Aus Gründen des Employer Branding, um Bewerberinnen und Bewerber anzuziehen, um Kunden ein gutes Bild zu geben und auch im Wettbewerb: die Verwendung von Videos und Fotos von Mitarbeiterinnen auf der Unternehmenswebsite, auf Social Media Plattforen und auch offline birgt zahlreiche rechtliche Fallstricke und darf nicht „einfach so“ passieren.
INHALT
Neben Arbeitsrecht und andere Bestimmungen spielen hier insbesondere das Datenschutzrecht und das Recht am eigenen Bild eine große Rolle. Bei Nichtbeachtung drohen unangenehme Konsequenzen wie Unterlassungsansprüche, Geldbußen und Schadenersatzforderungen.
Aktuelle Entscheidung aus Deutschland
Eine deutsche Arbeitgeberin hat von der Klägerin, einer (ehemaligen) Mitarbeiterin, verschiedene Videoaufnahmen angefertigt und diese Aufnahmen anschließend für ein Werbevideo für Bewerberende zusammengeschnitten. Dieses Werbevideo wurde auf einer bekannten Streamingplattform veröffentlicht. Das Pikante dabei: die Mitarbeiterin hat zwar in die Videoaufnahmen eingewilligt, aber nicht, dass sie dabei als „Testimonial“ auf YouTube zu sehen sein wird. Vielmehr wusste die Klägerin gar nichts davon, dass die Aufnahmen zu Werbezwecken angefertigt wurden – dafür hätte die Klägerin auch gar nicht eingewilligt.
Ergebnis
Kurzum, für die Verwendung der Videosequenzen zu Werbezwecken und der Veröffentlichung auf YouTube fehlte die entsprechende Rechtsgrundlage. Für diese unrechtmäßige Veröffentlichung begehrte die Klägerin immateriellen Schadenersatz in Höhe von € 6.000 und Prozesskostenhilfe (Unterart der Verfahrenshilfe). Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschied im Verfahren um die Prozesskostenhilfe, dass die begehrten € 6.000 zu hoch für diese Art von Verletzung der persönlichen Rechte seien und € 2.000 eher angemessen seien (Beschluss vom 31mai2022, 6 Ta 49/22). Für diese Summe erhielt die Klägerin schlussendlich auch Prozesskostenhilfe.
Weiterreichende Folgen
Wenngleich der Betrag von € 2.000 als immaterieller Schadenersatz auf den ersten Blick nicht viel erscheinen mag, müssen dennoch die „Anschlusskosten“ berücksichtigt werden: weitere Mitarbeitende, die im Video zu sehen waren, könnten auch Schadenersatzansprüche geltend machen, Aufsichtsbehörden können Maßnahmen setzen. Neben dem unvermeidlichen Imageschaden für den Arbeitgeber muss nun wohl zudem auch eine neue Marketingkampagne aufgestellt werden.
Rechtslage in Österreich
Auch in Österreich können Fotos und Videos, also Lichtbilder mit Mitarbeitenden nicht so ohne weiteres verwendet werden. Neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, den arbeitsrechtlichen Bestimmungen und weiteren rechtlichen Bestimmungen sind insbesondere das „Recht am eigenen Bild“ und das Datenschutzrecht zu beachten. Nachstehend ein kurzer (nicht abschließender) Einblick in diese komplexen Themen:
Das Recht am eigenen Bild
Das “Recht am eigenen Bild” schützt nicht das Bild an sich, sondern den Abgebildeten vor Veröffentlichung der Bilder bzw. Videos. Das gilt bereits schon dann, wenn der Mitarbeiter gut erkennbar ist, auch ohne weitere Angaben wie Name oder Position. Unter Veröffentlichung sind zB der Upload auf Social Media Plattformen, in Werbeflyern, auf der Website, etc. zu verstehen.
Die Fotos und Videos dürfen nur dann veröffentlicht werden, wenn die Mitarbeiterin zustimmt oder wenn keine berechtigten Interessen verletzt werden. Diese sind unter anderem aber meist dann verletzt, wenn die Lichtbilder, auf denen der Mitarbeiter abgebildet ist, zu Werbezwecken veröffentlicht werden.
