Es ist ein weitverbreitetes Lied, in das viele von uns regelmäßig einstimmen. Die Generation Z – die sind so ganz anders als andere Generationen zuvor. Und viel „schwieriger“ aus Sicht von Arbeitgebern, oder? Oder auch nicht. Dieser Artikel teilt ein paar kritische Gedanken zum Generationenthema.
In der HR-Arbeit sind sicher viele mit der Herausforderung konfrontiert, die Erwartungen und Bedürfnisse der jüngsten Generation – der Generation Z – am Arbeitsmarkt zu verstehen. In den Medien wird oft behauptet, dass diese Generation grundlegend anders sei als alle vorherigen und dass Unternehmen ihre Arbeitsweise anpassen müssten, um sie als Talente zu gewinnen und zu halten.
In diesem Artikel möchte ich jedoch versuchen, mal anders zu argumentieren, nämlich damit, dass die Unterschiede zwischen der Generation Z und anderen Generationen gar nicht so groß sind, wie oft behauptet.
Meine drei Hauptargumente? Bitte sehr!
INHALT
Keine anderen Werte, sondern ähnliche
Die Werte der Generation Z unterscheiden sich nicht so sehr von denen anderer Generationen. Studien wie bspw. die des Pew Research Centers ergaben, dass die Generation Z im Allgemeinen ähnliche Werte aufweist wie die Generation vor ihr. Beide Gruppen schätzten Familie, Freunde und Freiheit hoch ein. In Bezug auf politische und soziale Ansichten waren die Unterschiede zwischen den Generationen ebenfalls gering. Und vorhandene Unterschiede in den Werthaltungen konnten eher auf Altersunterschiede als auf Generationsunterschiede zurückgeführt werden. Hier fehlt es jedoch an wirklichen Längsschnittstudien, die die Werteeinstellungen von Generationen im selben Lebensalter historisch vergleichen.
Karriere & Gehalt als Grundbedürfnis
Die Generation Z hat im Vergleich zu früheren Generationen auch ähnliche Karriere- und Gehaltsziele – v.a. was das Ansinnen einer finanziell-sicheren Basis für das eigene Leben angeht. Laut einer Umfrage von Deloitte streben die meisten Mitglieder der Generation Z nach wie vor traditionelle Karrierewege an, wie z.B. einen Hauptjob, indem man sich schrittweise entwickelt. Es gibt keine nachweisbaren breiteren Wünsche nach bspw. mehreren Arbeitsverhältnissen, einem Split zwischen Selbstständigkeit und Unselbstständigkeit oder ähnlichen Konstellationen.
Ja, die Generation Z legt mehr Wert auf Work-Life-Balance, flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, ihre Arbeit von überall aus zu erledigen. Diese Bedürfnisse sind jedoch nicht einzigartig für die Generation Z und werden von vielen Arbeitnehmern aller Altersgruppen geteilt. Die geannten Bedürfnisse treffen heutzutage jedoch auf neue Möglichkeiten. Was ich damit meine? Während man früher noch mühsam nach Stellenanzeigen in der Tageszeitung suchen musste, registriert man sich heute für einen Jobnewsletter und sucht automatisiert in Karriereportalen. Wenn es mehr Möglichkeiten denn je gibt und diese zudem immer einfacher werden, dann wird man auch kritischer bei der Auswahl.
Technologie als Treiber
Technologie hat das Verhalten und damit auch Gewohnheiten der Generation Z beeinflusst, aber nicht ihre grundlegenden Werte und Bedürfnisse verändert. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Generation Z mit Technologie aufgewachsen ist und daher einen anderen Umgang damit aufweist als ältere Generationen. Die Generation Z ist es gewohnt, schnell und direkt über soziale Medien und Messaging-Apps zu kommunizieren. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie nicht die gleichen grundlegenden Bedürfnisse haben wie andere Generationen. Zum Beispiel gibt es Studien, die zeigen, dass die Generation Z genauso viel Wert auf persönliche Interaktionen und Beziehungen legt wie ältere Generationen. Die Art, wie wir diese Beziehungen leben, ändert sich jedoch gegebenenfalls analog zum Zeitgeist.
FAZIT: Generation Z | Viel Lärm um nichts?
Obwohl die Generation Z sicherlich einzigartige Eigenschaften hat, unterscheiden sich ihre grundlegenden Werte und Bedürfnisse nicht so sehr von früheren Generationen. Es gibt eine Menge gemeinsamer Schnittmengen, wenn es um Karriereziele, soziale Bedürfnisse oder Wünsche an den zukünftigen Arbeitsplatz geht. Um persönlich zu werden: Mein Vater ist 1939 geboren. Mein Sohn ist 2016 geboren. Die Welt, in der beide aufwachsen, ist diametral verschieden: Bedürfnisse wie Sicherheit, Wertschätzung, Freiraum, … sind nahezu universell – werden jedoch mit Sicherheit gänzlich anders ausgelebt.
„Die Jugend von heute liebt den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte.“
Dieses Zitat wird oft dem Philosophen Sokrates zugeschrieben, stammt aber aus einer Cambridge Dissertation aus 1907 von Kenneth John Freeman, der ein Stimmungsbild über die antike Jugend anhand damaliger Texte von Gelehrten zog. Trifft dieser Satz aber nicht immer noch genau ins Schwarze? Ist es nicht genau das, was jede Generation über die darauffolgende Generation denkt?
Auf Basis dessen sollten HR-Manager nicht davon ausgehen, dass die Generation Z völlig anders ist als die Generationen vor ihr – sie leben Bedürfnisse im Zeitgeist einfach nur anders aus. HR-Manager sollten sie sich vielmehr darauf konzentrieren, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, die für alle Mitarbeiter attraktiv ist und ihre Bedürfnisse erfüllt – unabhängig von ihrer Generation. Nachwachsende Generationen muss man ggf. anders ansprechen und man sollte ihre Gewohnheiten akzeptieren/tolerieren/nutzen – das macht sie jedoch nicht zu „ganz anderen Menschen“.
Quellen für Generation Z
- Pew Research Center: „Generation Z Looks a Lot Like Millennials on Key Social and Political Issues“ (2019)
- Deloitte: „The Deloitte Global Millennial Survey 2020“
- IBM: „The Next Generation of Innovators: How Gen Z Thinks, Works, and Creates“ (2017)
- Gerd Beidernikl: Wenn du fragst, frag richtig (2023). Wiley.
Tipp
Gerade Mitarbeiterbefragungen können ein unschlagbares Instrument sein, um die junge Generation zu verstehen. Ihre Bedürfnisse zu konkretisieren und mit der individuellen unternehmenseigenen Realität abzugleichen.
Nur: Wenn schon Mitarbeiterbefragung, dann fragen Sie auch richtig. Und genau an diesem Punkt erlaube ich mir ein wenig Eigenwerbung 😉
Gerd Beidernikl (2023): Wenn du fragst, frag richtig: Durch gezielte Mitarbeiterbefragungen zum attraktiven Arbeitgeber werden. Wiley-VCH, ASIN: B0BT4FHTMB, ISBN: 3527511457
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