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Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz | Mental Health für mehr Motivation

29Aug2024
8 min
Mental Health, mentale Gesundheit

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Zufriedene Teams, gesunde Mitarbeitende, Dienstfahrräder, pi pa po. Alles da, alles im Fokus. Wie steht es aber um die mentale Gesundheit / mental Health?

Vor allem: wie steht es um den klaren & bewussten Fokus auf mentale Gesundheit bei den Mitarbeitenden? In einem Experten-Interview höre ich mich um:

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Im Fokus von Unternehmen

Wie sehr ist die mentale Gesundheit der Belegschaft im Fokus von Unternehmen?

Mag. Paul Bischofberger (Team|Manufaktur):

Aus meiner Sicht könnte die Bandbreite hier kaum größer sein – ich denke bspw. an einen kleinen Handwerksbetrieb mit knapp 20 Mitarbeitenden und einem ca. 50jährigen Eigentümer, der mich mit großen Augen anschaut, wenn ich Begriffe wie mentale Gesundheit in den Ring werfe, und dann gibt es wieder Mittelständler mit mehreren hundert Mitarbeitenden, die hierzu aufwendige Programme installiert haben.

Mit Blick auf die demographische Situation ist allerdings klar, dass sich keine Organisation, egal wie groß oder klein und wie professionell oder sagen wir hemdsärmelig aufgestellt, diesem Thema entziehen wird können.

Tina Seitner (GoodHabitz):

Leider noch nicht so sehr, wie es notwendig wäre. In unserer Studie zum Thema mentale Gesundheit am Arbeitsplatz haben wir herausgefunden, dass jede und jeder vierte Arbeitnehmende in Österreich sich unwohl dabei fühlt, im Job über psychische Probleme zu sprechen. Besonders für das Wohlbefinden ist die Möglichkeit der Mitarbeitenden, ihre Fähigkeiten zu entfalten und beruflich zu wachsen. Wir fanden heraus, dass 75 Prozent der Mitarbeitenden in österreichischen Unternehmen einen Zusammenhang zwischen ihrer Arbeitszufriedenheit und dem eigenen generellen Wohlbefinden sehen. Arbeit ist ein zentrales Element in unserem Alltag und sollte dieser Rolle auch gerecht werden. 

Erich Nepita (LHH|OTM):

Die mentale Gesundheit der Belegschaft gewinnt zunehmend an Bedeutung, allerdings ist sie immer noch nicht ausreichend im Fokus vieler Unternehmen. Neben den finanziellen und karriererelevanten Themen sollten auch mentale UND die emotionalen und Aspekte des Wohlbefindens berücksichtigt werden. Eine positive Mitarbeitermotivation und das Schaffen eines gesunden Arbeitsumfelds sind eng mit der mentalen Gesundheit verbunden und können zu höherer Produktivität und Zufriedenheit führen.

Es ist wichtig, dass Führungskräfte eine aktive Rolle bei der Förderung der mentalen Gesundheit ihrer Mitarbeitenden einnehmen. Sie sollten ein offenes und unterstützendes Klima schaffen, in dem Stressbewältigung und der Umgang mit mentalen Belastungen offen besprochen werden können. Regelmäßige Kommunikation und persönliche Gespräche sind hierbei essenziell, um die Bedürfnisse und Herausforderungen der Mitarbeitenden zu erkennen und individuelle Lösungen zu finden.

Es ist entscheidend, dass Unternehmen die mentale und emotionale Gesundheit und Mitarbeitermotivation als strategisch wichtige Themen anerkennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Dies beinhaltet auch die Schaffung einer Unternehmenskultur, die das Wohlbefinden der Mitarbeitenden unterstützt und Selbstfürsorge und mental Health als wichtige Säulen des Erfolgs betrachtet.

Haupt-Einflussfaktoren

Welches sind die Haupt-Einflussfaktoren auf mentale Gesundheit am Arbeitsplatz?

