#metoo – dieser Hashtag hat 2017 rund um dem Prozess gegen Harvey Weinstein weltweit die Aufmerksamkeit auf das Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz – und abseits davon – gerichtet. Seitdem ist die Awareness deutlich gestiegen, was wir persönlich etwa durch zahlreiche Anfragen für Schulungen zu diesem Thema spüren.
Leider ist sexuelle Belästigung immer noch vielerorts ein Problem und nicht immer werden Fälle dazu professionell aufgegriffen und bearbeitet. Dabei gibt es viele einfache Möglichkeiten zur Prävention und auch empfehlenswerte Prozesse zur Bearbeitung von Fällen im Unternehmen.
Sexueller Belästigung vorbeugen
Um sexueller Belästigung vorzubeugen, können einfache Schritte helfen:
Klares Nein zu sexueller Belästigung
Stellen Sie klar, dass in Ihrem Unternehmen keinerlei Fälle von sexueller Belästigung geduldet werden. Entsprechend klare Sanktionen, die gesehen werden, lassen die Menschen im Unternehmen wissen, dass dieses Nein ernst gemeint ist.
Sensibilisierung der Belegschaft
Schulen Sie Führungskräfte und Beschäftigte zu den Formen und Folgen sowie Strategien zur Vermeidung und zum Umgang mit sexueller Belästigung. Vielfach zeigt sich, dass Menschen sexuelle Belästigung in vielen Formen gar nicht als solche erkennen und auch unsicher sind, wie sie im Fall der Fälle agieren sollen. Das trifft auch auf Führungskräfte zu, die mit einer adäquaten Reaktion erstmals überfordert sind.
Meldemöglichkeiten
Einfache Möglichkeiten, Fälle zu melden, sind nicht nur wichtig für die konsequente Aufarbeitung, sondern auch eine wichtige Präventionsmaßnahme. Wenn alle Personen im Unternehmen wissen, dass Betroffenen geholfen und Fälle klar verfolgt werden, dann senkt auch dies die Wahrscheinlichkeit für Vorfälle.
Vorbild sein
Wird bereits Sexismus, etwa in Form von blöden Kommentaren und Witzen, klar angesprochen und abgestellt, und verhalten sich alle auch selbst vorbildlich, dann schafft das eine Kultur, in der Menschen gegenseitig auf sich achten und in der unangenehme Situationen vermieden werden.
Verhaltenskodex
Ein „Code-of-Conduct“ gibt allen Orientierung, was das erwünschte Verhalten am Arbeitsplatz ist. Darin sollte auch der Umgang miteinander und die Anforderungen zur Vermeidung von sexueller Belästigung beinhaltet sein. Damit wissen alle, was erwartet wird.
Professionell mit Fällen umgehen
Trotz der besten Präventivmaßnahmen lässt sich sexuelle Belästigung nicht immer vermeiden. Häufig werden gerade wir in der Beratung erst dann geholt, wenn es bereits Vorfälle gab und diese nicht professionell bearbeitet wurden. Für den Fall, dass sexuelle Belästigung vorkommt, sind folgende Aspekte wichtig:
Abhilfe schaffen
Ein Unternehmen und seine Führungskräfte macht sich auch damit schuldig, dass es unterlässt, im Falle von sexueller Belästigung entsprechend Abhilfe zu schaffen. Betroffene Beschäftigte sind zu schützen und Sanktionen zu setzen, die die Vorfälle ein für alle Mal beenden. Ein „Nicht-Reagieren“ ist in diesem Fall eine Form der Zustimmung oder des Tolerierens und leider ist unserer Erfahrung nach die Beißhemmung – sogar bei schweren Fällen – erschreckend hoch.
Nehmen Sie Fälle immer ernst
Fühlt sich eine Person belästigt, ist sie jedenfalls zu schützen. Dabei ist es unerheblich, wie Sie selbst die Situation wahrnehmen würden. Belästigendes Verhalten wird von Menschen sehr unterschiedlich wahrgenommen und leider werden gemeldete Fälle nur allzuoft herabgespielt. „Da war doch nichts“, „Der ist halt so. Kennst ihn eh.“ Oder „Warum hast du dich denn nicht gewehrt?“ sind Sätze, die Betroffene stark verunsichern und die Erlebnisse relativieren. Doch sich einer Führungskraft anzuvertrauen, ist oft ein großer Schritt und braucht lange. Nehmen Sie diese Schilderungen also immer ernst und sammeln Sie Fakten, aber hinterfragen Sie die Person nicht.
Verbessern Sie die Situation für die betroffene Person und verhindern Sie Wiederholung
Ziel sollte stets sein, die Situation für die betroffene Person zu verbessern und sicherzustellen, dass sich das Geschehene nicht wiederholen kann. Welche Maßnahmen und Sanktionen dafür nötig sind, kann sehr unterschiedlich sein, sollte aber immer diesen zwei Zielen folgen. Dies kann von einem klärenden mahnenden Gespräch in sehr milden Fällen über eine schriftliche Verwarnung, eine Versetzung bis hin zur Entlassung reichen. Wichtig ist, dass Abhilfe geschaffen wird
Unterstützung der Betroffenen und des Teams
Betroffene benötigen meist Personen, die sie stärken und gegebenenfalls auch im Nachgang noch Betreuung. Auch das ganze Team kann in Mitleidenschaft gezogen werden, etwa wenn es Vorwürfe gibt, es hätte niemand unterstützt oder durch einen abrupten Austritt der verursachenden Person. Teamsupervisionen o.ä. sind hier dann anzuraten.
Wichtig ist vor allem, dass spürbare Maßnahmen gesetzt werden. Wenn Beschäftigte sich die Frage stellen, was man denn noch tun müsse, um mit Konsequenzen rechnen zu müssen, dann ist dieser Zeitpunkt verpasst und die Kultur leidet bereits. Lassen Sie es nicht soweit kommen. Denn wir alle wollen in einem Umfeld ohne Diskriminierung und Belästigung unser Bestes geben.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz – Vermeidung und Umgang im konkreten Fall