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Jobsharing | Passt das auch zu Ihrem Unternehmen? Sind Sie agil genug?

03Feb2023
6 min
Jobsharing

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Agilität ist momentan sehr gefragt. Jedes Unternehmen, das etwas auf sich hält, fordert von seinen Beschäftigten Agilität und unternehmerisches Denken. Doch wie agil sind die Unternehmen selbst?
Wie flexibel können sie auf die aktuellen Veränderungen im Arbeitsmarkt reagieren? Was kann Jobsharing beitragen?

Gast-Autorin „Jobsharing | Passt das auch zu Ihrem Unternehmen? Sind Sie agil genug?“: Sigrid Uray-Esterer (jobtwins)

INHALT

Vom Arbeitgebermarkt zum Arbeitnehmermarkt

Jeder, der sich momentan mit dem Recruitment und dem Suchen von neuen Mitarbeitenden für sein Unternehmen beschäftigt, stellt es fest: neue Mitarbeitende zu finden ist derzeit eine Kunst.

Aber hier sprechen wir noch nicht mal von den ganz besonders fähigen, großartig qualifizierten und erfahrenen Kandidaten. Derzeit ist der Markt so angespannt, dass man froh sein muss, wenn man überhaupt jemanden findet.

Doch dann sieht man sich zusätzlich dazu noch mit enormen Forderungen der sich Bewerbenden konfrontiert.

Tischfußball und Obstkorb haben schon lange ausgedient – gefragt sind viel Geld, viel Freizeit, viel Flexibilität. Handy, Laptop und gratis Kaffee sind eine Selbstverständlichkeit.

Somit sieht sich die HR Abteilung vor ganz neue Herausforderungen gestellt. Denn neben finanziellen Anreizen ist sehr häufig der Wunsch nach weniger Stunden – ist gleich Teilzeitarbeit – vordergründig.

Den Herausforderungen begegnen

Doch wie sollen die Unternehmen ihre Vollzeitstellen, die nun mal eine gewisse Stundenanzahl erfordern, besetzen?

Es sind nicht mehr nur die „Teilzeit-Mamas“, die das Angebot der Elternteilzeit in Anspruch nehmen. Vor allem die junge Generation fordert immer häufiger flexible Arbeitszeiten und/oder Teilzeit mit maximal 4 Tagen Arbeit oder weniger.

Auch ältere Arbeitnehmende nehmen vermehrt die Altersteilzeitregelung in Anspruch. Denn auch diese Beschäftigten stellen bei immer höherer Arbeitsbelastung fest, dass sie nicht mehr gewillt sind, bis zur Pension Vollgas zu geben. Hier wagte die Regierung letztens wieder den Vorstoß auch dieses Modell wieder etwas unattraktiver zu gestalten, indem man die Möglichkeit zum Blocken der Zeiten abschaffen will. [1]

Lösungen gesucht. Jobsharing ist eine davon.

Es lässt sich feststellen, dass man in Unternehmerkreisen beginnt, vermehrt  ein und die selbe Stelle sowohl in Vollzeit als auch in Teilzeit auszuschreiben. Dadurch verspricht man sich mehr Bewerbungen und versucht sich erst dann mit der Teilzeitforderung zu befassen, wenn sie denn gestellt wurde.

Bis dahin hofft man, dass sich die Studie der Zurich Versicherung aus dem Jahre 2020 [2] bewahrheitet und man x% mehr Bewerbungen (oder zumindest überhaupt welche) erhält. Genannte Studie ergab, dass sich bei Ausschreibung von „Offenheit gegenüber Teilzeitarbeit und Jobsharing Möglichkeiten“ deutlich mehr Frauen, aber auch Männer, für die Stellen bewarben. Außerdem wurden die Frauen mutiger und bewarben sich überdurchschnittlich oft auf Führungspositionen.

Doch leider löst dies das Problem mit den benötigten Arbeitsstunden für die Unternehmen noch immer nicht. Eine Vollzeitstelle kann schließlich nicht durch Magie in eine Teilzeitstelle umgewandelt werden. Irgendwer muss die Aufgaben schließlich erledigen, die die Vollzeitposition erfordert.

Ein Lösungsansatz – unter einigen möglichen – ist das Angebot von Jobsharing als flexibles Arbeitsmodell anzubieten. Beim Jobsharing teilen sich zwei Teilzeitarbeitende eine Vollzeitstelle. Sie sind vollumfänglich und vollinhaltlich für die Erfüllung aller Aufgaben und Ziele verantwortlich.

So weit so gut.

Wie kann mir Jobsharing beim Besetzen von Vollzeitstellen helfen?

Das Konzept des Jobsharing ist also recht schnell erklärt, aber wie sieht es mit der Umsetzung aus?

Teilzeit-Mitarbeitende

Bei größeren Unternehmen, die viele Beschäftigte haben, ist die Wahrscheinlichkeit von einigen Frauen (und Männern) in Elternteilzeit sehr hoch. Dazu kommt noch die Nachfrage der Jungen nach mehr Teilzeitarbeit, sowie der ausscheidenden Beschäftigten nach Altersteilzeit.