Marcin Świerkocki (MDI ):

Autonomie, verstanden als die Freiheit, die Art und Weise zu wählen, wie das Endergebnis erzielt wird, ist ein Hauptfaktor. Das ermöglicht es den Mitarbeitenden zu fühlen, dass sie gehört werden und dass ihre Berufe und Aufgaben wichtig sind. Würden Führungskräfte ein wenig mehr loslassen und mehr Empathie sowie Vertrauen ihren Teammitgliedern gegenüber zeigen, wäre dies förderlich.

Zusätzlich sind eine empathische Haltung von Führungskräften und Vorgesetzten sowie die Möglichkeit, seine Meinung offen zu äußern, einschließlich kritischer Ansichten über die Arbeitsbedingungen, Schlüsselfaktoren für die Schaffung eines psychologisch sicheren Arbeitsplatzes. Angesichts der Vielfalt der Belegschaft führt der bloße Vorschlag, Programme zur Förderung körperlicher Aktivität zu nutzen, nicht direkt zur Unterstützung bei psychischen Gesundheitsproblemen. Das Problem erfordert einen ganzheitlicheren Ansatz und die Ergänzung des Bereichs der psychischen Gesundheit um andere Aspekte.

Tina Seitner (GoodHabitz)

Meiner Meinung nach haben die Arbeitsbelastung, Arbeitsumgebung, Arbeitsplatzkultur und die Führungskraft die größten Auswirkungen. Laut unserer Studie geben zudem ein Drittel der Beschäftigten in Österreich an, dass ihr derzeitiger Arbeitgeber nicht genug in die zukünftigen (internen) Karrieremöglichkeiten investiere. Es ist wichtig, ein Klima der Chancen zu schaffen und den Mitarbeitenden alle Türen offen zu halten. Denn der Mangel an Investition in berufliche Entwicklungsmöglichkeiten kann zu Frustration, Unsicherheit und einem Gefühl der Stagnation führen, was sich negativ auf die mentale Gesundheit auswirken kann. Trainings zu Zeitmanagement, Resilienz, Kommunikationsfähigkeit und Teamwork können helfen, besser mit Stress umzugehen, die Kommunikation zwischen Team und Führungskraft zu stärken und eine optimale Arbeitszeiteinteilung zu gewährleisten. 

Welchen Einfluss hat Home Office auf Mental Health?

Mag. (FH) Michaela Kreitmayr (Hernstein Institut):

Home-Office hat in herausfordernden Zeiten ermöglicht, dass wir alle weiterarbeiten konnten. Um sich als Team zu sehen und wahrzunehmen, braucht es jedoch regelmäßigen Kontakt und feinfühlige Antennen. Home-Office kann sehr förderlich für die mentale Gesundheit sein, wenn es gelingt, die Arbeitszeiten so flexibel zu gestalten, dass auf individuelle Bedürfnisse zu Hause noch besser eingegangen werden kann; wie etwa der Spaziergang oder die Rückeneinheit.

Bei Menschen, die allerdings allein leben, kann es zu einer zusätzlichen Vereinsamung kommen, die für die menta Health nicht förderlich ist. Hier ist eine gute Selbstreflexion von Vorteil, was einem gut tut und was nicht.

Mag. Paul Bischofberger (Team|Manufaktur)

Meiner Meinung nach haben sowohl die Regelungen für Homeoffice seitens der Organisation als auch die Gestaltung des Arbeitsplatzes zu Hause einen enormen Einfluss auf die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden. Im Guten wie im Schlechten.

Um es zu einem wirklich guten Ding werden zu lassen, sind maßgeschneiderte individuelle Lösungen gefragt. Was für die einen ein Segen ist (bspw. nur noch zwei Tage in der Woche ins Büro fahren zu müssen), ist für die anderen ein Fluch (weil sie die sozialen Kontakte missen). Wo die einen über ein hohes Maß an Autonomie jubeln, empfinden andere einen Mangel an Struktur. Die Liste ließe sich beliebig fortführen. Hier mit einer Pauschallösung für alle drüberzufahren ist wenig hilfreich.

