Bei der Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen ist der Aufenthaltstitel und/oder Beschäftigungstitel relevant. Der wohl wichtigste dabei ist die Rot-Weiß-Rot-Karte. Ein Blick in die Praxis und auf den rechtlichen Hintergrund.
INHALT
Der Fachkräftemangel am österreichischen Arbeitsmarkt ist in aller Munde und nicht zuletzt aufgrund der Aufhebungen der Corona-Beschränkungen ist die Beschäftigung von Fachkräften aus dem Ausland sowohl innerhalb als auch außerhalb der Europäischen Union für österreichische Unternehmen ein wichtiges Thema.
Rund um die Beschäftigung von Ausländern gibt es eine Menge an Vorgaben aus den Bereichen Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht und Steuerrecht zu beachten. Ohne Auseinandersetzung mit und Beachtung dieser Vorgaben ist von einer Beschäftigung von Ausländern abzuraten, da Gerichtsverfahren, Strafen und Nachzahlungen drohen.
Nachstehend haben wir einige wichtige Aspekte aus dem Bereich Ausländerbeschäftigung zusammengefasst:
Allgemeine Grundlagen
Als Grundsatz gilt: Bewerber und Bewerberinnen aus Drittstaaten benötigen vor Aufnahme einer Beschäftigung in Österreich und während der gesamten Dauer der Beschäftigung einen gültigen Aufenthalts- und/oder Beschäftigungstitel. Kurz gesagt: Ohne entsprechenden Titel/permit – keine Beschäftigung.
Zur Klarstellung: Angehörige von Drittstaaten sind jene Personen, welche weder EU-Bürger noch EWR-Bürgerinnen oder Schweizer-Staatsbürger sind. Handelt es sich demnach um Staatsangehörige, die nicht aufgrund von Unionsrecht aufenthalts- und (arbeits)berechtigt sind, wird ein Aufenthaltstitel benötigt. Unternehmen haben daher stets zu prüfen, ob Drittstaatsangehörige über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügen.
Das österreichische Recht sieht eine Reihe an unterschiedlichen Aufenthalts- und/oder Beschäftigungstitel vor. Der in der Praxis am häufigsten beantragte Titel für Drittstaatsangehörige ist die sogenannte „Rot-Weiß-Rot-Karte“.
Fokus Rot-Weiß-Rot-Karte
Allgemeines und Update
Österreich ermöglicht mit der Rot-Weiß-Rot-Karte Drittstaatsangehörigen, als Schlüssel- und Fachkräfte in Österreich zu arbeiten und längerfristig zu leben. Die Rot-Weiß-Rot-Karte berechtigt in der Regel für eine Dauer von zwei Jahren (mit Möglichkeit eines Verlängerungsantrags) zum Aufenthalt in Österreich und ist zugleich die Arbeitserlaubnis.
Am 1. Oktober 2022 ist eine Novelle des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes in Kraft getreten. Eines der vorrangigen Ziele dieser Novelle war, das Verfahren zur Einstellung von Schlüssel- und Fachkräften aus Drittstaaten zu vereinfachen und die Zulassungskriterien für die Erteilung der Rot- Rot-Weiß-Rot-Karte zu erleichtern. Insgesamt gibt es sieben verschiedene Kategorien der Rot-Weiß-Rot-Karte, wobei sich jede Kategorie an eine bestimmte Zielgruppe, wie bspw. Hochqualifizierte, Schlüsselkräfte, Studienabsolventen, Stammmitarbeiter oder Selbständige, richtet.
Im Folgenden geben wir einen Überblick über die Rot-Weiß-Rot – Karte für besonders Hochqualifizierte, für Fachkräfte in Mangelberufen und sonstigen Schlüsselkräften aus Drittstaaten.
Punktesystem
Antragstellerinnen erhalten nur dann eine bestimmte Rot Rot-Weiß-Rot-Karte, wenn – neben anderen Voraussetzungen – auch eine bestimmte Mindestpunkteanzahl im gesetzlich festgelegten Punktesystem erreicht wird:
- 70 von 100 Punkten für besonders Hochqualifizierte;
- 55 von 90 Punkten für sonstige Schlüsselkräfte; und
- 55 von 90 Punkten für Fachkräfte in Mangelberufen.
Diese Punkte werden nach bestimmten Kriterien vergeben. Es kann in den einzelnen Bereichen jeweils eine maximale Punktezahl erreicht werden, sodass nur mit der Erfüllung eines Kriteriums nicht die gesamte Mindestpunkteanzahl erreicht werden kann. Es ist erforderlich, in mehreren Bereichen Punkte zu sammeln, um insgesamt die Mindestpunkteanazahl zu erreichen. In den folgenden Bereichen können Punkte erlangt werden:
- Ausbildung und Qualifikation,
- Berufserfahrung,
- Alter sowie
- Sprachkenntnisse.
Die Prüfung der Mindestpunkte wird vom AMS vorgenommen.
Durch die Novelle wurden folgenden Erleichterungen beim Punktesystem eingeführt:
- Antragsteller erhalten für jedes halbe Jahr Berufserfahrung einen Punkt (statt wie bisher zwei Punkte pro Jahr).
- Sprachdiplome, die zum Nachweis von Deutsch- bzw. Englischkenntnissen vorliegen, dürfen nicht älter als fünf Jahre sein (bisher ein Jahr).
- Man kann fünf Zusatzpunkte für Englischkenntnisse erlangen, wenn die Unternehmenssprache Englisch ist (gilt lediglich für sonstige Schlüsselkräfte und für Fachkräfte in Mangelberufen).
