Wenn wir die Praxis unter die Lupe nehmen, stoßen wir immer wieder darauf, dass paradoxe Methoden besonders zielführend sind.
Experten-Interview
Heute nehmen wir Sie mit zu Teambuilding mit Pickerlheft und Onboarding mit einem Brettspiel:
Der Handel, Disney und die Teamentwicklung
Praxis-Lupe von Mag. Manfred Rühl (ITO)
Es sind besondere Zeiten für Menschen mit kleinen Kindern. Die großen Supermarktketten haben eine Marketing-Schiene entdeckt, der man sich als Elternteil nur schwer entziehen kann: Das Pickerl Heft. Die lieben Kleinen sammeln die Klebebilder wir besessen und die braven Eltern freuen sich mit. Was das mit Teamentwicklung zu tun hat? Das wusste ich auch nicht, bevor es eine bedeutende Rolle bei einem Kunden spielte.
Wir (wir arbeiten im Team, Mann und Frau) kommen wie immer in der Früh in den reservierten Seminarraum und bereiten alles für einen Tag Teamentwicklung vor. Dann treffen die ersten Teilnehmenden ein und langsam füllt sich neben unserem Tisch ein weiterer Tisch mit den eben genannten Pickerln für das Disney Album. So gut wie jede Person aus dem recht großen Team bringt die eigene Tauschware zum Seminar mit. Und dann beginnt der große Bazar. Es wird sortiert, gemustert und eifrig getauscht, damit die Kleinen zuhause auch zu ihren fehlenden Bildern kommen. Der Seminarstart verschiebt sich sogar um ein paar Minuten, da einige eifrige Sammler gar nicht aufhören wollen. Schließlich beruhigt sich die Szene und wir sitzen alle im Kreis, um zu beginnen. Die Aufmerksamkeit ist aber definitiv nicht bei uns oder dem Seminarziel. Also was tun?
Wir ändern kurzerhand das Programm und machen aus der Not eine Tugend. Da das Thema ohnehin den Raum füllt, greifen wir es spontan auf und steigen mit den berühmten und bekannten Disney Figuren ein. Ein Sammelalbum zu bekommen ist diesmal ja kein Problem. Also geben wir es im Kreis und stellen die Frage: Welche Figur wärest denn du, wenn du die Hauptfigur eines Disney Abenteuers sein könntest?
Der Plan geht auf. Es entsteht eine wunderbare Kennenlernrunde, die lebendig und tiefgehend ist, da die Wahl des persönlichen Helden auch viel von der eigenen Persönlichkeit zeigt.
Im Abschlussfeedback wird dieser Einstieg dann öfter besonders hervorgehoben. Das spontane Re-Framing einer „Ablenkung“ zu einem Kernelement des Trainings wurde als besonders förderlich für das Teambuilding gesehen. Das eigentliche Thema der Kommunikation und Kooperation ergab sich dann ganz natürlich. Für uns war es eine weitere Bestätigung, dass es auch im Training Setting um das Pacing geht. Auch wenn das einmal bedeuten kann, „Kinderkram“ ernst zu nehmen.
Onboarding mithilfe eines Brettspiels
Praxis-Lupe von Mag. Reingard Winter-Hager (Moodmap®)
Wir begleiteten das HR-Team eines Handelsunternehmens mit mehr als 7000 Mitarbeitenden dabei, deren neue Führungskraft onzuboarden. Nach beinahe zwei Jahren Führungsvakuum war es der Abteilung wichtig, einander rasch kennen und einschätzen zu lernen, ohne den anderen zu „schubladisieren“.
Der erste Schritt des Onboarding-Prozesses war die Einholung eines Auftrags durch das Team UND durch die neue Führungskraft. Miteinander – gleich zu Beginn!
Es folgten unsere Checks aller Beteiligten, um spielerisch Persönlichkeitstendenzen herauszufinden, die anschließend auf Einzel- und Teamebene am „DiversiTable“, dem Spielbrett der Persönlichkeiten, greifbar gemacht wurden.
Ein Live-Workshop begann mit einer Rückschau auf die Höhen und Tiefen der letzten eineinhalb Jahre. Auf dieser Basis wurde mit Wünschen, Erwartungen (persönlich als auch fachlich-kulturell) sowie formulierter Transfer-Vorhaben Stein für Stein die zukünftige Ausrichtung gebaut.
Spielerisches Lernen steckt in unserer DNA. Gerade bei Prozessen, die Frustration und Enttäuschung angeladen haben, kann ein spielerischer Zugang helfen, Veränderungen anzuregen und zu erleichtern. Beim Spiel mit Diversitäten im Team gilt es eine Balance zu wahren zwischen respektvoller Anerkennung auf der einen, Humor und Leichtigkeit auf der anderen Seite. Lachen = Offenheit. Das beinhaltet Offenheit für neue Perspektiven, Erwartungen und Chancen. Und ist somit ein integraler Teil der Professionalität, wie wir sie verstehen.
Im Abstand von einigen Wochen wurden die Transfer-Vorhaben reflektiert, validiert sowie gegebenenfalls angepasst. Abschließend folgte ein letzter Transfer-Check.
Die Kurzfassung des kundenseitigen Feedbacks:
- „Wir fanden uns auf den moodmap® Landkarten wieder. Sowohl typische Verhaltensweisen im Stress, als auch Werte und Stärken sind für uns jetzt sichtbarer. Das hilft uns, einander besser einschätzen zu können, ohne uns gleich in Schubladen zu stecken.“
- „Wir können kritische Momente aus dem Arbeitsalltag nun aus der Vogelperspektive betrachten und unterschiedliche Bedürfnisse besser verstehen. Wir wissen, womit wir einander in Stress versetzen, aber auch, wie wir einander wieder entspannen können.“
- „In den Workshops zeigen wir auch unsere verletzliche Seite her. Das hat das Vertrauen im Team ungemein gestärkt. Damit war es relativ leicht möglich, über heikle oder strittige Themen zu debattieren, ohne einander zu beleidigen.“
- „Wir haben nun Klarheit, wie wir künftig zusammenarbeiten wollen.“
Danke, dass ihr uns mit in eure Praxis genommen habt!
Interviewte Personen
2 Praxis-Lupen | Pickerl-Heft & Brettspiele in der Weiterbildung
Mag. Manfred Rühl
- Consultant, Trainer, Coach
- ITO Individuum Team Organisation GmbH
- Unternehmens-Profil
- wwww.ito.co.at
Maga. Reingard Winter-Hager
- CEO
- Firmenwortlaut moodmap® GmbH
- Unternehmens-Profil
- www.moodmap.com