Organisationen, die es schaffen, Homeoffice-Regelungen zu entwickeln, die individuelle Bedürfnisse und unterschiedliche Umstände der Mitarbeitenden (bspw. in der Ausgestaltung des Homeoffice-Arbeitsplatzes) mit den Anforderungen der Organisation und den rechtlichen Rahmenbedingungen möglichst gut in Einklang bringen, werden in Zukunft definitiv die Nase vorne haben. Sowohl beim Rekrutieren als auch beim Halten von Mitarbeitenden.

Marcin Świerkocki (MDI):

Führungskräfte spielen eine entscheidende Rolle, da sie für die Endergebnisse der Unternehmen verantwortlich sind. In einigen Fällen teilen sie ihre Verantwortlichkeiten mit den Teammitgliedern, was diese nicht nur verantwortlich, sondern auch rechenschaftspflichtig macht. Das schafft eine Kultur der Eigentümerschaft und Befähigung, die positiv auf die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden wirkt. Als Gegenleistung erhalten Führungskräfte qualitativ hochwertigere Arbeit, die Moral ist besser und die Bindungsrate höher. Dies zeigt, dass das People-Management-Team seine Aufgaben richtig erfüllt, um die Mitarbeitenden engagiert und zufrieden zu halten. Im Gespräch mit Führungskräften ist erkennbar, dass diese verstehen, wie psychische Gesundheit das Denken, Fühlen und Handeln ihrer Teammitglieder beeinflusst. Die Fürsorge für die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden hilft diesen, ihr Berufsleben voll zu genießen, Hindernisse zu überwinden, Probleme zu lösen und die richtigen Geschäftsentscheidungen zu treffen. Es unterstützt sie auch dabei, sich an kulturelle Normen anzupassen, die in jeder Organisation vorhanden sind.

Rolle der Führungskräfte

Welche Rolle spielen Führungskräfte in Bezug auf mentale Gesundheit ihrer Mitarbeitenden?

MMag. Silena Piotrowski (Treffpunkt Glückspsychologie):

„Ich sage ihnen eh, sie sollen auf sich schauen!“ So und ähnlich habe ich das in Führungskräfte-Coachings und Trainings gehört. „Und du?“ frage ich dann, „Wie machst du es denn?“

Was wir ganz oft nicht bedenken, ist die Wirkung die wir als Führungskraft haben. „Ruhe predigen und Druck vorleben?“ So gestaltet sich die Realität sehr oft. „Was immer du beitragen willst zur mentalen Gesundheit deines Teams, es funktioniert nicht, wenn du es selbst nicht machst.“ Selbstreflexion als Führungskraft ist der Kern jeder positiven Entwicklung.

Nachdem man zuerst die Strukturen und Systeme hinterfragt und angepasst hat (i.S.v. structure follows mental health strategy), geht es mir hier um den nächsten Schritt: Um das eigene Mindset, Glaubenssätze, Fokus und tägliche Verhaltensroutinen. Im Positive Leadership haben wir mehrere Quellen für das „Aufblühen“ („thriving“), indem wir bewusst den positiven Aspekten der Arbeit mehr Aufmerksamkeit und Raum geben.  Dazu zählen (Teil-)Erfolge ansprechen, persönliche Stärken leben und feedbacken, den Nutzen und Sinn der eigenen Tätigkeiten bewusstmachen, realistische Ziele mit Meilensteinen setzen und – besonders wichtig – Vertrauen und Wertschätzung leben. Kleine Gesten von Freundlichkeit und persönlichem Interesse am Anderen sind im sozialen Gefüge Unternehmen die Goldwährung der mentalen Gesundheit und des Erfolgs.

