Können Interim Manager klügere Entscheidungen treffen als festangestellte Führungskräfte? Im Gespräch mit erfahrenen Experten gehen wir der Frage auf den Grund.

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Experten-Interview
Kluge Entscheidungen
Können Interim Manager smartere Entscheidungen treffen?
Erich Nepita (LHH|OTM)
Ob Interim Manager tatsächlich smartere Entscheidungen treffen können, hängt von mehreren Faktoren ab – sowohl von der individuellen Managementkompetenz als auch von den Rahmenbedingungen im Unternehmen.
Interim Manager bringen per Definition eine besondere Perspektive mit. Sie haben keine lange Historie im Unternehmen, eher keine politischen Verflechtungen und keine persönlichen Altlasten. Dadurch können sie schneller, objektiver und faktenbasierter entscheiden als eine Führungskraft, die seit Jahren tief in der internen Dynamik verankert ist. Diese Außenperspektive ermöglicht es, bestehende Muster kritisch zu hinterfragen, unvoreingenommen zu handeln und Veränderungen ohne persönliche Befangenheit anzustoßen.
Allerdings: Die Entscheidungsfähigkeit eines Interim Managers ist kein Selbstläufer. Sie hängt stark davon ab, wie das Unternehmen die Rolle ausgestaltet. Welche Entscheidungsbefugnisse erhält der Interim Manager tatsächlich? Ist er oder sie nur eine vorübergehende Verwaltungskraft oder bekommt die Person echtes strategisches Pouvoir? Interim Manager können nur dann wirklich smarte Entscheidungen treffen, wenn sie mit den nötigen Ressourcen und der entsprechenden Autorität ausgestattet werden.
Zudem ist smarte Entscheidungsfindung eine trainierbare Managementkompetenz. Wer oft in neuen Umfeldern arbeitet, entwickelt ein geschärftes Urteilsvermögen und lernt, sich schnell in komplexe Situationen einzuarbeiten. Interim Manager sind es gewohnt, sich innerhalb kürzester Zeit ein klares Bild zu machen und pragmatische Lösungen zu finden – eine Fähigkeit, die in festgefahrenen Strukturen oft verloren geht.
Als Fazit kann ich also sagen – Ja, Interim Manager haben das Potenzial, smartere Entscheidungen zu treffen – weil sie unabhängiger agieren, frische Impulse setzen und weniger betriebsblind sind. Aber dieses Potenzial kann nur dann voll ausgeschöpft werden, wenn das Unternehmen ihnen das richtige Umfeld und die notwendigen Entscheidungsfreiheiten gibt. Smarte Führung ist also weniger eine Frage des Status (interim oder permanent), sondern vielmehr eine Kombination aus Erfahrung, Perspektive und Handlungsspielraum.
Karin Ramsebner-Greunz (Ramsebner-Greunz HR Consulting)
Ja, und zwar aus einem einfachen Grund: Interim-Manager kommen mit einer neutralen Perspektive und einer klaren, objektiven Sicht auf die Situation ins Geschehen. Sie sind nicht in die interne Unternehmenspolitik verstrickt und können sich daher voll und ganz auf die Lösung des Problems konzentrieren. Sie können sich schnell an neue Situationen und Veränderungen anpassen und nutzen neue Ansätze und Best Practices, um Lösungen zu finden und umzusetzen.
Eva Rechberg (Systworks)
Interim Manager treffen Entscheidungen oft schneller und fokussierter, weil sie eine klare Zielsetzung verfolgen und keine politischen Interessen innerhalb des Unternehmens berücksichtigen müssen. Durch ihre externe Perspektive sehen sie Problemstellungen unvoreingenommener und verfügen meist über viel Erfahrung in vergleichbaren Situationen. Sie können daher auf eine Vielzahl von Handlungsoptionen zurückgreifen. Weiters weisen Interimsmanager meist eine sehr breite Branchen- und Projekterfahrung auf.
Ob aber die Entscheidungen wirklich smarter sind, bin ich mir ehrlicherweise nicht sicher. Interne Mitarbeitende kennen informelle Strukturen, Opinion Leader und vor allem die Historie des Unternehmens. Dieses Wissen ist nicht zu unterschätzen.
Die smartesten Entscheidungen könnte daher vermutlich ein Duo treffen: eine Kombination aus internem Manager und Interim Manager.
Mag. Paul Stricker (Paul Stricker Interimsmanagement)
Ja. Interim-Manager haben entsprechende Erfahrungen im spezifischen Feld. Durch ihre spezifische Rolle, dass sie nicht langfristig an das Unternehmen gebunden sind, können sie auch andere Entscheidungen oder Prozesse anstoßen. Als Interim-Manager tue ich mich leichter, Themen anzufassen, die sachlich richtig sind, aber aus z.B. politischen Gründen nicht gemacht wurden. Ich tue mir auch leichter, Dinge in der Organisation oder dem Team zu sehen, da ich von au0en komme und ähnliche Situationen bereits erlebt hatte. Dadurch kann ich ein direktes und ungeschöntes Feedback geben und Entwicklungen anstoßen.
