oder Umgang nicht rund läuft. Gleichzeitig besteht bei vielen der Wunsch, sich wieder persönlich mit Kollegen und Kolleginnen auszutauschen und spontane Zusammenkünfte im Arbeitsalltag zu erleben, aber auch von der Führungskraft wieder bewusst wahrgenommen zu werden und für die Leistung offene Wertschätzung zu erhalten.
Was können daher Unternehmen tun, um den Bedürfnissen ihrer Mitarbeitenden, die durch die Pandemie und deren Begleitumstände genauer wissen, was sie erwarten, entgegenzukommen?
Konsequenz für Unternehmen
Firmen wie Deloitte schmiedeten kürzlich ein zusätzliches Package für ihre Mitarbeitenden zur Aufrüstung technischer Erfordernisse im Home Office, aber auch eine Gehaltserhöhung und diverse Gutscheine zur Förderung des physischen und psychischen Wohlbefindens. Das Unternehmen verstand diese zusätzlichen Benefits als Investment in die Produktivität der Mitarbeitenden und in deren Bindung ans Unternehmen.
Mitarbeitende, die Wertschätzung erfahren, sind loyale Mitarbeitende. Gerade im Homeoffice wird ihre Leistung nur indirekt wahrgenommen. Daraus entstehen auch Ängste, nicht gut genug zu sein oder von anderen überholt zu werden. Neben den Vorteilen von Homeoffice teilen viele Mitarbeitenden auch den dringenden Wunsch nach regelmäßiger persönlicher Kontaktpflege mit den Kollegen.
Studienergebnisse
Im Hernstein Report 2.2022 wird betont, dass auch die Situation für Führungskräfte fordernd ist, da informelle Kommunikation oder ein spontaner Kontakt zu den Mitarbeitenden häufig auf der Strecke bleiben.
Zahlreiche Studien von Forschungsinstituten wie dem Institut für deutsche Wirtschaft oder diversen Berater Instituten und Employer-Branding Unternehmen zeigen auf, dass Mitarbeitende sehr genau wissen, was sie von ihrem Unternehmen erwarten: Wertschätzung, Garantie für selbständiges Arbeiten, technische Unterstützung, finanzielle Entschädigung für die technische Aufrüstung im Home Office, Gehaltserhöhung angesichts steigender Preise, aber auch als Wertschätzung für herausragende Leistung, flexiblere Arbeitszeiten für die Kinderbetreuung.
Konsequenz für Unternehmen:
Um Fluktuation und geringer Loyalität vorzugreifen, wäre es wichtig, sehr genau auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden einzugehen. Allen voran zuzuhören und Gespräche zu führen, die langsame Rückkehr ins Office gut vorzubereiten und eine Situation der Offenheit und Toleranz zu schaffen sowie für die Veränderungen bei den Menschen selbst nach dieser schwierigen Zeit ein offenes Ohr zu haben. Denn eine Veränderung fand statt – bei uns allen.
Leider zeigen Studien (Future Forum Pulse) auf, dass post-pandemische Regelungen für die Rückkehr ins Office in Unternehmen häufig ohne die Befragung der Mitarbeitenden erstellt werden. Kein Wunder, wenn diese sich nicht gut informiert fühlen oder die neuen Regelungen nicht mittragen. Vor allem die jüngere Generation der Mitarbeitenden hat ein großes Bedürfnis nach Mitsprache und Mitgestaltung. Werden sie nicht gehört und miteinbezogen, verlassen sie das Unternehmen häufig, um bessere Arbeitsbedingungen zu finden. 2025 wird die Gruppe der Millennials und der Generation Z 75% der Arbeitnehmer weltweit ausmachen. Das ist sehr bald. Unternehmen sind daher gut beraten, deren Bedürfnisse sehr ernst zu nehmen und ihnen gut zuzuhören.
Viele Unternehmen rekrutieren international. Gerade für internationale Mitarbeiter wäre es wesentlich, aktiv integriert zu werden. Möglichkeiten wären dazu regelmäßig stattfindende kleine Team-Meetings, auch online, Einsetzen von Buddies sowie persönliche Unterstützung durch die Führungskraft am Anfang.
Tipps um die Erwartungen der Mitarbeitenden am Ende der Pandemie zu erfüllen:
- Überlegen Sie sich, wie und in welcher Form Sie Ihren Mitarbeitenden Wertschätzung entgegenbringen können – zusätzliche finanzielle Packages, persönliche Unterstützung, Präsenz-Team-Meetings
- Finden Sie heraus, was Ihre Mitarbeitenden wollen und brauchen – in Gesprächen (online, face-to-face), in den Kaffee-Pausen im Office
- Bereiten Sie sich rechtzeitig auf das so genannte Re-Boarding im Office vor: Wie können Sie auf die Veränderungen eingehen, die alle – die Mitarbeitenden, Sie, das Unternehmen – erfahren haben?
- Seien Sie transparent bei neuen Regelungen am Ende oder nach der Pandemie. Beziehen Sie Ihre Belegschaft mit ein und hören Sie sich an, worin deren Bedürfnisse liegen
- Gehen Sie besonders auf neue und internationale Mitarbeitenden ein. Und versuchen Sie, diese so gut wie möglich willkommen zu heißen und zu integrieren – dabei ist Ihr persönlicher Einsatz gefragt