Die Vereinbarkeit von Schwangerschaft und Beruf ist ein zentrales Thema im österreichischen Arbeitsrecht, sowohl für Arbeitnehmende als auch Arbeitgebende. Besonders komplex wird es, wenn eine Schwangerschaft während eines befristeten Arbeitsverhältnisses eintritt.
Eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) vom 22mai2024 (8 ObA 18/24s) bringt wichtige Erkenntnisse. Wir haben die wesentlichen Punkte für Sie zusammengefasst.
Worum geht es in der Entscheidung?
Eine Arbeitnehmerin wurde befristet als Schätzmeisterin eingestellt. Diese Position erfordert sowohl eine Grundausbildung als auch eine Spezialausbildung. Während des laufenden Arbeitsverhältnisses informierte sie ihren Arbeitgeber über ihre Schwangerschaft und teilte mit, dass sie die Spezialausbildung aufgrund der Schwangerschaft wahrscheinlich nicht zum geplanten Termin antreten können wird.
Der Arbeitgeber entschied daraufhin, das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Befristung enden zu lassen.
Die Arbeitnehmerin fühlte sich dadurch diskriminiert und klagte auf Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis unbefristet weiterbestehe. Sie stützte sich dabei auf das Gleichbehandlungsgesetz (§ 12 Abs 7 Satz 2 des Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG), da ihr Arbeitsverhältnis nur aufgrund ihrer Schwangerschaft nicht in ein unbefristetes umgewandelt wurde.
Die Entscheidung des OGH
Der OGH hielt fest, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin ursprünglich auf eine Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angelegt war. Dies begründete der OGH damit, dass die Klägerin ab Dezember 2022 in einer neuen Funktion eingesetzt werden sollte, die eine Spezialausbildung erforderte. Zudem stellte der OGH fest, dass eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts auch dann vorliegt, wenn sie infolge einer Schwangerschaft erfolgt. Da die Schwangerschaft Grund dafür war, dass die Klägerin die Ausbildung nicht termingerecht antreten konnte, wertete der OGH das Auslaufenlassen des befristeten Arbeitsverhältnisses als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.
Bedeutung der Intention hinter der Befristung
Ein zentraler Punkt in der Entscheidung des OGH war die Frage, welche Intention hinter der ursprünglich vereinbarten Befristung stand. Der OGH hebt hervor, dass in Fällen, in denen ein Arbeitsverhältnis der Erprobung diene, grundsätzlich davon auszugehen sei, dass dieses auf eine spätere Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ausgelegt sei. Es komme aber auf die Umstände des Einzelfalls an.
In gegenständlichen Fall hatte die Klägerin als Schätzmeisterin eine Position inne, die eine spezielle Ausbildung erforderte. Daher argumentierte der OGH, dass der Arbeitgeber die Klägerin ursprünglich mit der Absicht eingestellt habe, diese nach erfolgreicher Bewährung dauerhaft zu beschäftigen.
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung des OGH unterstreicht die Wichtigkeit eines diskriminierungsfreien Umgangs mit schwangeren Arbeitnehmerinnen, insbesondere im Zusammenhang mit befristeten Arbeitsverhältnissen und deren Auslaufen bzw. Beendigung.
Arbeitgebende sind gut beraten, Personalentscheidungen sorgfältig zu treffen und die gesetzlichen Bestimmungen genau zu beachten, insbesondere in Bezug auf schwangere Arbeitnehmerinnen.
Mit seinem Urteil stellte der OGH klar, dass befristete Verträge – wenn sie auf Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ausgelegt sind – nicht wegen einer Schwangerschaft auslaufen dürfen. Arbeitgebende müssen daher sicherstellen, dass ein Auslaufenlassen der Befristung auf sachlichen und nicht diskriminierenden Gründen beruht.
Die Entscheidung des OGH hat wichtige Auswirkungen auf die Praxis, insbesondere in Bezug auf die Gestaltung von befristeten Arbeitsverhältnissen. Wir empfehlen insbesondere folgende Schritte und Maßnahmen, um bestmögliche Vorkehrungen zu treffen:
- Klare Vertragsgestaltung: Arbeitgebende sollten gut überlegen, ob sie ein befristetes Arbeitsverhältnis auf eine Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angelegen wollen, oder ob das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Befristung definitiv enden soll. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen sollte festgehalten werden, ob eine Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vorgesehen ist. Dazu ist interne Dokumentation, aber auch Transparenz gegenüber der Arbeitnehmerin zu empfehlen.
- Diskriminierungsfreie Entscheidungen: Die Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses darf nicht aufgrund einer Schwangerschaft erfolgen. Die Nichtverlängerung muss auf sachlichen und objektiven Gründen basieren.
- Dokumentation der Leistung: Die fachliche Eignung und Leistung der Arbeitnehmerin während der Befristung muss beobachtet und dokumentiert werden. Es sollte auch Feedback gegeben werden. So können im Falle eines Rechtsstreits aufgrund einer Nichtverlängerung eher bewiesen werden, dass die Entscheidung auf sachlichen Gründen beruht.
- Offene Kommunikation: Eine transparente Kommunikation mit der Arbeitnehmerin kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden und gemeinsame Lösungen zu finden.
Schwangerschaft und Befristung | Aktuelle OGH-Entscheidung und ihre Bedeutung für die Praxis