Die ESG-Reportingpflichten gelten für viele Unternehmen ab dem Jahr 2024. Dabei wird die bisherige Non-Financial Reporting Directive (NFRD) erheblich erweitert. Im Zuge dessen müssen eine Vielzahl von Zielen und Maßnahmen festgehalten sowie umgesetzt werden.
Für die betroffenen Unternehmen ist es daher essenziell, sich rechtzeitig (also jetzt) mit der Thematik auseinanderzusetzen und eventuell einen „Dry-Run“ zu starten, um letztendlich alle Vorgaben bezüglich ESG-Reporting erfüllen zu können.
Gast-Beitrag von Birgit Meyer und Victoria Resch, BDO Austria
Auf Basis einer Studie von BDO Deutschland und Kirchhoff Consulting für den DACH-Raum
Fokus auf Diversität und Inklusion
Dieses Reporting trägt nicht nur zur Transparenz bei, sondern steigert auch die Wettbewerbsfähigkeit aufgrund einer attraktiven Arbeitgebermarke. Wir betrachten im folgenden Beitrag ausschließlich den Bereich Social – konkret Diversität und Inklusion – da sich die dazugehörenden Maßnahmen über den gesamten Employee Life Cycle erstrecken und sich daher mit verschiedenen Leistungen aus dem Bereich People & Organisation unterstützen lassen.
Zahlen, Daten, Fakten – ein Bekenntnis zur Vielfalt
Die BDO Kirchhoff Studie „Diversity – Reporting zur Vielfalt“, die im Jahr 2024 durchgeführt wurde, bietet die Datenbasis für unsere Betrachtung. In Österreich definieren 95% der Leitindex-Unternehmen Diversität, Chancengleichheit, Vielfalt und Gerechtigkeit als wesentliche Themen. Bereits 60% der Unternehmen formulieren Diversitätsziele gemäß den European Sustainability Reporting Standards (ESRS).[1] Daraus ist erkennbar, dass das Thema Diversität und Inklusion von hoher Relevanz ist, was wir ebenfalls in unserer täglichen Arbeit bestätigen können. Neu sind für die meisten Unternehmen die Berichtserstattungspflicht sowie die Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen, um die Ziele auch zu erreichen.
[1] Vgl. Diversity – Reporting zur Vielfalt (2024), S.7.
Diversitätsmanagement
Im Hinblick darauf, wie österreichische börsennotierte Unternehmen das Diversitätsmanagement handhaben und die Verantwortung aufteilen, ist zu beobachten, dass nur 15% der Unternehmen eine Person in der Organisation als Diversitätsmanager ernannt, 10% die Verantwortung im Vorstand und 5% im Aufsichtsrat angesiedelt haben.[1] Anhand dieser Zahlen ist erkennbar, dass Diversität zwar als wichtiges Thema gesehen wird, jedoch im Bereich Diversitätsmanagement noch Potenzial auszuschöpfen ist. Bei nicht börsennotierten Unternehmen gibt es aktuell unterschiedliche Ansatzpunkte bezüglich der Verantwortlichkeit. Diese ist meist im Bereich Finanz oder Personal angesiedelt oder es gibt bereits Nachhaltigkeitsmanagerinnen. Die Entscheidungen orientieren sich aktuell stark an den vorhandenen Strukturen der Organisation.
[1] Vgl. Diversity – Reporting zur Vielfalt (2024), S.5.
Diversitätskategorien
Betrachtet man die Diversitätskategorien Geschlecht, Alter, kulturelle Diversität, sexuelle Orientierung und Neurodiversität ergeben sich unterschiedliche Erkenntnisse. Der allgemeine Frauenanteil in österreichischen Leitindex-Unternehmen liegt bei 34,2%. Das zeigt einen eher geringen Wert und bestätigt unsere Bemühungen, Frauen dabei zu unterstützen, in Führungspositionen zu gelangen.
In Bezug auf das Alter wurde (über alle DACH-Leitindex-Unternehmen hinweg) festgestellt, dass 18,6% der Mitarbeitenden unter 30 Jahre alt sind, 57,1% zwischen 30 und 50 Jahren und 24% sind über 50 Jahre alt. Diese Zahlen verweisen auf die Tatsache des demografischen Wandels sowie des Aufeinandertreffens der vielen unterschiedlichen Generationen am Arbeitsmarkt. Unternehmen sind gefordert, eine offene, flexible und wertschätzende Kultur und Werte zu etablieren, um eine gute Zusammenarbeit zu gewährleisten.
Im Hinblick auf die kulturelle Diversität geben 81,3% der befragten DACH-Unternehmen an, dass sie kulturelle Diversität als Bereicherung sehen, was als hohe Offenheit für dieses Thema gewertet werden kann.
Durchschnittlich 75% der befragten Unternehmen in Österreich thematisieren die Kategorie sexuelle Orientierung, wobei die Hälfte davon ebenfalls die Bereicherung einer vielfältigen Belegschaft hervorhebt. Wird die Diversitätskategorie Neurodiversität beleuchtet, geben 10% der österreichischen Leitindex-Unternehmen entsprechende Daten preis [1]. Unserer Erfahrung nach sind Unternehmen dann erfolgreich, wenn Teams in vielen Kategorien möglichst divers gestaltet sind, um von den unterschiedlichen Talenten profitieren zu können.
