Nachhaltigkeit liegt in der Luft. Auch in Unternehmen. Bei der Suche nach kompetenten Gesprächspartnerinnen und -partnern wurde ich fündig bei zwei Vortragenden (Marion Zöchbauer und Johannes Naimer-Stach, ORCA Evolution OG), die im Herbst beim Corporate Culture Jam genau darüber sprechen werden. Wir bekommen bereits vorab einen Vorgeschmack:
Interview-Fragen
Wie sieht das Ziel konkret aus – Klimaschutz in der Unternehmenskultur zu verankern?
Um die Klimawende zu schaffen, ist es unbedingt erforderlich, dass künftig alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Organisationen über das Thema Bescheid wissen, und auch Know-how darüber haben, welche Schritte Unternehmen setzen müssen um klimaneutral zu werden. Wichtig ist hier auch zu verstehen, dass Unternehmen nicht klimaneutral sind, nur weil sie Teile ihrer betrieblichen Emissionen durch sogenanntes Offsetting ausgleichen. Die Zeit drängt, denn Österreich möchte als Land bis spätestens 2040 klimaneutral sein. Einige wenige Organisationen sind schon auf einem guten Weg dorthin, es ist aber noch viel zu tun um das gemeinsame Ziel zu erreichen.
Indem wir Mitarbeitern relevantes Wissen und die notwendigen Maßnahmen aufzeigen, können diese entsprechende Verhaltensweisen und Praktiken der Organisation hinterfragen und ändern. Es ist nicht ausreichend den Wert “Nachhaltigkeit” im Leitbild niederzuschreiben. Um das Thema Klimaschutz tatsächlich in der Kultur zu verankern, braucht es entsprechende Änderungen im Verhalten und der Herangehensweise, sowie Anpassungen der Normen. Sobald alle Personen in einer Organisation Bescheid wissen was konkret zu tun ist und warum, können sie tatsächlich wirksame Schritte setzen und zum Beispiel aktuelle Vorschriften hinterfragen, wie z.B.: Ist die Einkaufsrichtlinie für Bewirtung von Gästen im Sinne des Klimaschutzes passend? Ist die interne Richtlinie zur Neuanschaffung von Mobiltelefonen hilfreich um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen?
Zentral ist natürlich auch die Verankerung der Klimawende in der Strategie und der Ziele der Unternehmen. Nachhaltigkeit darf nicht länger nur ein Schlagwort bleiben. Das Ziel der Klimaneutralität muss Dreh- und Angelpunkt der unternehmerischen Entscheidungen werden. Wenn nun Mitarbeiterinnen und Führungskräfte das richtige Mindset haben, um den Klimaschutz in der Organisation ernst zu nehmen, die Geschäftsleitung jedoch Entscheidungen trifft, die diametral wirken, ist die Verankerung in der Unternehmenskultur nicht erfolgt. Wie bei allen großen Veränderungsprozessen ist es essentiell, dass die Veränderung “von oben” vorgelebt wird, und nicht ausschließlich auf die unteren Ebenen abgewälzt wird.
Welche Aspekte sollten künftig Teil des Mindsets der Mitarbeitenden und Führungskräfte sein, um das Ziel zu erreichen?
Um klimaneutral zu werden, müssen sich Unternehmen intensiv mit ihren Kern(geschäfts)prozessen auseinandersetzen, und bereit sein sie zu hinterfragen, zu adaptieren und zu innovieren. Jede Tätigkeit sollte aus Sicht der Organisation hinterfragt werden: Wo kann ich Emissionen gänzlich vermeiden? Falls ich sie tatsächlich nicht gänzlich vermeiden kann, muss ich fragen, wie ich sie weitestmöglich reduzieren kann. Darüber hinaus stellt sich dann die Frage, welche Tätigkeiten oder Prozesse komplett verändert werden müssen, um das Unternehmen klimafit zu machen. Innovation ist hier ein wichtiges Schlagwort. Alle Mitarbeiterinnen und Führungskräfte sind aufgefordert, ständig weiter zu hinterfragen und neue Ideen einzubringen.
