Das Konzept der Workation – eine Mischung aus Arbeit und Urlaub – hat in den letzten Jahren stark an Popularität gewonnen.
In unserem Interview mit Marcus Christopher Schulz (Managing Partner der DELTACON Executive Search), selbst begeisterter Verfechter der Workation, erfahren wir mehr über die Vorteile, Herausforderungen und Best Practices dieses innovativen Arbeitskonzepts.
Interview-Partner
Marcus Christopher Schulz ist Managing Partner der DELTACON Executive Search. Er verantwortet die Branchen Einrichtung, Beleuchtung und Consumer Electronics und leitet unser Büro in Wien. Neben seiner zertifizierten Beratertätigkeit (CMC) verfügt er über 12 Jahre operative Geschäftsführungs- und Generalmanagementerfahrung innerhalb der Möbel- und Consumer Electronics Branche.
Wie kann Workation funktionieren?
Workation ist eine großartige Sache, denn heutzutage ist erstklassige Performance nicht mehr zwangsläufig ortsgebunden. Bei aller Freiheit darf die Leistung jedoch nicht leiden, weshalb im Rahmen von Workation und externen Arbeitsplätzen Ziele und Performance nicht aus den Augen gelassen werden dürfen. Schlussendlich zählen das Ergebnis und der Output. Wir sehen aber, dass Arbeitnehmende im Gegenzug zur örtlichen Freiheit beispielsweise auch bereit sind, noch flexibler in ihrer Erreichbarkeit zu sein.
Klare Regeln für die Erreichbarkeit und Meeting-Zeiten zu vereinbaren – und natürlich auch einzuhalten – ist daher Grundvoraussetzung für funktionierende Workation-Ansätze. Eine dauerhafte „Fernbeziehung“ über Jahre ist ohnehin auch in der Workation nicht zu empfehlen. Persönliche Treffen sollten daher regelmäßig anberaumt und Mitarbeitenden stets eine gemeinsame Home-Base mit Wohlfühlfaktor geboten werden. Es gilt jedenfalls, diese Möglichkeit der Arbeitsortflexibilisierung individuell direkt anzusprechen und offen im Team zu diskutieren.
Welchen Tipp haben Sie…
…dass weder Work noch Vacation überhand nimmt und beides seinen Platz findet?
Man muss sich stets im Klaren darüber sein, dass Workation eine Mischform zwischen Arbeit und Urlaub ist. Workation kann in vielen verschiedenen Formen und Varianten gelebt werden, braucht allerdings immer klar strukturierte, transparent kommunizierte Arbeits- und Auszeiten. Ein nachmittäglicher Ausflug auf den Spielplatz, am Abend geht es wieder an die Arbeit. Vormittags Meetings per Videokonferenz, nachmittags ruft der Strand. Oder flexibles produktiv-ungestörtes Arbeiten im romantischen Häuschen auf dem Land statt Hektik im heißen Großstadtbüro.
Das Konzept ist vielseitig, kann aber nur dann funktionieren, wenn die Spielregeln zu Arbeits- und Erreichbarkeitszeiten vorab gemeinsam durchgesprochen und abgesegnet werden – angepasst auf die Rolle der verreisenden Person, der Teamstruktur und Firmenkultur. Neben der zeitlichen Struktur ist auch die Infrastruktur entscheidend, damit sowohl Work als auch Vacation Platz finden. Die für die Arbeit benötigte Technik muss einwandfrei funktionieren und ein ruhiger Rückzugsort sollte vorhanden sein. Dann steht dem Vorhaben nichts mehr im Wege, die Workation Experience mit den vereinbarten Regeln auszuprobieren und diese gegebenenfalls auch anzupassen.
Macht Workation auch für Führungskräfte Sinn?
Auf Distanz zu führen benötigt gegenseitiges Vertrauen. Besonders auch in der Workation. Ob man sich das auch als Führungskraft (zu)traut, kommt immer ganz auf das Team, die Art der Tätigkeit und die persönlichen Präferenzen an. Im Regelfall empfiehlt es sich für Führungskräfte, auch während des Großteils der Vacation-Zeit grundsätzlich erreichbar zu sein. Arbeitet man kollegial, respektvoll und vertrauensvoll miteinander, endet diese gesunde Beziehung nicht an den Grenzen des Büros oder der Wohnungswand. Benötigt die jeweilige Position auch keinen ständigen persönlichen Kontakt oder Austausch in Echtzeit, dann könnte diese Konstellation prädestiniert sein für Workation.