[1] Vgl. Diversity – Reporting zur Vielfalt (2024), S.11-13.
Strategie und Ziele
Gemäß der European Sustainability Reporting Standards müssen Ziele ergebnisorientiert, messbar sowie zeitbezogen formuliert werden. In Bezug auf Strategien und Ziele verfolgen 96,3% der untersuchten DACH-Unternehmen mindestens ein diversitätsbezogenes Ziel in ihrer ESG- oder Unternehmensstrategie. In diesem Zusammenhang formulieren bereits 72,5% der untersuchten Organisationen ihre Ziele entsprechend der ESG-Standards.[1] Das deutet darauf hin, dass sich zumindest die börsennotierten Unternehmen gut vorbereiten und es gewohnt sind, Reportinganforderungen umzusetzen. KMU haben hier sicherlich noch Nachholbedarf.
[1] Vgl. Diversity – Reporting zur Vielfalt (2024), S. 7.
Maßnahmen
Um eine Förderung potenziell benachteiligter Gruppen zu ermöglichen und Diskriminierung am Arbeitsplatz zu verhindern, benötigen Unternehmen zusätzliche Informationen, aus denen Ziele und Maßnahmen abgeleitet werden [1]. Diese können in Form von z. B. Schulungen und Sensibilisierungen in regelmäßiger Form angeboten werden, um Mitarbeitenden zu helfen, verschiedene Arten von Diskriminierung zu erkennen und zu vermeiden. Darüber hinaus müssen Meldesysteme eingeführt und Mitarbeitende darüber informiert werden, damit sie sich angstfrei über Bedenken und Diskriminierungsvorfälle äußern können. Das gelingt mithilfe von Feedbacksystemen, anonymen Beschwerdemanagementsystemen oder regelmäßigen Mitarbeiterbefragungen. So kann dazu beigetragen werden, eine diverse Arbeitsumgebung zu schaffen.
Zusammenfassend können wir feststellen, dass die Berichterstattung für viele Unternehmen ein sehr komplexes Thema mit hohem Aufwand darstellt. Die ESRS tragen zum einen zu einer höheren Transparenz in der Nachhaltigkeitsberichterstattung bei und zum anderen soll „Green Washing“ dadurch vermieden werden.
Um die Anforderungen im Bereich Sustainability (S1-1-17) in den Unternehmen umsetzen zu können, müssen Maßnahmen entlang des gesamten Employee Life Cycles etabliert werden. Diese beginnen bei einer langfristigen Personalbedarfsplanung, einem nachhaltigen Recruiting sowie entsprechendem Up- und Reskilling von Mitarbeitenden und erstrecken sich über eine gerechte Entlohnung samt attraktiven Benefits, um die Belegschaft langfristig in der Organisation zu halten sowie diese auf Augenhöhe aus dem Unternehmen zu begleiten.
All das sind Maßnahmen, deren Einführung mit Veränderungen bestehender Prozesse einhergeht und die daher mit entsprechendem Change Know-how begleitet werden sollten. Was am Ende der Berichtsperiode zählt, ist, dass die Maßnahmen entsprechend gestaltet werden, um die vorher gesteckten Ziele zu erreichen. So gelingt es Unternehmen, nicht nur den Berichtspflichten zu entsprechen, sondern auch im besten Sinne des Wortes nachhaltigen Mehrwert für die Mitarbeitenden zu schaffen.
[1] Vgl. Diversity – Reporting zur Vielfalt (2024), S.16.
Gast-Autorinnen
Birgit Meyer, Managerin bei BDO Consulting, ist Expertin im Bereich Executive Search, Personaldiagnostik und Employer Branding. Sie verantwortet den Bereich „Recruiting und Employer Branding“ und unterstützt Kundinnen dabei, die entsprechenden Talente zu gewinnen und diese in der Organisation zu halten. Dabei sind ihr persönliche Beziehungen zu ihren Kunden wichtig, um die jeweilige Kultur und Arbeitsweise der Unternehmen verstehen zu können. Außerdem setzt sie auf eine wertschätzende Kommunikation mit den Kandidatinnen, um einen professionellen Ablauf zu gewährleisten.
Victoria Resch ist Consultant bei BDO Consulting im Bereich Recruiting und Employer Branding. Sie bringt ihre Expertise im Executive Search, in der Personaldiagnostik, in der Recruiting Beratung sowie im Employer Branding ein. Dabei achtet sie auf eine entsprechende Übereinstimmung von Unternehmens- und Kandidatenwerten und schafft nachhaltige Lösungen. In ihrer Arbeit legt sie viel Wert auf einen transparenten, authentischen und wertschätzenden Austausch mit Kundinnen und Kandidaten.
Quelle
[1] Die gesamte Studie finden Sie hier: Diversity – Reporting zur Vielfalt 2024.
Wie gut sind österreichische Unternehmen/Betriebe auf das (E)S(G) Reporting vorbereitet?