Mag. (FH) Michaela Kreitmayr (Hernstein Institut)

Führungskräfte spielen in Bezug auf die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeitenden eine sehr große Rolle. Je besser das Arbeitsverhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden ist, desto eher wird der Mitarbeitende seine Potenziale entfalten und eine gute Leistung erbringen können. Nachdem die Führungskraft einen wichtigen Einfluss auf das Arbeitsklima hat, gilt es hier gut hinzuschauen.

Wenn Mitarbeitende ihre Potenziale leben und Gefühle zeigen können, werden sie sich wohl fühlen und ihre Stärken entfalten. Wo zusammengearbeitet wird, entstehen Konflikte. Eine angemessene Konfliktbewältigung wirkt sich daher auf die mental Health aus. Es geht letztlich um das persönliche Wohlbefinden des Mitarbeitenden und dessen Fähigkeiten die Leistung abzurufen. Nachdem es im Interesse aller Führungskräfte sein muss, dass alle Mitarbeitenden ihre Leistungsfähigkeit erbringen, empfiehlt es sich, die mentale Gesundheit wichtig und ernst zu nehmen.

Mag. Paul Bischofberger (Team|Manufaktur ):

Führungskräfte spielen zweifellos eine entscheidende Rolle für die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeitenden. Sie sind sozusagen die „Kulturschöpfer“ – indem sie maßgeblich die Arbeitskultur, die Kommunikationskultur, die Vertrauenskultur, die Feedbackkultur, die Fehlerkultur, die Leistungskultur und so weiter und so fort prägen.

Da Kultur unbewusst wirkt und wir uns der Kultur um uns herum auch kaum entziehen können, ist ihr Einfluss enorm – sowohl positiv als auch negativ.

So gesehen scheint es mir wichtig, Führungskräfte entsprechend zu schulen und regelmäßig zu sensibilisieren, sich dieser Rolle und auch Verantwortung bewusst zu sein.

Schlussworte

Haben Sie noch Schlussworte bzgl. mentaler Gesundheit & Onboarding und Offboarding?

Erich Nepita (LHH|OTM)

Insbesondere im Offboarding-Prozess wird die mentale Gesundheit oft unterschätzt, jedoch ist sie ein wesentlicher Faktor, der berücksichtigt werden sollte. Wenn es um Trennungen von Dienstverhältnissen geht, sei es bedingt durch die Mitarbeitenden selbst oder durch das Unternehmen, ist es wichtig, dass diese Prozesse von professionellen Career Transition Services begleitet werden. Dabei geht es darum, die Mitarbeitenden bei diesem Übergang zu unterstützen und ihren mentalen und emotionalen Zustand zu berücksichtigen.

Führungskräfte sollten einfühlsam und respektvoll mit ihren Mitarbeitenden kommunizieren und verständnisvoll auf ihre Bedürfnisse eingehen. Sie können professionelle Unterstützung zur Verfügung stellen, wie beispielsweise Beratung oder Coaching, um die mentale Gesundheit zu stärken und den Übergang in neue berufliche Perspektiven zu erleichtern.

Durch eine besonders bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema in Trennungsprozessen können positive Haltungen auf beiden Seiten geschaffen werden und somit ein wichtiger Faktor zum Employer Branding beigetragen werden. Dieser Effekt ist des Weiteren auch bei den verbleibenden Mitarbeitenden wirksam.

Interviewte Personen: Mental Health

Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz | Experten-Interview für noch mehr Mitarbeiter-Motivation

Mag. Paul Bischofberger

Paul Bischofberger, Team Manufaktur

Mag. (FH) Michaela Kreitmayer

Michaela Kreitmayer, Feedback, Hernstein, c Feelimage Matern

Erich Nepita

Erich Nepita, LHH, Artificial Intelligence

MMag. Silena Piotrowski

Silena Piotrowski, Glückspsychologie; mentale Gesundheit, mental health

Tina Seitner

Tina Seinter, GoodHabitz

Marcin Świerkocki

Marcin Swierkocki, MDI

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