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7+1 Dinge über künstliche Intelligenz (KI) in der Bildung

23Sep2022
7 min
Artificial Intelligence, Künstliche Intelligenz, KI

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

‚Das Bildungswesen wird durch künstliche Intelligenz (KI) tiefgreifend verändert werden… Lehrmittel, Lernmethoden, der Zugang zu Wissen und die Lehrerausbildung werden revolutioniert werden (übersetzt aus UNESCO, 2019).‘

Autorin: Steffi Bärmann

Haben Sie das Gefühl, dass Sie ausreichend über Künstliche Intelligenz und deren Auswirkung informiert sind? In einer Online Umfrage aus dem Jahr 2020 antworteten 60% der Befragten „eher nicht“ und 20% „überhaupt nicht“ (Statista, 2020).

Der KI-Einsatz in der Bildung bringt neue Stakeholder ins Spiel: Programmiererinnen und Programmierer, Bereitsteller von Künstliche Intelligenz -gestützten Lernsystemen und dessen Nutzerinnen. Ingenieure und Datenwissenschaftlerinnen sind in erster Linie an der Genauigkeit von KI-Systemen bei der Vorhersage von Ergebnissen interessiert. Die Einbeziehung von pädagogischen Fachexpertinnen ist jedoch für den KI-Aufbauprozess von entscheidender Bedeutung. Für viele Bildungsexperten ist Künstliche Intelligenz ein relativ neues Konzept (Chen et al., 2022).

Der folgende Beitrag klärt daher Grundbegriffe, Einsatzmöglichkeiten, Bedürfnisse und ethische Fragen.

INHALT

1. Künstliche Intelligenz – Erwartungen und Treiber

Die gesetzten Hoffnungen in KI sind groß: globale Bildungsziele werden verfolgt, Bildungsbarrieren abgeschafft, Bildung soll gerechter gemacht werden. Letztendlich wird angestrebt, das menschliche Wohlbefinden und das Gemeinwohl zu verbessern (EU High-Level Expert Group on AI, 2019). Neben diesen edlen Zielen gibt es einen globalen technologischen Wettbewerb, einen KI-gesteuerten (Arbeits-)Markt, der die Notwendigkeit einer Befähigung der Arbeitskräfte mit sich bringt (Nemorin et al., 2022). Somit entsteht Druck, an einer Bewegung teilzuhaben, deren Konsequenzen noch nicht absehbar sind (Berendt et al., 2020).

2. Definitionen & Entwicklung: Künstliche Intelligenz (KI), Machine Learning (ML), Deep Learning (DL)

Künstliche Intelligenz ist eine Vision, eine Idee, die das erste Mal 1955 von McCarthy als “making a machine behave in ways that would be called intelligent if a human were so behaving” (McCarthy et al., 1955 in Kaplan & Haenlein, 2019) definiert wurde. Diese Vision wurde noch nicht erreicht und in der Zwischenzeit ist die Anzahl der Definitionen gewachsen. Die permanente Weiterentwicklung von Technologien und die Integration von KI in universelle Anwendungen ohne diese zu bezeichnen, erschweren die Abgrenzung (Chen et al., 2020).

Künstliche Intelligenz wird durch den Einsatz verschiedener Techniken (Rechenvorgänge) weiterentwickelt. 1959 ist der Begriff Machine Learning (ML) erstmalig aufgekommen. ML hat das primäre Ziel, Methoden vorzuschlagen, die es ermöglichen aus Daten zu lernen. Die Stärke besteht darin, statische Programmanweisungen zu überwinden, indem es eingegebene Daten modelliert und datengestützte Vorhersagen und Entscheidungen treffen kann. Nach derzeitigem Wissensstand hat jedoch noch kein ML-Algorithmus das eigentliche Ziel der allgemeinen KI erreicht (u.a. Chen et al., 2020).

Der Begriff Deep Learning (DL) wurde erstmals 1986 eingeführt. Als Teil von ML-Algorithmen, konzentriert sich DL darauf, Merkmale auf höherer Ebene aus den eingegebenen Daten zu extrahieren, indem mehrere (Verarbeitungs-)Schichten verwendet werden. DL-Algorithmen können als eine der effizientesten ML-Techniken in überwachte, „semi-supervised“ und „unsupervised“ unterteilt werden (u.a. Chen et al., 2020). DL arbeitet mit Neuronalen Netzen (NNs), ein Begriff der 2000 aufkam. Künstliche NNs sind biologischen Strukturen nachempfunden, sind aber nicht lebenden, dynamischen und analogen Organismen gleichzusetzen, sondern eher statisch und symbolisch. Dank der Fortschritte bei neuronalen Netzen ist die KI leistungsfähiger und effektiver geworden (Chen et al., 2020).

