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Fehlerkultur | Als Führungskraft mit harter Kritik umgehen – und daran wachsen

22Apr2025
6 min
Führungkräfteentwicklung

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Kritik vom eigenen Team zu erhalten, kann für Führungskräfte herausfordernd sein – und zugleich eine große Chance. Die Fehlerkultur im Unternehmen spielt dabei eine große Rolle.

Starke Rückmeldungen sind nicht nur ein Zeichen von Unzufriedenheit, sondern auch ein wertvoller Hinweis darauf, wo Veränderungen notwendig sind. Entscheidend ist, wie Führungspersönlichkeiten damit umgehen: Bleiben sie offen, reflektieren sie und nutzen die Kritik als Impuls zur Weiterentwicklung? Eine konstruktive Fehlerkultur lässt Kritik zu und bestärkt Mitarbeitende, Feedback zu geben.

In diesem Interview teilen Expertinnen und Experten ihre Perspektiven, wie man mit kritischem Feedback professionell umgeht und es als Teil einer positiven Fehlerkultur – idealer Weise – als Treiber für eine stärkere Führung und bessere Zusammenarbeit nutzt.

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Experten-Interview

Führungskraft & heftige Kritik

Wie geht eine Führungskraft mit starker Kritik seitens des Teams um?

Dr. Kurt Durnwalder (ITO)

Menschen reagieren auf Kritik unterschiedlich: Sie können sie ignorieren, verärgert abwerten, abstreiten, das Gegenüber zum Idioten erklären, mit Gegenkritik auffahren oder anderes mehr. Diese oder ähnliche Reaktionen wird eine konstruktive Führungskraft in aller Regel nicht zeigen. Worauf sie aber wirklich achten muss, ist, nicht nur konstruktiv auf der sogenannten Sachebene zu reagieren, sondern auch die emotionale Seite der Kritik adäquat zu berücksichtigten.

Wenn ein Team starke Kritik an einer Führungskraft übt, ist es ein klares Signal, dass es mit einem oder mehreren Themen unzufrieden ist. Es will dabei nicht nur eine Veränderung, sondern auch die Möglichkeit nutzen, etwas zum Ausdruck zu bringen, was es emotional beschäftigt. Es reicht also nicht, nur Veränderungen einzuleiten – die Führungskraft muss auch für die emotionale Seite der Kritik (den Ärger, den Frust, mögliche Verletzungen…) eine passende Antwort finden, damit Änderungen auch angenommen werden. Dass auch Nachfragen (nicht Hinterfragen) Teil des Umgangs mit Kritik ist, versteht sich von selbst. Erst wenn die emotionale Seite der Kritik beantwortet ist, macht es Sinn, über sachliche Änderungen, Korrekturen und Lösungen nachzudenken und diese in die Wege zu leiten.

Mag. Cornelia Schwaminger (and-us)

Feedback und konstruktive Kritik sind entscheidend für den Lernprozess und sollten dankbar angenommen werden. Auch wenn es nicht leichtfällt, wenn Entwicklungspotenziale aufgezeigt werden, sollte man Kritik ernst nehmen. Wichtig ist es gemeinsam und ganz offen mit dem Team an Lösungen zu arbeiten. Idealerweise unterstützen HR oder externe Coaches die Führungskräfte bei der Reflexion. Wenn die Führungskraft die Chance erkennt sich weiterzuentwickeln, hat man schon gewonnen.

Katherine Loranger (Safeguard Global)

Erkenne Bedenken an, vermeide Verteidigungshaltung und konzentriere dich auf Lösungen. Mitarbeitende wollen gehört werden und sie wollen sehen, dass etwas passiert.

Mag. Mario Filoxenidis (Eucusa)

Wenn das eigene Team eine Führungskraft stark kritisiert, sollte sich diese interne oder externe Unterstützung suchen, um das Thema zu bearbeiten. Keinesfalls sollte man die Rückmeldung kleinreden oder unter den Teppich kehren. Auch die Suche nach Schuld oder Rechtfertigung ist nicht sinnvoll.

Es ist sicher nicht ganz einfach, dieses Feedback wertfrei auch annehmen zu können. Aber man kann sich auf die Thematik einlassen, reflektieren und versuchen, mit dem Team lösungsorientiert in die Zukunft zu gehen.

Mag. Ernst Neudorfer (ASZ)

Ergebnisse von Mitarbeiterbefragungen geben Sachverhalte oft sehr verkürzt wieder – einfach aufgrund der Tatsache, dass zumeist geschlossene Fragen auf einer mehrstufigen Skala vorgegeben werden. Bei kritischen Ergebnissen (egal, ob sie die Führungskraft betreffen oder andere Sachverhalte) braucht es immer einen Blick hinter die statistischen Kennzahlen. Dies am besten in einem (extern moderierten) Gruppenmeeting/-workshop. Eine gute Feedback- und Fehlerkultur beginnt damit, dass eine Führungskraft (kritische) Befragungsergebnisse als Lernmöglichkeit versteht und im Gespräch mit ihrem Team konstruktiv an Lösungen arbeitet.

Fehlerkultur aktiv entwickeln

Wie kann eine Feedback- und Fehlerkultur aktiv entwickelt werden?

Mag. Mario Filoxenidis (Eucusa):

Die Entwicklung einer Feedback- und Fehlerkultur kann man nicht „generieren“, aber die Entwicklung fördern. „Sprießende Pflänzchen“ kann man gießen und hegen und pflegen, aber wachsen müssen sie selbst. Man kann den Boden aufbereiten und das Wachstum unterstützen.