Am Ende des Tages steht und fällt der Erfolg eines Mandates natürlich damit, inwieweit das Management die Wahrheit auch hören will und bereit ist, angestoßene Entwicklungen mitzutragen, auch, wenn ich nicht mehr da bin.
Schlimm ist, wenn ich vorher höre „da gibt es Themen, das muss geändert werden etc“. Dann mache ich fundierte Vorschläge in diese Richtung, ermächtige das Team und meinen Nachfolgenden, aber dann fehlen Management-Entscheidungen, um das Thema voranzubringen.
Dr. Martin L. Mayr (GOiNTERIM)
Interim Manager können smarte Entscheidungen treffen, da sie erfahren, unabhängig und ergebnisorientiert agieren. Ihr fundiertes Fachwissen erlaubt es ihnen, komplexe Situationen schnell zu analysieren und pragmatische Lösungen zu entwickeln. Dank ihrer Unvoreingenommenheit bewerten sie Herausforderungen objektiv und setzen Prioritäten effizient. Durch ein klares Mandat der Unternehmensleitung sowie definierte Zielvorgaben sind ihre Entscheidungen strategisch ausgerichtet und umsetzbar. Interim Manager fokussieren sich auf Ergebnisse, stabilisieren Unternehmen in Krisen und treiben Veränderungen voran. Ihre Fähigkeit, sich rasch zu integrieren und zielgerichtet zu handeln, macht sie in dynamischen Situationen zu wertvollen Entscheidungsträgern.
Tanja Borowski (B – Das Wesentliche)
Ja, Interim Manager können oft smartere Entscheidungen treffen, und zwar aus mehreren Gründen:
- Unabhängigkeit, Neutralität & Mut: Interim Manager sind nicht in die internen Strukturen und politischen Dynamiken eines Unternehmens eingebunden. Dadurch können sie Entscheidungen unvoreingenommen und rein auf Basis der Faktenlage treffen. Sie haben keine persönliche Bindung an bestehende Strukturen oder Prozesse. Das macht es ihnen leichter, radikale Veränderungen vorzuschlagen und umzusetzen, wenn dies notwendig ist.
- Erfahrung & Expertise: Interim Manager bringen häufig jahrzehntelange Erfahrung aus verschiedenen Branchen und Unternehmen mit. Diese „Best Practices“ ermöglichen es ihnen, schneller die richtigen Hebel zu identifizieren und umzusetzen.
- Fokus auf Ergebnisse: Da sie zeitlich begrenzt engagiert sind, arbeiten Interim Manager zielgerichtet und effizient. Sie sind weniger in langfristige Prozesse involviert und konzentrieren sich stattdessen auf Maßnahmen, die sofort Wirkung zeigen.
- Hohe Anpassungsfähigkeit: Interim Manager sind es gewohnt, sich in neuen, oft herausfordernden Umfeldern schnell zurechtzufinden. Diese Fähigkeit ermöglicht es ihnen, auch unter Druck kluge und durchdachte Entscheidungen zu treffen.
- Strategische Perspektive: Als externe Experten haben Interim Manager oft einen klareren Blick auf die „großen“ Themen eines Unternehmens. Sie sind nicht durch operative Details oder interne Konflikte abgelenkt, was zu besseren strategischen Entscheidungen führt.
Fazit: Interim Manager
Interim Manager haben das Potenzial, smartere Entscheidungen zu treffen – aber nicht automatisch. Ihre Unabhängigkeit von internen Strukturen, ihr breiter Erfahrungsschatz und ihre objektive Sichtweise ermöglichen oft schnellere und faktenbasierte Entscheidungen. Sie bringen frische Impulse, identifizieren Problemstellen unvoreingenommen und setzen Veränderungen konsequent um. Doch ihre Wirksamkeit hängt stark von den unternehmerischen Rahmenbedingungen ab: Ohne klare Entscheidungsbefugnisse und Unterstützung seitens des Managements bleibt ihr Einfluss begrenzt. Die beste Lösung könnte daher eine Kombination aus internem Wissen und externer Perspektive sein – ein Duo, das Erfahrung und Unternehmenskultur vereint, um wirklich kluge Entscheidungen zu treffen.
Interviewte Personen
Treffen Interim Manager wirklich smartere Entscheidungen? Ein Blick hinter die Kulissen.
Karin Ramsebner-Greunz
- Inhaberin
- HR Consulting
- Unternehmens-Profil
- www.ramsebner-greunz.at

- Leiterin der Dachmarke systworks
- Eva Rechberg
- Unternehmens-Profil
- www.systworks.com

Mag. Paul Stricker
- Position im Unternehmen
- Paul Stricker Interimsmanagement e.U.
- Unternehmens-Profil
- www.paulstricker.at

Erich Nepita
- Geschäftsführer
- OTM Karriereberatung GmbH
- Unternehmens-Profil
- www.lhhaustria.at

Dr. Martin L. Mayr
- Geschäftsführer
- GOiNTERIM GmbH

Tanja Borowski
- Partner/ Interim-Manager HR
- B – Das Wesentliche GmbH