Ist sie heutzutage ein Must-have oder ein Nice-to-have
…um ein attraktiver Arbeitgebender zu sein?
War zunächst Arbeitszeitflexibilität im Fokus, so gewinnt auch die örtliche Freiheit für Arbeitnehmende zunehmend an Bedeutung. Was vor drei Jahren noch ungewöhnlich war, ist heute bereits zur Normalität geworden. Workation kann eine tolle Möglichkeit sein, die Mitarbeitermotivation zu pushen und das Arbeitsumfeld zu bereichern. Sie ist aber kein Muss und sollte unter Berücksichtigung der Bedürfnisse, Präferenzen und Wünsche aller Seiten betrachtet werden. Mitarbeitende, denen das Zwischenmenschliche besonders wichtig ist, sollten immer die Freiheit haben, ganz nach ihren persönlichen Präferenzen die konventionelle Arbeitsweise ohne Workation zu wählen.
In welchem Ausmaß sollte es angeboten werden?
Unternehmen sollten ihren Workation-Ansatz immer gemeinsam mit ihrer Home Office Regelung betrachten. Als Faustregel empfehle ich, dass der kumulierte Anteil an Workation plus Home Office 50 % der Gesamtarbeitszeit nicht überschreiten sollte. Innerhalb dieser 50 % kann der Anteil an Workation und Home Office jedoch flexibel gestaltet werden, wenn es die individuellen Aufgaben zulassen. Ein Ausmaß von mehr als der Hälfte der Arbeitszeit kann einen nachteiligen Impact auf die Kooperation und das Zusammengehörigkeitsgefühl im Team nach sich ziehen. Außerdem würde sich die Beziehung zwischen Mitarbeitenden und Unternehmen bei noch mehr Zeit „away from the office“ schon eher Richtung Freelancer-Ebene bewegen.
Regionale Einschränkungen
Würden Sie – von Unternehmens-Seite – regionale Einschränkungen vorschlagen?
Wo sich eine Person während ihrer Workation aufhält ist eigentlich unbedeutend und sollte eine persönliche Entscheidung bleiben. Ich empfehle jedoch bei der Wahl der Destination stets die Zeitverschiebung zu bedenken. Am sinnvollsten, einfachsten und produktivsten ist es erfahrungsgemäß, wenn sich die verreiste Person, das Team im Office und die Führungskraft innerhalb von zwei bis drei Zeitzonen befinden. Auch größere Zeitverschiebung kann prinzipiell mit Kreativität und Flexibilität natürlich überbrückt werden, solange es die Produktivität und Performance der Person auf Workation nicht beeinträchtigt. Entscheidend ist jedenfalls auch hier der respektvolle, professionelle Umgang mit dem persönlichen Netzwerk und den technischen Möglichkeiten im Einklang mit den festgelegten Rahmenbedingungen.
Vorteile und Challenges
Welche Vorteile und Challenges sehen Sie in dieser Arbeitsort-Flexibilisierung?
Örtliche Flexibilität kann ein Unternehmen nicht nur zu einem noch attraktiveren Arbeitgebenden machen, sie kann zudem ein beachtlicher Motivationsfaktor für bestehende Mitarbeitende sein und die Lebensqualität der Personen deutlich erhöhen. Auch wenn die Arbeit geografisch weit weg ist, kann die Freiheit von Workation und die damit verbundene Wertschätzung sogar zu einer noch stärkeren Verbindung mit dem Unternehmen führen.
Außerdem besteht die Chance, Mitarbeitenden dank der flexiblen Workation-Kombination aus Arbeits- und Freizeit wieder vermehrt die Sinnhaftigkeit in einer Vollzeittätigkeit im Vergleich mit Teilzeitmodellen zurückzugeben. Die Herausforderung dabei ist es, im Team generell den fairen Umgang mit der vereinbarten Arbeitszeit und das Einhalten der festgelegten Regeln zu etablieren.
Um sich außerdem nicht aus den Augen zu verlieren und die Performance zu halten, braucht es guten Teamspirit und viel Kommunikation. Bedenkt man, dass Mitarbeiterzufriedenheit einer der wichtigsten Voraussetzungen für ein funktionierendes Business ist, so hat Workation das Potenzial, ein Schlüssel zum Wohlbefinden der Mitarbeitenden und gleichzeitig zum Erfolg des Unternehmens zu sein.
Workation | Die perfekte Symbiose aus Job und Erholung