Digitale Bildung verändert, wie wir lernen und arbeiten. Von flexiblen E-Learnings bis zu immersiven AR/VR-Erlebnissen – die Chancen sind enorm. Weshalb New Work ohne modernes Lernen nicht funktioniert und was Unternehmen jetzt tun sollten, verrät Stefanie Ruf im Interview. Sie verrät auch einiges über die LEARNTEC 2025 (6-8mai2025).
Interview-Partnerin
Stefanie Ruf, BA in Messe-, Kongress- und Eventmanagement, ist bereits seit 2011 im Team der LEARNTEC und verantwortet diese und die NEW WORK EVOLUTION seit 2024 als Projektleiterin. Als Product Ownerin in einem agilen Marktteam entwickelt sie die Veranstaltungen strategisch weiter und beobachtet gemeinsam mit dem LEARNTEC Beirat und dem NEW WORK EVOLUTION Board die Entwicklungen des Marktes und Branchentrends.

Trends in der digitalen Bildung und ihre Vorteile
Welche aktuellen Entwicklungen in der digitalen Bildung haben Ihrer Meinung nach den größten Einfluss auf Unternehmen?
Dass der Bereich E-Learning sich immer mehr ausweitet, bietet Unternehmen eine nie gekannte Flexibilität in der Aus- und Weiterbildung. Wenn wir sehen, dass 87 Prozent der Mitarbeitenden Weiterbildungen wichtig finden, aber immer noch rund 40 Prozent diese als Zusatzbelastung im Alltag empfinden (BITKOM Akademie Weiterbildungsstudie 2024), ist schon allein die zeitliche und räumliche Flexibilität, die E-Learnings bieten, ein großer Vorteil.
Technische Möglichkeiten sorgen zudem dafür, dass der Motivationsfaktor hoch bleibt – ich denke da an Gamification und die Einbindung verschiedener Formate und Medien. Möglichkeiten der Augmented, Virtual und Extended Reality (AR/VR/XY) und Künstliche Intelligenz (KI) machen Weiterbildungen nachhaltig wirksam und individueller.
Wie verändert digitale Bildung die Art und Weise, wie Mitarbeitende heute und in Zukunft lernen?
Bleiben wir bei den oben genannten Beispielen – digitale Bildung erlaubt Unternehmen, ihre Aus- und Weiterbildung noch individueller auf den einzelnen Mitarbeitenden zuzuschneiden. Statt per Gießkannenprinzip eine Fortbildung für alle anzubieten, lässt sich dank KI ein E-Learning personalisieren. Die KI kann beispielsweise Antworten analysieren, anhand der gegebenen Lösungen filtern, in welchem Bereich der zu schulende Mitarbeitende Lücken aufweist oder gestärkt werden sollte, und kommende Aufgaben entsprechend anpassen.
Hingegen bieten AR/VR/XR wunderbare Möglichkeiten, komplexe Sachverhalte anfassbar zu machen. Und gleichzeitig neues Wissen dank immersiver Erlebnisse noch nachhaltiger zu verankern. In unserem dreitägigen Programm in der AR/VR Area finden sich daher zahlreiche Best Practices. Beispielsweise von Unternehmen wie Carl Zeiss, BASF, der EnBW oder Lufthansa.
Digitale Bildung & New Work – ein Perfect Match
Weshalb sind digitale Bildung und New Work untrennbar miteinander verbunden?
Ein ganz großer Faktor neuen Arbeitens ist, den Mitarbeitenden eher aus der Brille von McGregors Y-Menschenbild zu sehen, also als jemanden, der bereit ist sich eigenverantwortlich einzubringen, grundsätzlich intrinsisch motiviert ist, für den lebenslanges Lernen wichtig ist und der sich durch Förderung, sinnstiftendendes Arbeiten oder Partizipation an Entscheidungen weiterentwickelt. Mit diesem Menschenbild und dem entsprechenden Führungsstil ist Lernen ein ganz zentraler Faktor.
„New Work braucht New Learning“, lautet daher auch der Titel eines Buches von Jan Foelsing, Mitglied im Experten-Board der NEW WORK EVOLUTION. Damit Aus- und Weiterbildung wirklich zur Wertschöpfung eines Unternehmens beitragen, braucht es moderne Lern-Ökosysteme, die analoges und digitalen Lernen sinnvoll verknüpfen.
Inwiefern unterstützen moderne Lernformate die Umsetzung von New Work?
Moderne Lernformate lassen sich wunderbar individualisieren – und den Menschen eben in seiner ganzen Persönlichkeit wahrzunehmen, ist ein zentraler Baustein neuen Arbeitens. E-Learnings bieten beispielsweise eine große Flexibilität in der Weiterbildung vor dem Hintergrund von familiären Verpflichtungen und Care-Arbeit. Darüber hinaus zeichnen sie sich durch eine große Vielfalt an Inhalten aus: Traditionelle, auf Arbeitsinhalte konzentrierte Weiterbildungen können beispielsweise auch wunderbar kombiniert werden mit Übungen zu agilem Projektmanagement, Scrum oder Design Thinking.
Wie verändert sich die Rolle von Führungskräften, wenn Lernen zunehmend digital und selbstgesteuert wird?
Ich sehe, ganz unabhängig von den neuen Möglichkeiten des Lernens, einen Wandel in der Führungskultur. Zunehmend wird die Rolle der inhaltlichen Führungskraft ersetzt durch die strategische Führungskraft. Der Chef oder die Chefin muss weder in allem Experte sein noch als Bottleneck alles entscheiden.
