Das BarCamp Vereinbarkeit bringt Menschen zusammen, die Arbeit menschlicher und Unternehmen zukunftsfähig machen wollen. Doch wie gelingt echte Veränderung, jenseits von Homeoffice & Gleitzeit?
Wir haben mit Lisi Molzbichler, Initiatorin des BarCamps, über Motivation, Praxisbeispiele und die Kraft co-kreativer Prozesse gesprochen.
Interview-Partnerin
Lisi Molzbichler ist Unternehmensberaterin und Coachin für Vereinbarkeit sowie Ideengeberin und Veranstalterin des Vereinbarkeits-BarCamps. Sie begleitet Organisationen, Führungspersonen und Einzelpersonen dabei, nachhaltige Lösungen für eine moderne Arbeitswelt zu entwickeln. Ihr Motto: „Flexible Arbeitszeiten, gute Zeiteinteilung und Kinderbetreuung reichen für die Vereinbarkeit lange nicht aus.“

Die Vorgeschichte des BarCamps Vereinbarkeit
Worum geht es – in kurzen Worten – beim BarCamp zum Thema Vereinbarkeit?
Beim Vereinbarkeits-BarCamp geht es darum, in einem co-kreativen Prozess neue Wege zu finden, wie Unternehmen Vereinbarkeit strategisch und nachhaltig in ihre Organisation integrieren können. Wir sprechen über flexible Arbeitsmodelle, lebensphasenorientierte Karriereplanung und Unternehmenskulturen, uvm die es ermöglichen, Beruf, Familie und individuelle Bedürfnisse in Einklang zu bringen.
Dabei stehen praxisnahe Lösungen der Teilnehmenden und direkter Austausch im Fokus – von HR-Strategien über Führungskultur bis hin zu innovativen Best Practices. Keine Frontal-Vorträge, sondern von der gemeinsamen Ideenfindung bis hin zur Lösung.
Wie entstand die Idee, ein BarCamp zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu organisieren? Gab es ein Schlüsselerlebnis oder besondere Beweggründe?
In meiner Arbeit als Unternehmensberaterin und Coachin für Vereinbarkeit habe ich immer wieder bemerkt, dass in Unternehmen oft eine „Wir machen eh schon so viel“-Mentalität vorherrscht. Innovation im Bereich Vereinbarkeit wird häufig nicht zugelassen – gerade im Mittelstand, wo vieles auf individueller Basis geregelt wird oder nur für Eltern.
Dabei betrifft Vereinbarkeit uns alle – egal in welcher Lebensphase. Pflege von Angehörigen, Weiterbildung, persönliche Interessen oder gesundheitliche Herausforderungen – all das erfordert Lösungen, die über klassische Modelle hinausgehen. Mir war klar: Es braucht einen Raum für echten Austausch, neue Ideen und ein „Voneinander lernen“ – und genau das schafft das BarCamp.
Welche Zielgruppen möchtest du mit dem BarCamp ansprechen?
Das BarCamp richtet sich an HR-Verantwortliche, Führungskräfte, Personaldienstleistende und CEO’s, die Vereinbarkeit strategisch in ihrer Organisation verankern wollen. Besonders relevant ist es auch für Organisationen, die an Öffnungszeiten oder die physische Anwesenheit ihrer Mitarbeitenden gebunden sind – denn hier braucht es noch kreativere Lösungen.
Unternehmen, die sich als attraktive Arbeitgebende positionieren möchten und nach nachhaltigen Lösungen für Work-Life-Balance, Fachkräftesicherung und eine moderne Unternehmenskultur suchen, sind hier genau richtig.
Das BarCamp & seine Inhalte
Welche konkreten Inhalte und Themenbereiche werden während des BarCamps behandelt, und wie werden diese ausgewählt?
Die Inhalte sind vorher nicht genau definierbar – es ist also eine Konferenz mit offenem Inhalt, weil sie von den Teilnehmenden selbst gestaltet werden. Sicher bewegen wir uns in Themen wie New Work, flexiblen Arbeitsmodellen, Job- & Top-Sharing, Väterkarenz, betrieblicher Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und Unternehmenskultur. Welche Schwerpunkte konkret gesetzt werden, entscheiden die Teilnehmenden vor Ort – in einer Art „Voting-Prozess“.
Kannst du erläutern, wie das BarCamp-Format funktioniert und welche Vorteile es gegenüber traditionellen Konferenzen bietet?
Das Besondere am BarCamp ist, dass keine starren Agenden oder vorgegebenen Panels existieren.
Die Themen werden von den Teilnehmenden selbst beigesteuert, dann geclustert und danach dürfen die Teilnehmenden auch ihre Stimmen für die Themencluster abgeben – daraus formen sich mind. 6 unterschiedliche Workshop-Themen, die wir im Laufe des Vormittags abhalten und begleiten. So wird sichergestellt, dass die wichtigsten und brennendsten Themen den Vorrang bekommen.
Der absolute Vorteil des BarCamps ist also: Die Teilnehmenden bringen ihre eigenen Herausforderungen, Fragen und Ideen ein und gestalten die Sessions aktiv mit. Dadurch entstehen praxisnahe Diskussionen, echte Lösungen und ein Austausch auf Augenhöhe. Der Output und die Learnings sind dadurch auch extrem hoch.
Ein weiterer Vorteil: Man kann auch einfach beobachten und aufsaugen wie ein Schwamm, wenn man in dem Bereich noch neu ist. So entsteht ein niederschwelliger Zugang zu innovativen Ideen.
