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Von Flaute und Sturm | HR-Strategie in turbulenten Zeiten

18Aug2023
5 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Die Welt kämpft gegenwärtig mit zahlreichen Herausforderungen. Sehen wir uns an, wie HR positiv ein- oder gegenwirken kann.

Gast-Autoren: Martin Reisenauer & Janosch Erstling, BDO Austria

Die sozialen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen von Corona stecken uns immer noch in den Gliedern, im Osten Europas herrscht Krieg, gedämpfte Konsumbereitschaft führt zu Rezension. Waldbrände, Hitze sowie Dürre lassen die Folgen der Erderwärmung erahnen. Zinssteigerungen gepaart mit einer restriktiveren Kreditvergabe leeren die Auftragsbücher in der Baubranche. Auch im Dienstleistungssektor führen die inflationär bedingt gestiegenen Preise zu einem Rückgang der Nachfrage.

Was bisher geschah

In den vergangenen Jahrzehnten wurde in solchen Phasen häufig mit (massenhaftem) Mitarbeiterabbau reagiert und die Arbeitslosenquote stieg in die Höhe. Vor dem Einsatz dieser „alten“ Managementmethoden wird aktuell gezögert – und dieses Zögern ist durchaus berechtigt. Kündigungen würden zwar eine kurzfristige Entspannung für das Unternehmen bedeuten, mittel- und langfristig wären sie jedoch mit hohen Opportunitätskosten verbunden. Die befürchtete Inflationsspirale ist bislang ausgeblieben; der durch verknappte Gaslieferungen eingeleitete Preisschock scheint überwunden und die Energiepreise erholen sich. Folglich sind steigende Konsumbereitschaft, Wirtschaftsaufschwung und erhöhter Bedarf an Fachkräften lediglich eine Frage der Zeit. Auch unabhängig von der Konjunktur wird das Werben um die besten Köpfe nur zeitweise ruhen. Die Pensionierung der Baby Boomer einerseits und der Wunsch jüngerer Generationen nach mehr Freizeit und weniger Arbeit andererseits wird unabhängig von kurzfristigen Rezessionseffekten eine Bedarfslücke am Arbeitsmarkt zurücklassen und der „War of Talents“ in den nächsten Jahren neue Dimensionen annehmen. Wer hier nicht ins Hintertreffen geraten, sondern explodierenden Personalkosten entgehen möchte, tut gut daran, vorbereitende Maßnahmen zu ergreifen. Es sind dabei zwei Ausgangslagen mit negativem Vorzeichen zu unterscheiden: die akute Gefährdung des Fortbestands des Unternehmens vs. die künftige Verschlechterung der Ertragslage.

Im ersten Fall – der akuten Gefährdung des Fortbestands – gilt es, Schlüsselpersonen und Know-how-Träger zu identifizieren und diese aktiv und so früh wie möglich in die Entscheidungsfindung von Sparmaßnahmen einzubinden. Als besonders effektive Hebel haben sich der einvernehmlich eingeleitete Abbau von Urlaub und Überstunden, der freiwillige Verzicht auf Entgelterhöhungen, Verschlechterungsvereinbarungen sowie Änderungskündigungen im Zusammenhang mit Entgeltreduktionen erwiesen. Auch staatlich geförderte Schulungsmaßnahmen können die Personalkosten temporär entlasten. Kündigungen sollten das letzte Mittel der Wahl bleiben und erst nach eingehender Analyse der Wertschöpfungskette erfolgen, um nicht selbst die eigene Wettbewerbsfähigkeit während eines folgenden Aufschwungs zu untergraben.

Der Faktor Mensch

Sofern jedoch keine akute und existenzielle Gefährdung des Unternehmens besteht, sondern eine Verschlechterung der Ertragslage erwartet wird, sollte der Fokus auf der konsequenten Verschlankung von Prozessen sowie dem Abbau von Bürokratie liegen und die Chance ergriffen werden, sich internen Herausforderungen und Problemen zu widmen. Es entsteht somit eine radikale Fokussierung auf die Wertschöpfung – in folgenden Schritten mit Fokus auf den Faktor Mensch:

  • Identifikation der für die erfolgreiche Geschäftstätigkeit notwendigen Schlüsselpersonen(gruppen)
  • Analyse des aktuellen Zeiteinsatzes und der Kosten der Schlüsselpersonen(gruppen)
  • Identifikation der Motivationsfaktoren dieser Schlüsselpersonen(gruppen)
  • Kostenschätzung zur Veränderung der Motivationsfaktoren

Basierend auf diesen ersten Analyseschritten als Teil einer strategischen Personalplanung können folglich entsprechende Maßnahmen konzipiert werden. Hier lassen sich drei wesentliche Maßnahmenbereiche identifizieren: Jobprofile, Digitalisierung und Teamentwicklung.

