Beim Transformation Camp 2024 hatten Transformationsbegeisterte, Change Agents, Organisations-entwicklerinnen und Personalentwickler zwei Tage lang die Möglichkeit zu intensivem Austausch, interaktiven Sessions, inspirierenden Keynotes, interessanten Begegnungen und vor allem zum gemeinsamen Lernen.
Autorin: Gloria Warmuth
Event-Bericht
Event-Eckdaten: Transformation Camp | Veranstalter: fifty1 & FHWien der WKW
- Event-Bericht: 26+27apr2024
- Ort: Wien & online
- www.transformationcamp.org
Zu diesem Event gehen auf HRweb gleich 2 Event-Berichte online. Das gibt uns die Möglichkeit, 2 unterschiedliche Blickwinkel zu zeigen!
Der Rahmen
Un-Conference und Open Space
Organisiert und durchgeführt wurde dieses Event von fifty1 in Kooperation mit Studienbereich Human Resources & Organization der FHWien der WKW. Den Rahmen bildete die Un-Conference in Form eines Open Space, der den niederschwelligen Austausch von Expertinnen und Experten zum Ziel hatte, mit einem Design, das wirklich alle Teilnehmenden einlud, beizutragen, sich einzubringen, aber gleichzeitig auch zuzuhören, sich intensiv auszutauschen und gemeinsam zu lernen. Neben geplanten Keynotes gab es Session Slots, für die sich alle eintragen konnten, im Voraus geplant oder spontan während der Konferenz.
In dieses Konferenzdesign einzutauchen und sich darauf einzulassen, dauerte nicht lange. Schnell war ein reger Austausch in den Sessions zu spüren und die Teilnehmenden hatten die 4 Prinzipien verinnerlicht: Die, die da sind, sind die Richtigen. Was passiert, ist das, was hätte passieren können. Es beginnt, wenn die Zeit reif ist. Wenn es vorbei ist, ist es vorbei.
Die Prinzipien des Open Space nahmen den Druck, ermöglichten Diskussionen jenseits eines strengen Zeitkorsetts und führten manchmal dazu, dass wir vor lauter Austausch die Pausen vergaßen. Dies wurde am zweiten Tag aufgegriffen mit dem Hinweis, dass wir auch Murmeltiere sein dürfen, einmal eine Auszeit nehmen können und dass Selbstfürsorge auch ein wichtiger Wert im Open Space ist.
Die Inhalte
Im Dreiklang von Technologie – Organisation – Mensch
Der thematische Spannungsbogen reichte vom Makrokontext von Organisationen, den technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die das zentrale Element dieser Veranstaltung, nämlich Organisationen und ihre Anpassungsfähigkeit, herausfordern, bis hin zur Mikroebene des Individuums in der Organisation und der Frage, wie das Individuum, aber auch das Team von der Transformation beeinflusst werden und diese proaktiv mitgestalten können.
Die Keynotes
Mina Saidze, Heike Mensi-Klarbach, Matthias Horx, Judith Muster
Mina Saidze, KI-Expertin und Autorin des Buches Fair Tech, begeisterte als erste mit ihrer Keynote durch ihre Offenheit und Klarheit, mit der sie die offenen Herausforderungen, die mit der rasanten Entwicklung von KI einhergehen, auf den Punkt bringt. Sie zeigt auf, wie wichtig strenge rechtliche Rahmenbedingungen und ESG-Standards und Strategien (Environmental Social Governance) in Organisationen sind, um eine ethische, inklusive und transparente KI zu gewährleisten. Gleichzeitig weist sie auch auf die Möglichkeiten hin, wie mit People Analytics auf evidenzbasierte Art Kulturentwicklung in Organisationen betrieben werden kann. Die Keynote ist ein Weckruf, in dem auch eine optimistische Zukunftsvision mitschwingt.
Heike Mensi-Klarbach, Head of People and Culture bei Raiffeisen Bank International, nahm das Individuum im Transformationsprozess und die Bedeutung von Menschensensitivität zum Anlass für ihre Keynote. Sehr anschaulich schilderte sie, wie Wertschätzung und Kränkung im Transformationsprozess Hand in Hand gehen. Auch aus ihrer Rolle als Führungskraft und ständige Begleiterin im Wandel gibt sie uns Methoden und Beispiele, wie Wertschätzung gelingen und Kränkung im Veränderungsprozess fruchtbar adressiert werden kann. Vor allem Feedback- und Beteiligungsräume haben sich für Heike Mensi-Klarbach und den Großkonzern als Mittel der Wahl erwiesen.