- Bei den sonstigen Schlüsselkräften werden Punkte für Berufserfahrung vergeben. Diese werden unabhängig davon vergeben, ob die abgeschlossene Berufsausbildung der angestrebten Beschäftigung entspricht.
- Für Fachkräfte in Mangelberufen werden für den Nachweis der Berufsausbildung im Mangelberuf einheitlich 30 Punkte vergeben.
Für besonders Hochqualifizierte
Die Rot-Weiß-Rot – Karte für besonders Hochqualifizierte richtet sich an Drittstaatsangehörige, die besondere Qualifikationen (Studium an einer tertiären Bildungseinrichtung mit einer vierjährigen Mindestdauer, Erfahrung durch Führungspositionen in einem börsennotierten Unternehmen, oder sonstige Fähigkeiten durch Forschungs- oder Innovationstätigkeiten) vorweisen können.
Man muss kein bestimmtes Mindestentgelt bezahlen. Auch ein Ersatzkraftverfahren wird vom AMS nicht durchgeführt. Es ist jedoch zu beachten, dass das inländische Jobangebot der Ausbildung zu entsprechen hat und nur Punkte für zB ein Studium vergeben werden, wenn dieses Studium fachlich zur angebotenen Beschäftigung passt.
Besonders Hochqualifizierte können auch ohne konkretes Jobangebot nach Österreich einreisen. Sie können gemäß § 24a Fremdenpolizeigesetz zum Zweck der Arbeitsuche für bis zu sechs Monate ein Aufenthaltsvisum beantragen. Dieses Visum wird von der Botschaft erteilt, wenn das AMS bestätigt, dass die erforderliche Mindestpunkteanzahl erreicht wird.
Für Fachkräfte in Mangelberufen
Die Rot-Weiß-Rot – Karte für Fachkräfte in Mangelberufen können Drittstaatsangehörige erhalten, wenn der konkrete Beruf in der Liste mit Mangelberufen (sog. „Fachkräfteverordnung“) aufgelistet ist. In Österreich veröffentlicht man jedes Jahr eine neue Liste mit Mangelberufen.
Fachkräfte müssen für die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot – Karte eine einschlägige, abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen. Nicht notwendig ist eine bestimmte Form der Berufsausbildung (zB Lehre), da Berufsausbildungen nicht in jedem Land in derselben Form angeboten werden. Einschlägig kann die Berufsausbildung aber nur dann sein, wenn sie auch hinsichtlich der Dauer mit der entsprechenden Ausbildung in Österreich vergleichbar ist.
Ein Ersatzkraftverfahren ist hier nicht durchzuführen, da bereits durch Verordnungen festgestellt wurde, dass in den angeführten Berufen eine erhöhte Nachfrage an Fachkräften besteht. Ein bestimmtes Mindestentgelt muss man nicht bezahlen. Jedoch hat die Fachkraft Anspruch auf eine betriebsübliche bzw. zumindest eine kollektivvertragliche Entlohnung.
Wenn Bewerberinnen eine entsprechende Ausbildung im Mangelberuf vorweisen können, aber kein Jobangebot in Österreich im Mangelberuf vorliegt, ist die Rot-Weiß-Rot – Karte für Fachkräfte in Mangelberufen nicht geeignet!
Für sonstige Schlüsselkräfte
Die Rot-Weiß-Rot – Karte für sonstige Schlüsselkräfte kann von Drittstaatsangehörigen, die ein Jobangebot in einem Unternehmen in Österreich haben und keine andere Rot-Weiß-Rot-Karte oder sonstigen Aufenthaltstitel vorweisen können, beantragt werden.
Für die Erteilung ist keine einschlägige Berufsausbildung erforderlich, wenn die sonstigen Zulassungskriterien erfüllt sind. Diese Rot-Weiß-Rot-Karte darf nur nach Durchführung einer Arbeitsmarktprüfung in Form eines Ersatzkraftverfahrens erteilt werden.
Besonders wichtig ist, dass es ein Mindestgehalt für die Rot-Weiß-Rot-Karte für sonstige Schlüsselkräfte gibt, das 2.835 Euro brutto pro Monat (für das Jahr 2022) beträgt.
Antragstellung Rot-Weiß-Rot-Karte
Drittstaatsangehörige Bewerber können den Antrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte bei der örtlich zuständigen Botschaft im Heimatland (mit bestimmten Ausnahmen) stellen. Der Antrag kann jedoch auch von inländischen Arbeitgeberinnen in Österreich bei der zuständigen Behörde eingebracht werden (§20d Abs 1 AuslBG). Antragsteller ist auch in diesem Fall der Bewerber. Dem Antrag ist stets eine schriftliche Arbeitgebererklärung beizufügen.
Die örtliche Zuständigkeit in Österreich richtet sich nach dem beabsichtigten Wohnsitz. Deshalb müssen sich Antragsteller bereits vor der Antragstellung auch Gedanken über den Wohnsitz in Österreich machen. In Wien ist die MA 35 zuständig.
Ausreichend Zeit für die Antragstellung einplanen!
Die Novelle hat zwar zu Erleichterungen bei der Punkteerreichung geführt, dennoch ist der administrative Aufwand für Beschäftigung von Drittstaatangehörigen und österreichischen Arbeitgeberinnen sehr hoch. Auch darf nicht vergessen werden, dass Übersetzungen oder Beglaubigungen von Dokumenten einzuholen sind. Für die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen sind ausreichend Zeit einzuplanen und gegebenenfalls Experten beizuziehen, die sich mit der Behördenpraxis und den rechtlichen Feinheiten auskennen, um den Prozess nicht unnötig zu verlängern oder zu verkomplizieren.
Rot-Weiß-Rot-Karte | Beschäftigung aus Drittstaaten – Neuerungen und Praxis-Tipps