Lassen wir den medialen Hype um „Quiet Quitting“ beiseite. Wie schaffen wir eine Arbeitsumgebung, in der Menschen nicht nur bleiben, sondern sich aktiv einbringen? Nennen wir es: „Quiet Thriving“.
In den letzten Jahren war „Quiet Quitting“ das HR-Schlagwort schlechthin. Mitarbeitende, so die These, würden nur noch das Nötigste tun und sich innerlich von ihrem Job distanzieren. Was als realer Trend verkauft wurde, war in Wahrheit tlw. ein medial gepushter Hype, der ein altbekanntes Problem in neuer Verpackung präsentierte: Menschen, die in ihrer Arbeit keine Perspektive, keinen Sinn oder keine Wertschätzung erleben, reduzieren ihr Engagement.
Doch was ist die Alternative zu „Quiet Quitting“? Viele Unternehmen hoffen auf groß angelegte Incentive und Engagement-Programme, die meist mit ambitionierten Zielen starten, dann aber im Tagesgeschäft versanden. Dabei gibt es eine viel nachhaltigere Strategie, um Motivation und Engagement langfristig zu fördern – ganz ohne Aktionismus: „Quiet Thriving“.
Quiet Thriving – Leise Töne mit großer Wirkung
Die amerikanische Psychotherapeutin Lelsey Alderman prägte den Begriff des „Quiet Thrivings“. „Quiet Thriving“ beschreibt eine Arbeitskultur, in der Menschen sich nicht einfach nur „durchwurschteln“, sondern in ihrem Job aufblühen. Unternehmen, die eine solche Umgebung schaffen, fördern Engagement nicht mit plakativen Programmen, sondern mit einer durchdachten Employee Experience, die sinnvolle Arbeit, Autonomie, Entwicklungsmöglichkeiten und Wertschätzung in den Mittelpunkt stellt.
Doch wie gelingt das? Eine praktische Erinnerungsformel ist das MAGNET-Prinzip – sechs Faktoren, die Unternehmen helfen, eine Umgebung zu schaffen, in der Mitarbeitende nicht nur bleiben, sondern sich aktiv einbringen.
M = Mentales Wohlbefinden fördern
Ein gesundes Arbeitsumfeld beginnt mit psychologischer Sicherheit. Wer Angst hat, Fehler zu machen, oder sich konstant überfordert fühlt, zieht sich innerlich zurück. Unternehmen müssen daher Strukturen schaffen, die mentalen Stress reduzieren und Offenheit fördern. Dazu gehören realistische Arbeitsbelastungen, eine gesunde Feedback-Kultur und Führungskräfte, die nicht nur Leistung fordern, sondern auch den Menschen dahinter sehen.
A = Autonomie ermöglichen
Kaum etwas demotiviert so sehr wie Mikromanagement. Mitarbeitende brauchen Handlungsspielräume, um Verantwortung zu übernehmen und sich mit ihrer Arbeit identifizieren zu können. Das bedeutet nicht nur flexible Arbeitsmodelle, sondern auch klare Entscheidungskompetenzen: Wer darf was entscheiden? Wo kann mehr Vertrauen statt Kontrolle entstehen? Autonomie stärkt das Gefühl der Selbstwirksamkeit – ein entscheidender Faktor für langfristiges Engagement.
G = Gemeinschaft stiften
Menschen arbeiten nicht für Unternehmen – sie arbeiten für Menschen. Ein starkes Gemeinschaftsgefühl ist einer der größten Treiber für Engagement. Doch echte Teamverbundenheit entsteht nicht durch zufällige Begegnungen oder einmalige Events, sondern durch eine bewusst gestaltete Zusammenarbeit. Unternehmen sollten daher gezielt den Austausch zwischen Teams und Schnittstellen fördern, Silodenken abbauen und eine Kultur schaffen, in der Zusammenarbeit nicht als Last, sondern als Bereicherung empfunden wird. Eine zusätzliche Herausforderung in der von Homeoffice und hybrider Zusammenarbeit geprägten Arbeitswelt.
N = Neues ermöglichen
Wenn jeden Tag alles gleich bleibt, entsteht Stillstand – und mit ihm Frust. Mitarbeitende, die wachsen und sich weiterentwickeln, bleiben nicht nur länger, sondern bringen sich aktiver ein. Doch Lernen bedeutet heute mehr als klassische Karriere und Weiterbildungen. Unternehmen sollten Lernräume schaffen, in denen Mitarbeitende neue Erfahrungen sammeln können – sei es durch interne Job-Rotationen, bereichsübergreifende Projekte oder Peer-Learning-Formate. Eine Lernkultur, die neugierig macht, ist der Schlüssel zu mehr intrinsischer Motivation.
E = Ergebnisse ermöglichen
Mitarbeitende wollen nicht nur arbeiten – sie wollen spüren, dass ihre Arbeit etwas bewegt. Wer das Gefühl hat, dass die eigene Leistung verpufft oder irrelevant ist, verliert schnell die Motivation. Unternehmen sollten daher Erfolge sichtbar machen, regelmäßig aufzeigen, welchen Impact einzelne Beiträge haben, und klare Unternehmensziele mit einer nachvollziehbaren „Line of Sight“ verknüpfen. Wenn Menschen verstehen, warum ihre Arbeit wichtig ist, arbeiten sie nicht nur für den nächsten Gehaltszettel, sondern aus Überzeugung.
T = „Thank you“ sagen
Wertschätzung ist einer der wichtigsten Treiber für Engagement – doch oft wird sie auf einfache Gesten oder Boni reduziert. Dabei ist Wertschätzung kein einzelner Akt, sondern ein Gefühl, das sich aus vielen Quellen speist. Dazu gehören persönliche Anerkennung, Feedback, Entwicklungsmöglichkeiten und natürlich auch eine faire Entlohnung. Gehalt ist nicht alles, aber es ist auch nicht nichts. Eine angemessene Bezahlung ist die Basis dafür, dass sich Mitarbeitende wertgeschätzt fühlen. Doch finanzielle Anerkennung allein reicht nicht aus – echte Wertschätzung entsteht erst dann, wenn Menschen das Gefühl haben, dass ihre Leistung gesehen und gewürdigt wird. Das kann ein direktes Lob durch die Führungskraft sein, die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, oder eine Unternehmenskultur, in der gute Arbeit nicht als selbstverständlich betrachtet wird.
Fazit: Mehr Thriving, weniger Quitting
Quiet Thriving ist keine kurzfristige HR-Kampagne – es ist eine nachhaltige Strategie, um Engagement aus der Organisation heraus zu stärken. Unternehmen, die ihre Employee Experience bewusst gestalten, schaffen eine Umgebung, in der Menschen motiviert arbeiten, sich weiterentwickeln und ihre Stärken entfalten können.
Das MAGNET-Prinzip bietet dafür Orientierung. Denn am Ende geht es nicht darum, Mitarbeitende mit kurzfristigen Programmen zu motivieren, sondern die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sie sich aus eigener Überzeugung engagieren.
Und genau das ist es, was nachhaltiges Engagement ausmacht. Nicht laute Kampagnen – sondern eine Umgebung, in der Menschen gerne und erfolgreich arbeiten.