In den Bereich der Jobprofile fällt die Evaluierung, welche grundlegenden Fähigkeiten und Kompetenzen für die Umsetzung eines Aufgabenbereichs tatsächlich notwendig sind. Ist es für jede Aufgabe zwingend notwendig mehrsprachig in Wort und Schrift zu sein, studiert zu haben oder genau in diesem Fachbereich mehrere Jahre Erfahrung mitzubringen? Eine eingehende Evaluierung ermöglicht zum einen bisher ungenutzte Pools an potenziellen Mitarbeitenden zu erschließen und zum anderen eine aufgabenorientierte Vergütung.

Digitalisierung

Die Chancen der Digitalisierung mögen im öffentlichen Diskurs bereits einen großen Raum einnehmen, sie sind jedoch in ihrer Implementierung weit davon entfernt, ausgeschöpft zu sein. Durch den Aufbau einer breiten IT-Kompetenz und das Wissen um das Vorhandensein jener digitalen Helferlein (z.B. Forms-Umfragen in Microsoft Teams) können durch viele kleine Schritte Zeitressourcen eingespart werden.

Als letzter Maßnahmenbereich kann eine eingehende Teamanalyse nicht nur zwischenmenschliche Konflikte erkennen und befrieden, sondern ebenso eine klare Rollen- und Aufgabenverteilung schaffen. So können Mitarbeitende im Hinblick auf ihre Talente und Interessen die passende Position im Unternehmen erreichen.  Die Folgen sind neben Effizienzsteigerung eine gelingende Teamdynamik und erhöhte Mitarbeitermotivation. Es empfiehlt sich, jene Positionierungen zusätzlich mit attraktivitätssteigernden Maßnahmen wie der Flexibilisierung von Arbeitsmodellen sowie dem Einsatz kontinuierlicher Evaluierung der Mitarbeiterzufriedenheit zu flankieren, denn Ansätze wie die Ermöglichung von Teil-/Gleitzeit, Home Office und Workation sind nicht nur kostengünstig in der Umsetzung, sondern sparen durchaus Zeit-, Nerven- und Finanzressourcen für Unternehmen und Mitarbeitende.

Durch die gesetzten Maßnahmen freigewordene menschliche Arbeitskraft kann in weiterer Folge an anderer Stelle sinnstiftend und wiederum wertschöpfend eingesetzt werden. Ganz nach dem Motto „Tue Gutes und sprich darüber“ können anschließend mit Employer Branding Kampagnen jene Benefits für die eigene Belegschaft vermarktet werden, um für den „War of Talents“ gerüstet zu sein.

Fazit

Unabhängig von der Ausgangslage eines Unternehmens können somit mit einem personalstrategischen Gesamtkonzept entscheidende Impulse für die Verbesserung der Wertschöpfung gesetzt werden. Über die Effektivität der Maßnahmen entscheidet letztlich die Abstimmung der gewählten Einzelinstrumente aufeinander sowie ein klarer Fahrplan hinsichtlich der für die Umsetzung notwendigen zeitlichen sowie finanziellen Ressourcen. Dann kann sich das Unternehmen darauf verlassen, die Flaute sinnvoll genutzt zu haben und sich gut vorbereitet in die Stürme der nächsten Zeit zu stürzen.

Von Flaute und Sturm | HR-Strategie in turbulenten Zeiten

Gast-Autoren

Martin Reisenauer:
Durch seine Vergangenheit als Unternehmensbewerter, Interims-CFO und Start-up-Coach ist er es gewöhnt, alle Vorgänge im Unternehmen hinsichtlich ihrer Wert(e)orientierung zu beurteilen. Da der langfristige Erfolg jedes Unternehmens vom perfekten Zusammenspiel der handelnden Personen abhängt, hat er sich darauf spezialisiert, Systeme zu analysieren und Personalstrategien für ihre wert(e)orientierte Optimierung zu entwickeln.

Martin Reisenauer, BDO

Janosch Erstling:
Nach Studien der Psychologie, Philosophie und Geschichte versteht und bearbeitet er unternehmerische Herausforderungen in erster Linie als Ergebnis menschlichen Handelns in einer gewachsenen Organisationskultur. Mehrjährige Tätigkeit in der Mitarbeitendenauswahl, im Training und strategischen Personalmanagement helfen ihm heute, die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen im Unternehmen zu verstehen, um mit viel Phantasie einen Rahmen für alle zu entwickeln, in dem gemeinsam Großes geschaffen werden kann.

BDO Austria: www.bdo.at/…/people-organisation

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