Wichtig ist dabei Zuhören und richtig Kanalisieren. Jede Führungskraft hat generell Vorbildwirkung für die Unternehmenskultur. Der Feedbackbedarf kann je nachdem entweder durch periodische Einzelgespräche und Teammeetings fix geplant oder themenbezogen auch spontan behandelt werden. Zu achten ist auch auf die richtige Wahl des jeweiligen Kommunikationskanals. Devise: Lieber mehr als zu wenig Feedback geben und nehmen. Kritisches Feedback kann auch wertschätzend geäußert werden – auf respektvolle Kommunikation sollte geachtet werden und interkulturelle Feinheiten bei diversen Teams berücksichtigt werden.

Mag. Ernst Neudorfer (ASZ):

Die Vorbildwirkung von Führungskräften ist eine wesentliche Basis bei der Etablierung einer innerbetrieblichen Feedbackkultur. Der Feedback-Begriff sollte jedenfalls weiter gefasst werden und nicht nur als Kritik und Lob verstanden werden, sondern immer auch in ein wertschätzendes Arbeitsklima eingebettet sein. Feedback, so wie es zumeist verstanden wird, bewertet als Kritik oder Lob immer Leistung. Nur wenn sich eine Person auch UNABHÄNGIG von einer bestimmten Leistung im Unternehmen und von der Führungskraft oder den Kollegen wertgeschätzt fühlt, kann Feedback als das angenommen werden, was es ist, nämlich eine Bewertung der Leistung und nicht eine gleichzeitige Bewertung der Person selbst.

Mag. Cornelia Schwaminger (and-us):

Eine gute Feedback-Kultur muss im Alltag von der Geschäftsführung und Führungskräften gelebt werden. Feedback muss genauso wie eine gute Fehlerkultur als etwas Positives angenommen werden. Beides ist für die Weiterentwicklung von Organisationen unerlässlich. Feedback geben will aber gelernt sein, damit das Gegenüber es annehmen und lernen kann. Oft ist es auch eine Frage von Mut, Vorgesetzten Feedback zu geben. Insgesamt ein leider oft noch vernachlässigtes Thema, das aber stark in die Unternehmenskultur einzahlt und deshalb mehr Rampenlicht verdient.  

Dr. Kurt Durnwalder (ITO):

Feedbackkultur ist eng mit der Fehlerkultur verknüpft. Sie funktioniert nur in Kombination mit der Entwicklung einer konstruktiven Fehlerkultur. Wie im Unternehmen, im Bereich oder im Team mit Fehlern umgegangen wird, hat maßgeblichen Einfluss darauf, wie Feedback gegeben und angenommen wird. Wer erlebt hat, dass bei Fehlern Sündenböcke gesucht werden, statt (Lern-)Lösungen zu entwickeln, wird auf Kritik ganz anders reagieren als jemand, der die Erfahrung gemacht hat, dass Fehler ohne Verurteilung und „Abstrafung“ der Person aufgearbeitet werden. Entwickeln Führungskräfte eine konstruktive Haltung im Umgang mit Fehlern, wird sich auch das Feedback dazu verändern – und zwar in beide Richtungen. Dass zur Feedbackkultur natürlich dazugehört, nicht nur bei Fehlern Feedback zu geben, sondern insbesondere auch für Einsatz und positive Leistungen, ist etwas, das allzu leicht vergessen wird.

Katherine Loranger (Safeguard Global):

Schaffe psychologische Sicherheit, etabliere kontinuierliches Feedback als Normalität und setze gewonnene Erkenntnisse in Taten um. Mitarbeitende müssen sehen, dass ihr Input wirklich etwas bewirkt.

FAZIT: Kritik als Chance – Fehlerkultur

Kritik durch das eigene Team kann herausfordernd sein, doch gerade darin liegt großes Potenzial. Eine reife Führungspersönlichkeit nimmt kritisches Feedback nicht als Angriff wahr, sondern als wertvolle Information zur eigenen Weiterentwicklung und zur Verbesserung der Zusammenarbeit. Der richtige Umgang damit beginnt mit Offenheit, Reflexion und einem sachlichen wie auch emotional angemessenen Dialog.

Zentral für eine erfolgreiche Feedback-Kultur ist eine gelebte Vorbildfunktion seitens der Führungskräfte. Wer konstruktives Feedback fördert und selbst professionell damit umgeht, schafft eine Atmosphäre, in der ehrliche Rückmeldungen nicht als Risiko, sondern als Wachstumschance gesehen werden.

Ebenso wichtig ist eine enge Verbindung zwischen Feedback- und Fehlerkultur. Nur wenn man Fehler als Lernmöglichkeiten versteht, kann man im Unternehmen eine offene und wertschätzende Feedback-Kultur etablieren.

Unternehmen, die Fehlerkultur leben und konstruktives Feedback ernst nehmen und sichtbare Maßnahmen daraus ableiten, stärken nicht nur die Führung, sondern auch die Vertrauenskultur im gesamten Team.

Interviewte Personen: Fehlerkultur

Als Führungskraft mit harter Kritik umgehen – und daran wachsen

Dr. Kurt Durnwalder (ITO)

Kurt Durnwalder, ITO
Mag. Cornelia Schwaminger
Cornelia Schwaminger, AndUS

Katherine Loranger 

Katherine Loranger, Safeguard Global, Onboarding Prozess

Mag. Ernst Neudorfer

  • Arbeits- & Organisationspsychologe, Gesundheitspsychologe und Coach
  • ASZ – Das Arbeitsmedizinische und Sicherheitstechnische Zentrum in Linz GmbH
  • Unternehmens-Profil
  • www.asz.at
Ernst Neudorfer, asz, Mitarbeiterbefragung

Mag. Mario Filoxenidis

  • Geschäftsführer
  • EUCUSA Consulting GmbH
Mario Filoxenidis, Eucusa

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