Jung & alt als Tandem

Bei einer größeren Anzahl an Teilzeitkräften bietet es sich an zu überlegen, ob eine jüngere Person mit einer älteren, erfahrenen Person nicht vielleicht ein spannendes Tandem für eine Vollzeitstelle ergeben könnte. Das bedeutet eine große Chance für alle Seiten. Das Unternehmen besetzt eine anspruchsvolle Vollzeitposition, die ältere und die jüngere Person lernen voneinander und geben Wissen bzw. neue Erkenntnisse weiter – und vielleicht übernimmt die jüngere Person beim Ausscheiden der älteren die Stelle auch in Vollzeit.

Twinning

Diese Abwandlung des Jobsharings nennt sich „Aufbau-Twinning“ oder „Nachfolge-Twinning“, je nachdem welche Voraussetzungen die handelnden Mitarbeiter mitbringen.

Dazu gibt es noch die Möglichkeit zum Beispiel zwei Karenzrückkehrerinnen oder auch zwei Führungskräfte zusammen arbeiten zu lassen. Dies ist dann das klassische „Experten-Twinning“ oder auch „Topsharing“ bzw. „Shared Leadership“.

Jobsharing bietet eine Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten und bietet den Arbeitnehmern flexible Arbeitszeiten je nach Lebensphase.

Wie agil bin ich als Unternehmen wirklich?

Klingt alles zu schön, um wahr zu sein? Vielleicht ein bisschen. Denn bei der Einführung von Jobsharing im Unternehmen bedarf es einiger Schritte, die es zu tun gilt.

Grundsätzlich ist es notwendig, Offenheit gegenüber neuen Arbeitsmodellen zu zeigen. Es ist an der Zeit, unsere alteingefahrenen Prozesse und Strukturen zu hinterfragen. Viele Unternehmen sind noch immer nicht in der Zeit von New Work angekommen und bestehen auf dem Credo: „Das haben wir immer schon so gemacht.“

Über kurz oder lang werden ebendiesen Unternehmen die Mitarbeitenden ausgehen. Denn in einem sich schnell verändernden Arbeitsmarkt sind echte Flexibilität, Schnelligkeit und eben Agilität gefragt. Die Organisationen müssen beginnen Dinge zu testen und auszuprobieren – und sich innerhalb dieser Prozesse flexibel mit den Entwicklungen mit zu bewegen.

Das bedeutet aber nicht, dass sie jedes HR Tool einsetzen und jede App, die auf den Markt kommt, an den Mitarbeitenden ausprobieren sollen.

Es bedeutet einmal eine schnelle Entscheidung zu treffen. Einmal einen Test zu machen. Ein Pilotprojekt zu starten. Und als Organisation zu lernen: Welche Methoden und Prozesse passen zu unserer Kultur, zu unserer Arbeit, zu unseren Produkten? Wie schnell und flexibel kann ich mich auf (neue) Anforderungen einstellen? Wie lerne ich am besten, wie nutze ich vorhandene Ressourcen und wie erreiche ich damit mehr Produktivität?

Das kann Jobsharing

Entscheidet man sich für die Einführung von Jobsharing, um den Mitarbeitenden ein flexibles Arbeitsmodell anzubieten, kann man mit folgenden Effekten rechnen:

  • Zwei Köpfe denken mehr und innovativer als einer. Somit entstehen mehr Produktivität und Innovation.
  • Zwei Personen können einander im Urlaubs-und Krankenstandsfall zu einem gewissen Ausmaß vertreten.
  • Scheidet eine Person aus, ist immer noch eine zweite da, die das Wissen im Unternehmen hält.
  • Jobsharing bietet die Möglichkeit in „echter“ Teilzeit ohne Überstunden aber in einer verantwortungsvollen und herausfordernden Position arbeiten zu können. Das motiviert die Beschäftigten und unterstützt sie, mental und physisch gesund zu bleiben
  • Mehr Frauen haben die Chance nach Karenz & Co. ihre Karrieren ohne „Knick“ weiterführen zu können. Das bringt mehr Frauen für mehr Stunden in den Arbeitsmarkt. Außerdem wird so die (Geschlechter)Diversität in Teams und im Management als solches erhöht.

Anm.d.Redaktion

Wer auf den Geschmack gekommen ist, darf sich auf den Beitrag kommende Woche freuen. Dann geht es um „Job Sharing | Einfach umgesetzt.“ Unter ⇒ Jobsharing haben wir alle Beiträge zum Thema zusammengefasst.

Gast-Autorin für Jobsharing

Sigrid Uray-Esterer (Foto rechts) ist Co-Founder der Jobsharing Plattform JobTwins und arbeitet seit Mitte 2021 gemeinsam mit Gründerin Katharina Miller (Foto links) am Aufbau und Ausbau von Jobsharing in Österreich. Die beiden Mütter von jeweils zwei Kindern sind überzeugt, dass Teilzeitarbeit nicht nur ein besseres Image verdient hat, sondern dass hier noch viele Potentiale unentdeckt sind, die es in Zeiten des Arbeitskräftemangels zu heben gilt.

www.jobtwins.work

Lesen Sie auch rein in den HRweb-Artikel „Job Sharing | Einfach umgesetzt“, der ebenfalls von Sigrid Uray-Esterer stammt.

Jobsharing, Katharina Miller, Sigrid Uray-Esterer

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