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Onboarding-Prozess für Lehrlinge, Führungskräfte, 50+. Alles das selbe?

05Nov.2024
6 min
Onboarding-Prozess

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Onboarding Employee! Ein geschlossener Onboarding-Prozess für alle neuen Mitarbeitenden oder lieber zielgruppen-gerecht? Was macht mehr Sinn?

Im Experten-Interview beleuchte ich ganz gezielt Lehrlinge, Führungskräfte und Mitarbeitende 50+. Ich bin gespannt auf das Gespräch!

Experten-Interview

Onboarding-Prozess
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Lehrlinge

Welche Aspekte im Onboarding-Prozess von Lehrlingen sind unbedingt notwendig? Welche sind nice-to-have?

Mag. FH Catrin Mayerhofer-Trajkovski, MA:

Für mich gilt bei Lehrlingen: Achtung, die meisten von ihnen haben noch nicht gearbeitet, kommen direkt von der polytechnischen Schule, haben die Schule abgebrochen oder gerade ihre AHS-Matura hinter sich gebracht. Somit: ein „slow, warm welcome², wo sie in Ruhe den Betrieb, die Abteilungen, deren Mitarbeitende und ihre Ausbildner kennenlernen können. Die Lehrlinge sollten behutsam an ihre Arbeitsaufgaben herangeführt werden und dennoch von Anfang an lernen, Verantwortung für ihre Arbeit zu übernehmen. Aus Erfahrung gefällt es jungen Menschen, wenn sie ihren Beitrag leisten können und dazugehören. So fühlen sie sich wertvoll und wichtig.

MMag. Victor Mihalic (EBC*L):

Lehre braucht die Aussicht auf Karriere. Das kann ein Unternehmen aber auch nur glaubhaft machen, wenn auch tatsächlich Mitarbeitende mit einer Lehrausbildung  in den Führungsetagen zu finden sind. Diese Perspektive gehört auch durch einen durchgehenden Karriereplan verdeutlicht. Man kann sich da ein Beispiel an der Schweiz nehmen, wo das auch so gelebt wird.

Wenig Sinn sehe ich in der „Lehre mit Matura“. Die jugendlichen Lehrlinge stecken viel Zeit und Energie in die Möglichkeit einmal studieren zu können. Dafür gibt es heute schon viel einfachere Wege. Die Abbruchrate soll bei weit über 50 % liegen. Wer es tatsächlich schafft, geht dem Unternehmen dann wohl auch verloren; und zwar ans Studium.

Als sehr sinnvoll sehe ich dafür die „Matura plus (deutlich verkürzte) Lehre“. Das rate ich übrigens auch meinen Zwillingen. Denn die Kopfarbeit ist durch die KI massiv gefährdet. Aber das „Handwerk“ kann schwer ersetzt werden und hat auch in Zukunft einen goldenen Boden. 

Mitarbeitende 50+

Welche Aspekte im Onboarding von Mitarbeitenden 50+ sind unbedingt notwendig? Welche sind  sind nice-to-have?

Mag. Gerd Liegerer, MBA (Bud & Terence GmbH):

Diese Zielgruppe ist anders aufgewachsen als die Generationen Y und Z und haben daher auch andere Ansprüche an Arbeitgeber. Hier braucht es Prozesse, die das Know-how von diesen langjährig erfahrenen Menschen berücksichtigen, ja sogar aktiv abzuholen versuchen. Feedbackgespräche im Zuge des Onboardings sollten weniger auf Fragen nach dem „Wohlbefinden“ abzielen – das ist diese Generation wenig bis gar nicht gewöhnt – sondern verstärkt auf Ideen und sogar Verbesserungsvorschläge eingehen. Diese Mitarbeitenden sehen auch mal darüber hinweg, wenn ein Arbeitsmittel nicht ganz state-of-the-art ist. Funktionieren sollte es natürlich schon, aber sie sind nicht in einer Wegwerfgesellschaft aufgewachsen und akzeptieren, gute, gebrauchte Dinge genauso.