Der Zukunftsforscher Matthias Horx eröffnete den zweiten Tag des Transformation Camps mit einer durchaus optimistischen Prognose. Der Schmetterling diente ihm als Metapher für Transformation, die er als Auflösung und Neuzusammensetzung beschrieb. Wie die Raupe, die sich „auflöst“ und in völlig anderer Form als Schmetterling aus der Puppe schlüpft. Übertragen auf die Gesellschaft spricht er von Trends, die in den meisten Fällen zu Gegentrends führen. Aber gerade aus diesem Spannungsverhältnis entsteht etwas Neues. Dieses Neue ist nie eine lineare Fortsetzung des Bekannten, sondern entwickelt sich als Synthese aus beidem. Ein schöner Gedanke, der Hoffnung gibt, ja sogar Neugier weckt.
Die Soziologin, Judith Muster schließt das Transformation Camp mit einer wortgewaltigen Keynote und einem Plädoyer für die Menschlichkeit in Organisationen. Mit streitbaren Thesen startet sie in ihre Keynote und löst sie mit einer wunderbaren Leichtigkeit auf. Organisationen neigen dazu ungelöste strukturelle Probleme Personen zuzurechnen. Diese Personalisierung von Problemen dient Organisationen dazu vorhandene Strukturen in Organisationen zu erhalten und nicht zu hinterfragen. Oftmals sind es aber genau diese Strukturen (formeller wie auch informeller Art), die die Ursache des Problems sind. Ihr Tenor, wenn wir den Blick konsequent auf diese Strukturen lenken, die Strukturen und Regeln geschickt gestalten, lösen sich viele Probleme, die nur scheinbar die Ursache in der Person haben. Gleichzeitig werden Organisationen dadurch humaner.
Die Un-Conference Sessions
Neben diesen inspirierenden Keynotes hatten die Teilnehmenden eine riesige Auswahl von insgesamt 27 verschiedenen Sessions in insgesamt 5 Session-Slots. Einziger Wermutstropfen: Ich konnte nicht an allen Sessions teilnehmen.
Der Spannungsbogen reichte von Organisationsbeispielen, die ihre Transformationsreise beschrieben:
Unter anderem A1 mit ihrer Session zur Organisation mit eingebauter Transformationsfähigkeit, in der sie von Widerständen, Transformationsfähigkeit und einer anti-fragilen Organisation berichteten, oder die ÖBB-Infrastruktur, die vor dem Hintergrund einer anstehenden Pensionierungswelle Diversität als großes Potenzial erkennt und mit proaktiven und kreativen Personalentwicklungsmaßnahmen Diversität in der Belegschaft fördern will und muss.
Auch die Regionalmedien Austria, die mit einer rollenbasierten Kreisorganisation mehr Eigenverantwortung, effizientere Meetingformate und flexible, bereichsübergreifende Organisationsstrukturen entwickeln, teilten ihre Erfahrungen in einer eigenen Session.
Gelato for Future begeisterte mit der Umstrukturierung eines Traditionsunternehmens in ein modernes Unternehmen, das auf Demokratie, Regeneration und Gehaltstransparenz setzt. Auch der MANZ Verlag, die Caritas, gohubs, Asfinag, ÖAMTC, Zeiss und AXA Versicherungen teilten ihre Erfahrungen aus der Transformationsarbeit mit vielen begeisterten Teilnehmenden.
Über Themen, die sich allgemein mit dem Transformationsprozess beschäftigten und/oder Elemente daraus diskutierten:
Wie zum Beispiel spannungsbasiertes Arbeiten und psychologische Sicherheit im Team. Das spielerische Erleben eines Transformationsprozesses in Form einer Simulation mit einer beweglichen Platte und Holzfiguren sowie Methoden, die Transformationsarbeit erleichtern, wie SYKK-Methoden oder ein agiles Kartenspiel, das Agilität spielerisch erlebbar macht.
Hin zu Transformationsthemen rund um Diversität und soziale und ökologische Nachhaltigkeit:
Diversity und die damit verbundenen Widerstände, Gehaltstransparenz und Equal Pay, Barrierefreiheit/Access Ability, Menschlichkeit, Macht und Ohnmacht im Transformationsprozess. Darüber hinaus gab es eine Session zu innovativen Dialogen zur Stärkung der Nachhaltigkeitskommunikation und zur Förderung der Transformation.
Die Vielfalt der Themen, der inspirierende Austausch mit so vielen spannenden Menschen wird noch lange nachschwingen. Und eines ist sicher, das Transformation Camp 2024 wird nicht das letzte gewesen sein.
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