Junge Menschen sind von den ersten 2 Covid-Jahren besonders betroffen. Sagt man. „Generation Covid“ ist zu hören. In wie fern ist das tatsächlich zu spüren? Ich frage Expertinnen und Experten, die sich konkret mit der Zielgruppe Lehrlinge auseinandersetzen – mit jungen Menschen, die soeben in den Arbeitsmarkt eintraten. Hören wir zu, wie es den jungen Mitarbeitern geht:
Experten-Interview
Links der HR-Branche Personal-Entwicklung | Lehrlinge & Lehrlingsausbilder
In wie fern macht sich dieses „Generation Covid“ unter Lehrlingen besonders bemerkbar?
Mag. (FH) Catrin Mayerhofer-Trajkovski, MA:
Meines Erachtens brauchen Lehrlinge und auch andere Mitarbeiter in Zeiten wie diesen viel mehr Stabilität und Sicherheit und vor allem auch mehr Führung. Vorgesetzte oder auch die Firma als Ganzes agiert als Fels in der Brandung, an dem sich Lehrlinge orientieren und entwickeln können.
Robert Frasch (Lehrlingspower.at):
Die letzten 2 Jahre lassen den Wunsch nach Sicherheit massiv ansteigen und die Bedeutung von traditionellen Werten nimmt wieder zu. Das kann gerade für Lehrbetriebe ein Vorteil sein, wenn sie verstehen, dass die klassische Zielgruppe für Lehrstellen Sicherheit und Zugehörigkeit sucht. Denn genau das können Lehrbetriebe bieten. Vorsicht ist dabei geboten bei der Ansprache junger Frauen, da diese ebenfalls zunehmend wieder Richtung traditioneller Rollenbilder tendieren. Hier wird wichtig sein, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sicherzustellen und zu kommunizieren.
Neueste Jugendstudien zeigen auch eine Übersättigung an elektronischen Medien und virtuellen Meetings. In der Ausbildung werden Präsenzmeetings wieder zu einem Pluspunkt, das gemeinsame Agieren wird von den Jugendlichen wieder begrüßt. Generell ist die Begeisterung für Home Office bei Lehrlingen, die ja im Berufsleben noch nicht gefestigt sind, sehr überschaubar. Jugendliche brauchen die direkte und persönliche Ansprache, um Sicherheit zu erlangen.
Im Recruiting ist auch noch zu beachten, dass die Versetzungen mit negativen Noten in den letzten Jahren dazu geführt haben, dass die Situation in den höheren Klassen für manche Jugendliche „aussichtlos“ wird. Es ist damit zu rechnen, dass mit den Halbjahreszeugnissen und spätestens mit den Frühwarnungen für das Ganzjahreszeugnis 2022 noch durchaus aussichtsreiche Kandidaten verfügbar werden. Wenn deren Eltern einsehen müssen, dass diesmal keine Versetzung passieren wird bzw. dass die Fortsetzung der Schulkarriere aussichtlos ist.
Mag. Peter Wiltsche (il Aus- und Weiterbildung GmbH):
Viele mögen argumentieren, die Gen Z zeichne sich besonders dadurch aus, dass sie von Kindesbeinen an in einer digitalen, globalisierten Welt aufgewachsen ist und sich besonders mit den dadurch gewonnen Skills von den Millennials abhebt. Doch in der derzeitigen Berufswelt haben auch Millennials keine Chance, wenn sie sich nicht mit digitalen Entwicklungen tiefgehend auseinandersetzen. Der Gap hier ist also deutlich kleiner als viele annehmen.
Der große Unterschied liegt vielmehr in der gesamtheitlichen Betrachtung des Konzeptes „Arbeit“, welche die Jüngsten auf den Arbeitsmarkt mitbringen. Die Gen Z hält den älteren Generationen diesbezüglich – mitunter schmerzhaft – derzeit einen Spiegel vor. Sie zeigt auf, dass das Leistungsprinzip, das in vielen Unternehmen vorherrscht, langfristig zu psychischen Erkrankungen führt. Nicht umsonst wird den Millennials regelmäßig das Attribut „Generation Burnout“ zugeschrieben.
Mit der Gen Z erleben wir jetzt also eine Gruppe an Arbeitnehmern, die nicht mehr bereit ist, ihre (psychische) Gesundheit, den festgefahrenen Strukturen und der bedingungslosen Effizienzoptimierung vieler Arbeitgeber unterzuordnen.
Das hat nicht zuletzt die Covid-Krise nochmal verstärkt. Laut einer aktuellen Studie der Donau Universität Krems weisen 62 % der Mädchen und 38 % der Burschen zwischen 14 und 20 Jahren depressive Symptome auf. Angst- und Schlafstörungen haben sich verfünf- bis verzehnfacht. Viele dieser jungen Menschen machen derzeit eine Lehre. Junge Arbeitnehmende haben de facto also auch keine andere Wahl als sich damit auseinanderzusetzen, wie sie ihre mentale Gesundheit auch im Berufsleben schützen können – und dasselbe gilt für Ausbildungsbetriebe, wenn sie langfristig gesunde und zufriedene Fachkräfte führen möchten.
Mario Derntl, BA MBA (zukunft.lehre.österreich):
Problematisch ist: Durch die Pandemie leiden viele junge Menschen verstärkt unter psychischen Problemen, hier ist auf jeden Fall Handlungsbedarf.
Die jungen Menschen dieser Generation haben durch die pandemiebedingte Unsicherheit ein verstärktes Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität. Außerdem ist aufgrund der Pandemie die Nutzung moderner Technologien noch wichtiger geworden (so auch beim Onboarding, Recruiting). Betriebe wie A1 gehen durch eine verstärkte Nutzung der digitalen Möglichkeiten besonders darauf ein, Lehrlings-Recruiting findet auch auf Instagram und Tiktok statt. Außerdem wurde die gesamte Lehrlingsausbildung (sowie Inhalte) bei A1 gemäß den Anforderungen der Digitalisierung neu, jung und modern gestaltet. Und hierbei liegt der „Knackpunkt“, wenn es um die Lehre heute geht. Diese muss neugestaltet, wieder jung und modern gemacht werden.
Die Interview-Partner
Wie macht sich die „Generation Covid“ unter Lehrlingen bemerkbar?
Robert Frasch
- Gründer und Mastermind
- Lehrlingspower.at
Mario Derntl, BA MBA
- Geschäftsführer
- zukunft.lehre.österreich.
Mag. (FH) Catrin Mayerhofer-Trajkovski, MA
- Geschäftsführerin
- Mayerhofer-Trajkovski
- Unternehmens-Profil
- www.mayerhofer-trajkovski.at
Mag. Peter Wiltsche
- Business Development, Training und Coaching
- il Aus- und Weiterbildung GmbH – lehrlingstraining.at