3. Interdisziplinarität: Computer-based Education, Learning Analytics, Educational Data Mining

Der Einsatz von KI im Bildungswesen erfordert Interdisziplinarität, u.a. zwischen Informatik, Statistik und Bildung.

Dem Bereich der Informatik entspringt der Einsatz von Computern in der Bildung, um den Lernenden Anweisungen zu geben (Computer-Based Education, CBE). Ursprünglich ohne Künstliche Intelligenz auskommend, entstanden mit der Verbreitung des Internets vermehrt E-Learning-Systeme und mit der Verbreitung von KI neue Arten von adaptiven und intelligenten Systemen, wie z.B. Intelligent Tutoring Systems (IST), Lernmanagementsysteme, adaptive Hypermedia- und Multimediasysteme sowie Test- und Quizsysteme (Chen et al., 2020).

Die Stastik ist Ausgangspunkt für Learning Analytics (LA). Das Ziel besteht darin, Daten zu erfassen, um das Lernverhalten zu analysieren, besser zu verstehen und zu optimieren (Chen et al., 2020). Mit Hilfe von LA kann u.a. der Lernerfolg von Studierenden vorhergesagt oder proaktiv Feedback über Lernfortschritte gegeben werden (Maseleno et al., 2018).

Educational Data Mining (EDM), als Querschnittsdisziplin, hat ebenfalls das Ziel Bildungsdaten zu analysieren, um bessere Lernergebnisse zu erzielen. Zur Anwendung kommen dabei statistische, ML- und DM-Algorithmen (näheres in Chen et al., 2020). Data Mining unterstützt z.B. bei der automatisierten Chat-Analyse von Support-Anfragen; es kann helfen Lernpräferenzen beim E-Learning oder Muster der Zusammenarbeit von Lernenden zu erkennen (Dutt et al., 2017).

4. Einsatzmöglichkeiten von KI in der (Erwachsenen)Bildung

Auch wenn der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der (Erwachsenen)Bildung bisher auf den testweisen Einsatz in Schulen, Universitäten, und technologiegetriebenen Organisationen limitiert ist, ist zu überlegen, welchen Aufgaben durch KI übernommen werden können. Tabelle 1 zeigt eine Übersicht möglicher Anwendungen (Celik et al., 2022; Berendt, 2020).

KI künstliche Intelligenz

5. Rollen für Lernverantwortliche in der KI-Entwicklung

Um pädagogisch wertvolle KI zu entwickeln, ist die Zusammenarbeit mit Lernverantwortlichen notwendig. Sie stehen der KI Modell und fungieren als Datenquelle. Sie können eigene Daten und Daten von Lernenden zur Verfügung stellen. Lernverantwortliche sind in der Lage Bewertungskriterien zu definieren, die der Künstlichen Intelligenz als Grundlage dienen und sie können die Genauigkeit von KI-Bewertungen überprüfen. Des Weiteren ist die pädagogische Beratung bei der Auswahl von Lernmaterialien relevant und Rückmeldungen zu technischen Fragen, wie das KI-Design oder die Benutzerfreundlichkeit (Celik et al., 2022).

6. Personalisierung von Lernen versus Datenschutz

Um personalisierte Lernerfahrungen zu ermöglichen, sind für das Training von KI-Modellen umfangreiche, mitunter sehr persönliche Lerndaten erforderlich. Modelle können versehentlich Trainingsdaten mit sensiblen Informationen speichern, die in der Datenanalyse sichtbar werden. Eine Verallgemeinerung der Ergebnisse unabhängig von den individuellen Merkmalen der Lernenden kann nicht garantiert werden. Damit ist der Datenschutz der Lernenden gefährdet. Um dem entgegenzuwirken sollte der Zugriff der Lernverantwortlichen auf die Daten der Lernenden beschränkt werden (Chen et al., 2022). Eine weitere Möglichkeit ist, Lernenden die Freiheit zur Teilnahme und damit Dateneinsicht und auch zur Datenlöschung zu geben. Diese Option kann sich jedoch negativ auf die Datenqualität auswirken, denn fehlende Daten bestimmter Lerngruppen können zu Datenbias‘ führen. In jedem Fall sollten Bildungseinrichtungen den Umgang mit Lerndaten transparent gestalten, um Missverständnissen und Bedenken hinsichtlich der Datennutzung entgegenzuwirken (Berendt et al., 2020).