Vielmehr geht es um die Rolle eines strategisch Lenkenden, der das große Ziel vor Augen hat, die Stärken, aber auch Schwächen seiner Mitarbeitenden kennt und Arbeit wie auch Weiterbildung darauf ausrichtet. Im Idealfall besprechen Führungskraft und Mitarbeitende dann ganz individuell, wie eine Förderung gestaltet sein muss, damit sie die Potenziale des Individuums nutzt und so zum Unternehmenserfolg beiträgt.
Weshalb ist New Work aktuell so präsent?
Welche sind aus Ihrer Sicht die Haupttreiber für die starke Fokussierung auf New Work?
In der Außensicht ist New Work sicher auch deshalb so relevant, weil wir aktuell einen Arbeitnehmermarkt verzeichnen. Im Rennen um die besten Köpfe sind diejenigen Arbeitgebenden vorne mit dabei, die außer Standard-Hygienefaktoren wie Gehalt auch Themen wie Unternehmenskultur, Weiterbildung, Home Office und flexibles Arbeiten pushen. Wer da noch Obstkorb und Kickertisch als Highlight anbietet, ist schnell raus aus dem Rennen.
In der Innensicht hat sich der Blick der Menschen auf ihre Arbeit schlichtweg verändert, auch durch den Einfluss der Gen Z. Der Wunsch nach sinnstiftendem Arbeiten, nach einer Arbeit, die mehr ist als Einkommen, den Mitarbeitenden in seiner Individualität mitnimmt – als Papa oder Mama, als Pflegeperson, als Mensch mit Behinderung – ist weit verbreitet. Deshalb glaube ich auch, dass New Work gekommen ist, um zu bleiben.
Welche Herausforderungen sehen Sie für Unternehmen, die New Work erfolgreich umsetzen wollen?
Es reicht nicht, an der Oberfläche zu kratzen. Hier mal einen Workshop zu agilem Projektmanagement anzubieten, dort mal einen Family Day zu veranstalten. Unternehmen müssen an der Substanz arbeiten, an einer modernen Unternehmenskultur. Bei der Messe Karlsruhe sind wir selbst gerade in einem solchen Organisationsentwicklungsprozess. Deshalb liegen uns die Themen, die die LEARNTEC und die NEW WORK EVOLUTION abbilden, auch so am Herzen.
LEARNTEC – Kongress & Keynote Speaker
Welche Schwerpunktthemen stehen dieses Jahr auf der LEARNTEC im Fokus?
Nach wie vor rangiert das Thema Künstliche Intelligenz ganz oben. Das Jahr 2024 wird gemeinhin als Jahr der generativen KI bezeichnet. Das spüren wir auch intensiv bei der Anzahl der neuen Produkte in diesem Bereich. Ganz aktuell steht auch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz an: Hier diskutieren Expertinnen und Experten im Messe- und Kongressprogramm. Wie beispielsweise E-Learning-Anbietende die gesetzlichen Vorgaben umsetzen können und was es zu beachten gilt. Spannend ist auch das Thema der Wirksamkeit von digitalen Lernangeboten in Unternehmen. Damit Bildungsbudgets nicht gekürzt werden, braucht es eine Messbarkeit des Lernerfolgs und entsprechende Lösungen. Und nicht zuletzt ist Gamification nach wie vor ein Dauerbrenner.
Gibt es eine Keynote oder einen Speaker bei der LEARNTEC, auf den Sie sich besonders freuen? Weshalb?
Ich freue ich sehr auf Prof. Dr. Volker Busch, Psychiater und Bestsellerautor, der das Thema Mut in den Fokus nimmt. Auf den ersten Blick ungewöhnlich, wenn es um digitale Bildung geht. Auf den zweiten Blick sind Mut und Zuversicht gerade in Phasen der Transformation entscheidend. Und es braucht beide Eigenschaften, um offen zu sein für lebenslanges Lernen und Change. Spannend ist auch die Podiumsdiskussion über Innovationen in der Berufsausbildung, unter anderem mit Dr. Christoph Metzler vom Institut der Deutschen Wirtschaft und dem Berufsschulleiter Oliver Pundt.
Wie hat sich die LEARNTEC in den letzten Jahren entwickelt und welche neuen Formate sind besonders spannend?
In über 30 Jahren LEARNTEC hat sich eines immer wieder periodisch wiederholt. Nämlich: Themen kamen zunächst als Nischenthemen auf, die wir im Future Lab oder als Sonderschau bespielt haben. Inzwischen haben sich viele davon massiv entwickelt, sind heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Ich denke da beispielsweise an KI oder AR/VR. Darüber hinaus haben wir immer wieder neue Formate entwickelt oder bestehende erweitert, um den Austausch in der Community zu fördern.
In diesem Jahr werden wir donnerstags ein Programm anbieten, das den Mittelstand beleuchtet. Denn viele KMUs sind inzwischen ganz vorne mit dabei, wenn es um die Implementierung digitaler Tools in der Aus- und Weiterbildung geht. Auch haben wir in diesem Jahr unser Angebot an Self Guided Tours deutlich aufgestockt, das Interesse ist riesig. Auch bei der NEW WORK EVOLUTION, die übrigens ebenfalls aus einer Sonderschau entstanden ist, entwickeln wir uns stetig weiter. Beispielsweise in diesem Jahr mit einer neuen Podcast Stage, unter anderem mit den brand.eins Podcasts von Jule Jankowski und Isabel Gebien.
Digitale Bildung trifft New Work | Lernen neu gedacht
Event-Tipp: LEARNTEC
- 6-8mai2025
- Messe Karlsruhe, 76287 Rheinstetten
- www.learntec.de