Erich Nepita (LHH|OTM):

Diese werden aufgrund ihrer Erfahrung und höheren Gehaltserwartungen häufig nicht zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Insbesondere bei Mitarbeitenden mit Führungsverantwortung 50+ entsteht oft ein Missverständnis, die unausgesprochenen Vorstellungen über Gehaltserwartung und Kompromissbereitschaft gehen auseinander. Hier ist Kommunikation und Lösungsfindung wichtig.

Nicht nur nice-to-have Aspekte könnten zusätzliche Coaching- oder Mentoring-Programme sein, die den erfahreneren Mitarbeitenden helfen, sich schneller in das Unternehmen und das Team zu integrieren und die Generationendiversität durch ein offenes und transparentes Kommunikationsklima fördern.

Mag. Birgit Meyer (BDO Consulting):

Der Großteil der Personen 50+ befindet sich derzeit mitten im Berufsleben und ist sowohl gut ausgebildet als auch digital affin. Von berufstätigen Personen im Alter von 40+ unterscheiden sie sich kaum. Es gilt also, die gesammelte Berufs- und Lebenserfahrung zu nutzen und für beide Seiten möglichst gewinnbringend in die neue Tätigkeit einzubringen.

Neue Mitarbeitende aller Altersklassen benötigen ggf. Einschulung in digitale Systeme, mit denen sie bisher nicht gearbeitet haben. Daher ist Flexibilität im Onboarding unbedingt notwendig. Für Mitarbeitende, die nicht digital affin oder mit einzelnen Anwendungen nicht vertraut sind, kann sich z.B. das Anbieten von Schulungen und die Unterstützung bei der Nutzung von digitalen Plattformen und Technologien lohnen, um eventuelle Barrieren abzubauen.

Das Zurverfügungstellen von Gesundheits- und Stressbewältigungsprogrammen für neue Mitarbeitende kann bereits während des Onboarding-Prozesses ein positives Gefühl vermitteln. Nice-to-have wäre für jede Generation unter anderem eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und höhenverstellbare Tische, sodass Mitarbeitende effizient, rückengesund und bequem arbeiten können.

Führungskräfte

Welche Aspekte im Onboarding-Prozess von Führungskräften sind unbedingt notwendig? Welche sind nice-to-have?

Mag. (FH) Michaela Kreitmayr (Hernstein Institut):

Führungskräfte agieren als Vorbild, daher ist es besonders wichtig, ein umfassendes On-Boarding zu machen. Sie benötigen einen guten Überblick über Verantwortlichkeiten, Rollen sowie Zuständigkeiten, um bestmöglich entscheiden und auch delegieren zu können. Gerade bei Führungskräften ist eine gute Vernetzung notwendig, um nicht einsam an der Spitze zu agieren. Daher ist das Bekanntmachen der vorhandenen Player essenziell.

Erich Nepita (LHH| OTM):

Führungskräfte (FK) stehen bei ihrem Einstieg oft vor vielfältigen Herausforderungen. Es sind ihre Aufgaben noch nicht ganz klar definiert und manchmal herrscht eine Mischung, aus nicht durchgehend klaren Erwartungen und Zielen, die oft nicht explizit kommuniziert werden.

Daher ist es wichtig, Führungskräfte beim Onboarding gezielt in der Entwicklung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Das kann durch individuelles Coaching, Peer-Group-Coachings oder auch Mentoring geschehen. Es ist entscheidend, sowohl die ausgesprochenen als auch die unausgesprochenen Erwartungen zu beachten, da die Zielerwartungen der verschiedenen Stakeholder nicht immer übereinstimmen. Die Aufgabe der Führungskräfte besteht darin, eine motivierende Ziellandschaft zu schaffen, dafür ist eine eingehende Analyse der Ausgangssituation und der gestellten Herausforderungen unerlässlich.

Unterschiede Onboarding Employee

Onboarding in HR: Worin liegt der entscheidende Unterschied im Onboarding-Prozess dieser Zielgruppen – oder sollte / darf Onboarding für alle gleich aufgebaut sein?