Der Begriff „Werbung“ ist hierbei sehr weit auszulegen. Unter Werbung ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Die Werbung von neuen Arbeitskolleginnen des abgebildeten Mitarbeiters ist wohl meist als Werbung im Sinne des Rechts am eigenen Bild zu sehen.
Die Veröffentlichung von Fotos und Videos verletzt daher das berechtigtes Interesse der Mitarbeitenden. Aufgrund des Werbezweckes ist eine Zustimmung der abgebildeten Mitarbeitenden zwingend erforderlich. Wird keine Zustimmung zur Veröffentlichung eingeholt, hat der Mitarbeiter einen Unterlassungsanspruch, einen Beseitigungsanspruch und einen Verwendungsanspruch. Dies bedeutet unter anderem, dass die Lichtbilder der abgebildeten Mitarbeiterin nicht mehr verwendet werden dürfen, anders gesagt: die Werbekampagne muss eingestellt werden. Bei Verschulden kann zudem ein Schadenersatzanspruch geltend gemacht werden.
Datenschutz
Im Gegensatz zum „Recht am eigenen Bild“, das meist erst ab Veröffentlichung der Videos und Fotos zu beachten ist, setzt das Regime des Datenschutzrechtes, insbesondere der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), bereits ab der Planung des Videodrehs oder eines Fotoshootings an. Da bei den Videos und Fotos personenbezogene Daten verarbeitet werden, ist für das Anfertigen (und in weiterer Folge das Veröffentlichen) ein Erlaubnistatbestand iSd Art 6 Abs 1 DSGVO erforderlich.
Ein möglicher Erlaubnistatbestand für das Anfertigen der Lichtbilder ist die datenschutzrechtliche Einwilligung – nicht zu verwechseln mit der Zustimmung beim Recht am eigenen Bild. Eine Einwilligung kann aber immer nur dann als Rechtsgrundlage für eine Datenverarbeitung herangezogen werden, wenn die Anforderungen der DSGVO erfüllt sind.
Dies bedeutet, dass die Einwilligungen der Mitarbeitenden für das Anfertigen und das Veröffentlichen der Videos und Fotos also – neben anderen Voraussetzungen – freiwillig erteilt wurde.
Die Mitarbeitenden müssen voll und ganz informiert sein, wofür die Lichtbilder verwendet werden sollen. Da das Arbeitsverhältnis aber regelmäßig von Über- und Unterordnung geprägt ist, dh ein Abhängigkeitsverhältnis besteht, wenn auch „bloß“ wirtschaftlicher Natur, kann eher selten von Freiwilligkeit ausgegangen werden.
Weiters ist Kernelement der Einwilligung, dass diese, im Gegensatz zur Zustimmung beim Recht am eigenen Bild, jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen werden kann. Dies bedeutet, dass die Videos und Fotos der Werbekampagne gelöscht werden müssen, sobald die Einwilligung widerrufen wird. Unter Umständen kann das Anfertigen der Lichtbilder auch auf Grundlage der berechtigten Interessen des Arbeitgebers oder eines Vertrages zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitenden erfolgen. Was genau Inhalt dieser berechtigten Interessen oder dieses Vertrags ist, muss im konkreten Einzelfall geprüft und dokumentiert werden.
Je nach Art und Weise der Veröffentlichung, dh ob in Flyern, Werbekampagne im klassischen Fernsehen, auf Social Media Plattformen, etc., müssen auch weitere Maßnahmen ergriffen werden.
Zusammenfassung
Lichtbilder von Mitarbeitenden sollten nur nach vorherige rechtlicher Prüfung und Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen angefertigt und veröffentlicht werden.
Eine pauschale Einwilligungserklärung im Dienstvertrag oder ähnliches ist dafür keinesfalls ausreichend. Auch für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sollte vorgesorgt werden. Bei Missachtung der rechtlichen Vorgaben drohen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, Schadenersatzforderungen und Geldbußen sowie schlechte Publicity.
Es gilt daher: Vorsicht ist besser Nachsicht – besser im Vorab die Voraussetzungen prüfen und rechtliche Grundlagen schaffen, als im Nachhinein die Werbekampagne einstellen, Schadenersatz und Strafen zahlen und negative Schlagzeilen einstecken müssen.
Mitarbeiterfotos auf Website und Social Media | Was ist aus rechtlicher Sicht zu beachten?