Gleichzeitig ist aus unserer Sicht ein kooperatives Mindset gefragt. Dieses große, globale Problem der Klimakrise können wir nur gemeinsam lösen. Daher ist es so wichtig und unerlässlich, über Abteilungen und Bereiche hinweg bis über die Organisationsgrenzen hinaus zu denken und zu kooperieren. Manche Lösungen lassen sich vielleicht nur gemeinsam mit anderen Organisationen lösen, indem die Kräfte gebündelt werden.
Welchen Mehrwert kann HR dazu liefern?
Einerseits kann HR hier durch die Sicherstellung der Einbringung des Themas Klimaschutz in die Zielvereinbarungen der Mitarbeiterinnen sensibilisieren und Einfluss nehmen. Insbesondere entsprechende Trainings und Ausbildungen im Rahmen der Personalentwicklung unterstützen dabei maßgeblich. Denn um die richtigen Maßnahmen zu setzen, benötigen die Mitarbeiter auch das richtige Know-how. Andererseits kann HR einen großen Beitrag zur Umsetzung konkreter Maßnahmen liefern und hier als Vorreiter in der Organisation fungieren. Das wichtige Thema Mobilität z.B. kann von HR aus initiiert und gesteuert werden. Besonders das Thema Mobile Working spielt bei der Vermeidung von Emissionen im Bereich Mobilität eine zentrale Rolle. HR kann hier federführend an einer passenden Lösung mitwirken, die meist aus Perspektive der Arbeitgeberattraktivität diskutiert wird, darüber hinaus aber auch ein entscheidender Faktor im Thema Klimaschutz ist.
Einen großen Mehrwert kann HR zur Klimafitness des Unternehmens liefern, wenn es zum Treiber des Transformationsprozesses wird. Wenn Unternehmen sich auf eine klimaneutrale Zukunft ausrichten, bedeutet das natürlich große Veränderungen für die Organisation und die gesamte Belegschaft. HR kann die eigene Expertise aus vergangenen Change-Prozessen nutzen, um hier die notwendigen Änderungen aufzuzeigen, zu initiieren, zu fördern, zu begleiten, und langfristig in der Organisation zu verankern.
Worin liegen die größten Hürden?
Aus unserer Erfahrung sind die meisten Unternehmen sehr offen dafür sich dem Thema Klimaschutz zu widmen. Die größte Hürde ist oft das Nicht-Wissen: Nicht-Wissen zum aktuellen Status der Klimakrise, Nicht-Wissen was bereits auf unterschiedlichen Ebenen getan wird oder getan werden kann, oder Nicht-Wissen wie und wo Organisationen ansetzen können um die ersten Schritte in Richtung Klimaneutralität zu setzen.
Wir beobachten häufig, dass das Thema Klimaschutz viel schneller in die DNA von Organisationen übergeht, als diese vermuten würden. Wenn alle Mitarbeiterinnen verstanden haben, warum es so wichtig ist zu handeln und was man konkret tun kann, bekommt das Thema eine eigene Dynamik.
Und: Klimaschutz macht Spaß! Wenn man erst mal damit begonnen hat, kann man nicht mehr aufhören – das können wir aus eigener persönlicher Erfahrung und aus der Begleitung von Unternehmen auf dem Weg hin zum Klimaschutz sagen.
Interview-Partner
Marion Zöchbauer: Strategische Denkerin und Beraterin. Ihre langjährige Erfahrung in der Arbeit mit Organisationen, vor allem auch im Personalbereich, setzt sie nun ein, um das zentrale Thema unserer Zukunft, den Klimaschutz, in Unternehmen zu verankern. Gemeinsam mit Johannes Naimer-Stach hat sie die ORCA Evolution OG gegründet.
Johannes Naimer-Stach: Klimaschützer aus Leidenschaft und Überzeugung. Seine umfassende Expertise, die er sich u.A. beim WWF, im internationalen Emissionshandel oder bei EIT Climate-KIC aufgebaut hat, setzt er gezielt ein um Unternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität zu unterstützen. Gemeinsam mit Marion Zöchbauer hat er die ORCA Evolution OG gegründet.
Mehr beim … Corporate Culture Jam
- Corporate Culture Jam | Pickin‘ up good WHYbrations!
- Datum: 21+22sep2022
- Ort: Maria Enzersdorf (NÖ)
- Kosten: Frühbucher: € 990,- Regulär: € 1.290,-
- www.corporate-culture-jam.at