Elke Framson (Transatlantic Coaching & Training)

Eines sollte auf jeden Fall gleich sein – Stichwort Employee Engagement: Ein Aspekt, der beim Onboarding nicht fehlen sollte, ist die Unternehmens-Story. Mitarbeitende müssen die Geschichte, die Vision, die USP und die Erfolge des Unternehmens kennen. Sie müssen wissen, wofür das Unternehmen steht. Natürlich befinden sich diese Informationen oft auch auf der Webseite und werden im Interviewprozess angesprochen, aber das reicht nicht. Das Onboarding ist der geeignete Zeitpunkt, die Unternehmens-Story mit Begeisterung zu vermitteln. So können auch die Mitarbeitenden Enthusiasmus dafür entwickeln, dass sie nun Teil der Story sind und diese von nun an mitschreiben. Es wirft sicher kein gutes Licht auf ein Unternehmen, wenn die Menschen, die dort arbeiten, die Geschichte, Vision, und Erfolge nur halbherzig weitergeben – entweder, weil sie diese nicht gut genug kennen oder weil sie fühlen, dass sie nicht Teil davon sind. Andererseits, wenn sie dies mit Begeisterung machen, dann werden sie zu wertvollen Unternehmensbotschaftern.

Mag. Gerd Liegerer, MBA (Bud & Terence GmbH)

Im Sinne einer nachhaltigen Arbeitgebermarke sollte jede Organisation einen einheitlichen Onboarding-Prozess haben und diesen auch leben. Nur so kann Qualität und eine stetige Weiterentwicklung gewährleistet werden. Eine Faustregel besagt, dass 75% dieses Prozesses standardisiert, die verbleibenden 25% auf die jeweiligen Zielgruppen zugeschnitten sein sollten.

Lehrlinge brauchen in den ersten Wochen sicherlich eine strukturiertere Führung und Einschulung als jemand, der schon in mehreren Unternehmen gearbeitet hat. Führungskräfte benötigen die uneingeschränkte Rückendeckung und damit Aufmerksamkeit des oberen Managements und Mitarbeitende 50+ wird vielleicht der vorhandene Aus- und Weiterbildungskatalog weniger interessieren. Dennoch darf man hier nicht schubladisieren!

Erich Nepita (LHH|OTM)

Das Onboarding von verschiedenen Zielgruppen erfordert unterschiedliche Schwerpunkte, um deren individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. Es sollte daher unbedingt auf die spezifischen An- und Herausforderungen der jeweiligen Zielgruppe zugeschnitten sein.

Während Lehrlinge vor allem Vorbilder und operative Unterstützung benötigen, benötigen Mitarbeitende ab 50 Jahren verstärkt Verständnis im Bereich der Generationendiversität und den Austausch von Erfahrungen mit jüngeren Kollegen. Für Führungskräfte ist es entscheidend, eine Führungs- und Feedback-Kultur im Unternehmen zu etablieren, damit sie ihre Rolle effektiv ausfüllen können.

Interviewte Personen: Onboarding Employee

Onboarding-Prozess für Lehrlinge, Führungskräfte, 50+. Alles das selbe?

Mag. FH Catrin Mayerhofer-Trajkovski, MA

Catrin Mayerhofer-Trajkovski

Erich Nepita

Erich Nepita, LHH, Artificial Intelligence

Mag. Birgit Meyer

Birgit Meyer, BDO

Mag. (FH) Michaela Kreitmayer

Michaela Kreitmayer, Hernstein, hybrides Arbeiten

Mag. Gerd Liegerer, MBA

Gerd Liegerer, Bud Terence, Onboarding-Prozess

Dr. Elke Framson

Elke Framson, Transatlantic

MMag. Victor Mihalic

  • CEO
  • EBC*L Europäische Wirtschaftszertifikate
Victor Mihalic, EBCL

Onboarding Employee in HR

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