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Wie Sie das Dilemma der Gehaltstransparenz lösen

02Nov2023
4 min
Gehaltstransparenz

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Transparenz ist in der heutigen Arbeitswelt ein zentrales Thema, und das Bedürfnis nach Klarheit in allen Bereichen wächst stetig. Dies gilt auch für das sensible Thema Gehalt. 

Während einige die Offenlegung von Gehältern befürworten, warnen viele vor den potenziellen negativen Auswirkungen auf das Betriebsklima. Doch was steckt hinter diesen Argumenten und welchen Einfluss hat Gehaltstransparenz tatsächlich auf Unternehmen?

Gehaltsverhandlungen sind ein wichtiger Bestandteil des Verhältnisses zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden, beim Bewerbungsgespräch beginnend bis zu den jährlichen Mitarbeitergesprächen. Gehaltstransparenz wird häufig als Mittel zur Steigerung der Fairness und Gleichberechtigung am Arbeitsplatz angepriesen. Doch die vollständige Offenlegung von Gehältern birgt große Risiken, die von einer gestörten Teamdynamik bis hin zu einer verringerten Mitarbeiterzufriedenheit reichen.

Gefühl der Ungerechtigkeit

Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass Unternehmen, die versucht haben, eine völlige Gehaltstransparenz einzuführen, oft auf erheblichen Widerstand in der Belegschaft gestoßen sind. Anstatt die Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung zu erhöhen, führte diese Offenheit zu zahlreichen Diskussionen und Unstimmigkeiten innerhalb der Teams. Viele Mitarbeitende fühlten sich ungerecht behandelt, wenn sie erfuhren, wie andere im Vergleich zu ihnen bezahlt wurden.

Ein zentrales Problem ist die menschliche Natur und die Art und Weise, wie wir uns selbst und unsere Fähigkeiten wahrnehmen. Die meisten Menschen neigen dazu, ihre eigenen Erfahrungen und Kompetenzen höher einzuschätzen als die der Mitarbeitenden. Dies kann zu der Überzeugung führen, dass sie mehr verdienen sollten als andere.

Emotionen und Gehalt 

Es geht beim Gehalt nicht nur um Zahlen, sondern auch um finanzielle Wertschätzung. Wer mehr verdient, scheint mehr wert zu sein. Wenn es um Gehaltstransparenz geht, sind diese Emotionen wichtig und beeinflussen das Arbeitsverhältnis entscheidend. Selbst eine nachträgliche Gehaltserhöhung verbessert das Verhältnis zum Mitarbeitenden nicht, wenn er sich immer noch benachteiligt fühlt. Die Frustration über ein niedriges Gehalt entsteht dabei nicht auf der Sachebene, sondern auf der Gefühlsebene.

Auch kulturelle Unterschiede können eine Rolle spielen. In einigen Kulturen führt der offene Umgang mit Wohlstand zu positiven Assoziationen, während in anderen Kulturen Neid und Missgunst die Folge sein können. Jemand aus Amerika mag einen Ferrari in der Straße sehen und sich denken: „Eines Tages werde ich auch so ein Auto fahren.“ Jemand aus Österreich könnte eher den Drang verspüren, das teure Auto zu zerkratzen, denn der andere soll sich auch nicht daran erfreuen. Diese Unterschiede in der Wahrnehmung von Wohlstand sind entscheidend, wenn es um Transparenz im Gehalt geht. Gier und Neid sind starke Emotionen, die hierzulande eng mit dem Thema Geld verknüpft sind.

Transparenz über das System, nicht über einzelne Gehälter

Völlige Transparenz funktioniert in der Praxis in den meisten Fällen nur mit großen Diskussionen und ist häufig kontraproduktiv. Gleichzeitig ist es Aufgabe der Personalabteilung, für ein faires und nachvollziehbares Gehaltsgefüge zu sorgen. Hier ein Überblick, wie Sie dieses Dilemma lösen können und die Kommunikation mit den Mitarbeitenden gestalten könnten:

Was wird transparent gemacht?

  • Existenz eines Gehaltssystems: Es ist wichtig, dass Mitarbeitende wissen, dass es ein strukturiertes und standardisiertes System gibt, in das sie eingereiht werden.
  • Individuelle Einstufung: Jeder Mitarbeitende sollte über seine eigene Position im Gehaltssystem informiert werden. So weiß er, wo er steht und was seine aktuelle Rolle im Unternehmen ist.
  • Einstufungskriterien: Die Kriterien, nach denen die Einreihung eines Mitarbeitenden vorgenommen wird, sollten klar und verständlich kommuniziert werden.
  • Möglichkeiten zur Weiterentwicklung: Mitarbeitende sollten informiert werden, wie sie innerhalb des Gehaltssystems aufsteigen können. Das gibt ihnen eine klare Perspektive und motiviert sie, sich weiterzuentwickeln und ihre Leistung zu steigern.
  • Entwicklung der Rolle: Wie sich die Rolle eines Mitarbeitenden über die verschiedenen Stufen des Gehaltssystems entwickeln kann, sollte ebenfalls transparent gemacht werden. Dies gibt den Mitarbeitenden eine Vision für ihre berufliche Zukunft im Unternehmen.

Was bleibt vertraulich?

  • Bewertung der Einzelkriterien: Während die generelle Einstufung bekannt gemacht wird, sollte die genaue Bewertung der einzelnen Kriterien nicht im Detail offengelegt werden, um überflüssige Diskussionen möglichst zu vermeiden.
  • Gehaltsbandbreiten: Auch wenn die Mitarbeitenden über ihre eigene Einstufung informiert werden, sollten die genauen Gehaltsbandbreiten nicht kommuniziert werden, um Neid und Unzufriedenheit zu vermeiden. Jeder Mitarbeitende fragt sich ansonsten: Warum verdiene ich nicht das höchstmögliche Gehalt der Bandbreite?
  • Gehälter und Einstufungen der Kollegenschaft: Die Einstufung und das Gehalt der anderen sollten aus Datenschutzgründen und zur Wahrung eines harmonischen Betriebsklimas vertraulich behandelt werden.

Durch eine klare und offene Kommunikation können Unternehmen das Vertrauen ihrer Mitarbeitenden in das Gehaltssystem stärken und für mehr Zufriedenheit am Arbeitsplatz sorgen. Während transparente Gehaltssysteme und Karrierestufen vorteilhaft sein können, ist das Teilen konkreter Zahlen in der Regel kontraproduktiv.

Fazit

Gehaltstransparenz ist ein zweischneidiges Schwert. Während sie in der Theorie zu mehr Fairness und Klarheit führen kann, gibt es viele Nuancen zu berücksichtigen. Unternehmen müssen sich fragen, ob die potenziellen Vorteile die möglichen Risiken überwiegen. In der Praxis ist Transparenz selten eine Frage von Ja oder Nein. Es geht darum, sensibel abzuwägen, welche Informationen an die Mitarbeitenden preisgegeben werden, und welche Daten besser vertraulich in der Personalabteilung bleiben.

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