7. Akzeptanz von Künstliche Intelligenz-Technologien

Ein effektiver Einsatz von KI in der Bildung hängt von dessen Akzeptanz bei den Lernverantwortlichen und Lernenden ab. Eine Möglichkeit, Vertrauen in Künstliche Intelligenz zu stärken, besteht darin, durch Experimente die Wirksamkeit von KI-Systemen im Vergleich zu traditionellen pädagogischen Vorgehensweisen nachzuweisen. Dabei sollte man pädagogische Theorien und Philosophien, sowie Bildungsziele (wie z.B. kritisches Denken) diskutieren. Des Weiteren sollten Lernverantwortliche in die Entwicklung von KI-Systemen eingebunden werden, um dessen Praxistauglichkeit und pädagogische Szenarien zu prüfen. Lernverantwortliche benötigen letztendlich ausreichende technische Unterstützung. Hier wäre es sinnvoll zu erkunden, wie menschliche und automatisierte Anleitungen am effektivsten kombiniert werden können, um Lernerfahrungen bestmöglich zu unterstützen (Chen et al., 2022).

8. Ethische Fragen

Gerade in der Bildung sind Künstliche Intelligenz und damit einhergehende Risiken nicht immer offensichtlich (Berendt et al., 2020). Es gibt für den Bildungsbereich Bestrebungen, ethische Richtlinien zu entwickeln (Holmes et al., 2021). Außer der DSGVO gibt es aber noch keine konkret anwendbaren Rahmenbedingungen. Als ethisch bedenklich werden u.a. die Genauigkeit der KI-Diagnosen; die Auswahl von KI-Systemen für pädagogische Settings; Vorhersagen von Lernergebnissen; Fragen der Fairness, Verlässlichkeit und Transparenz; und Einfluss von KI und Lernanalytik auf die Entscheidungsfindung von Lernverantwortlichen diskutiert. Die (bisherigen) ethischen Bemühungen sollten nicht nur datenbezogene Aspekte berücksichtigen, sondern auch menschenbezogene Grundsätze wie z.B. Wohlergehen, Achtung der Autonomie, Schutz der Privatsphäre, Solidarität, demokratische Teilhabe und Gerechtigkeit (Holmes et al., 2021). Einen guten Überblick über Bestrebungen, z.B. der Europäischen Union bieten Nemorin et al., 2020.

7+1 Punkt. Gestalten Sie bitte mit!

… und lesen Sie gerne weiter über Künstliche Intelligenz:

  • Berendt, B., Littlejohn, A., & Blakemore, M. (2020). AI in education: learner choice and fundamental rights. Learning, Media and Technology, 45(3), 312-324.
  • EU High-Level Expert Group on AI. 2019. Ethics Guidelines for Trustworthy AI. Aufgeerufen am 21.12.2019: http://www.ccdcoe.org/uploads/2019/06/EC-190408-AI-HLEG-Guidelines.pdf.
  • Holmes, W., Porayska-Pomsta, K., Holstein, K. et al. (2022). Ethics of AI in Education: Towards a Community-Wide Framework. Int J Artif Intell Educ 32, 504–526.
  • Celik, I., Dindar, M., Muukkonen, H., & Järvelä, S. (2022). The Promises and Challenges of Artificial Intelligence for Teachers: a Systematic Review of Research. TechTrends, 1-15.
  • Chen, X., Xie, H., Zou, D., & Hwang, G. J. (2020). Application and theory gaps during the rise of artificial intelligence in education. Computers and Education: Artificial Intelligence, 1, 100002.
  • Chen, X., Zou, D., Xie, H., Cheng, G., & Liu, C. (2022). Two Decades of Artificial Intelligence in Education. Educational Technology & Society, 25(1), 28-47.
  • Dutt, A., Ismail, M. A., & Herawan, T. (2017). A systematic review on educational data mining. Ieee Access, 5, 15991-16005.
  • Kaplan, A., & Haenlein, M. (2019). Siri, siri, in my hand: Who’s the fairest in the land? On the interpretations, illustrations, and implications of artificial intelligence. Business Horizons, 62(1), 15–25.
  • Maseleno, A., Sabani, N., Huda, M., Ahmad, R. B., Jasmi, K. A., & Basiron, B. (2018). Demystifying learning analytics in personalised learning. International Journal of Engineering and Technology (UAE).
  • Nemorin, S., Vlachidis, A., Ayerakwa, H. M., & Andriotis, P. (2022). AI hyped? A horizon scan of discourse on artificial intelligence in education (AIED) and development. Learning, Media and Technology, 1-14.
  • Statista (2020). Haben Sie selber das Gefühl, die allgemeine Bevölkerung ist ausreichend über die künstliche Intelligenz und deren Auswirkungen informiert? Abgerufen am 15.09.2022: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1195810/umfrage/einschaetzung-des-informationsstands-der-bevoelkerung-zu-ki-in-der-schweiz/
  • UNESCO (2019). The Challenges and Opportunities of Artificial Intelligence in Education. The UNESCO Courier. Abgerufen am 10.11.2019: [URL nicht mehr gültig]

7+1 Dinge über künstliche Intelligenz (KI) in der Bildung

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