Gibt es besondere Erfolgsbeispiele oder innovative Ansätze aus vergangenen BarCamps, die du hervorheben möchtest?
Ja! Im vergangenen BarCamp (2024) sind einige spannende Lösungen entstanden, etwa ein Top-Sharing-Modell für Führungskräfte, das in einem mittelständischen Unternehmen erfolgreich umgesetzt wurde, weil in einer Session ein Job-Tandem vom Erfolgsmodell im Detail und aus Erfahrungen erzählt hat. Ein anderes Unternehmen hat nach einer Session eine viertägige Arbeitswoche als Pilotprojekt getestet – mit positiven Effekten auf Produktivität und Mitarbeiterbindung.
Welche Impulsgebende und Workshop-Leitende werden beim kommenden BarCamp dabei sein, und welche Expertise bringen sie mit?
Wir wählen Impulsgebende ganz breit und offen aus und versuchen da einen guten Mix abzubilden, um unterschiedliche Perspektiven einzubringen. Die wichtigsten Akteure und Akteurinnen sind aber die Teilnehmenden selbst – denn genau ihr Input macht das BarCamp so wertvoll. Eine Übersicht aller Impulsgebenden gibt es bereits auf unserer Website.
Welche langfristigen Ziele verfolgst du mit dem BarCamp, und wie planst du, dessen Wirkung über die Veranstaltung hinaus zu sichern?
Ein zentrales Ziel ist es, den Impuls zu setzen, dass Vereinbarkeit mehr braucht als funktionierende Kinderbetreuung und gutes Zeitmanagement der einzelnen Personen – es braucht Organisationen & Unternehmen, die übergeordnet über die Unternehmenskultur, Strategie und Maßnahmen aktiv unterstützen. Es geht also um den Wandel des Systems und langfristig auch um einen Wandel in der Gesellschaft.
Im Nachgang des BarCamps bekommen die Teilnehmenden von uns eine Dokumentation aller Workshops, sodass sie auch einen Überblick über die Themen, Ausarbeitungen und Lösungen der nicht besuchten Workshops bekommen. Wenn es gewünscht wird, bleibe ich mit den Unternehmen weiterhin in Kontakt, um regelmäßige Check-ins zu machen: Welche Maßnahmen wurden nach dem BarCamp umgesetzt? Welche Hürden gibt es noch? Über meine Kanäle biete ich an, Ergebnisse & Erfolge sichtbar zu machen. Wenn Bedarf besteht, biete ich auch gerne an weiter zu begleiten bzw. arbeite mit den Unternehmen daran, aus Ideen nachhaltige Lösungen zu entwickeln.
Vereinbarkeit in der Wirtschaft
Wie siehst du die zukünftige Entwicklung des Themas Vereinbarkeit, und welche Rolle kann das BarCamp dabei spielen?
Vereinbarkeit ist für mich ein zentrales Zukunftsthema – denn wir ALLE müssen unterschiedliche Dinge unter einen Hut bringen, nicht nur Eltern. Fachkräftemangel, neue Arbeitsmodelle und steigende Anforderungen an Flexibilität machen das Thema für Unternehmen unverzichtbar.
Das BarCamp ist eine Innovationsplattform, um Vereinbarkeit nicht nur als Sozialleistung oder Benefit, sondern als integralen Bestandteil einer modernen Unternehmenskultur zu etablieren. Das Format bietet die Möglichkeit nach einem halben Tag mit einem riesigen Pool an Ideen und Lösungen nachhause zu gehen und gleich loslegen zu können.
Welche Empfehlungen würdest du Unternehmen geben, die ihre Vereinbarkeitsstrategien verbessern möchten, aber nicht wissen, wo sie anfangen sollen?
- Sich überhaupt einmal damit auseinandersetzen und beschäftigen! Vereinbarkeit ist nicht nur ein Thema für große Konzerne, sondern gerade für kleine und mittlere Unternehmen enorm wichtig, wenn es um zukünftige Mitarbeitende geht bzw. darum, Mitarbeitende zu halten.
- Klein anfangen – große Wirkung erzielen! Es gibt viele einfache, kostengünstige Maßnahmen, die sofort spürbare Verbesserungen bringen. Es muss nicht immer die teuerste Maßnahme sein, die zum Erfolg führt.
- Vereinbarkeit als Unternehmensstrategie begreifen! Unternehmen müssen sich fragen: Wie können wir Vereinbarkeit aktiv fördern, statt nur reagieren?
- Sich überhaupt einmal damit auseinandersetzen und beschäftigen! Vereinbarkeit ist nicht nur ein Thema für große Konzerne, sondern gerade für kleine und mittlere Unternehmen enorm wichtig, wenn es um zukünftige Mitarbeitende geht bzw. darum, Mitarbeitende zu halten.
Ganz persönlich
Worauf freust du dich beim BarCamp schon ganz besonders?
Auf die coole Energie, auf den co-kreativen Prozess! Durch den Austausch entstehen Ideen, die sich weiterentwickeln und ihr volles Potenzial entfalten können. Zudem ist es irgendwie wie so ein großes Klassentreffen mit ganz vielen Geschichten und Erfahrungen – einfach schön!
Was bzgl. des BarCamps würdest du dir wünschen, wenn du dir das Blaue vom Himmel wünschen dürftest?
Dass Vereinbarkeit in allen Unternehmen so selbstverständlich wird wie Urlaubstage – und dass Veranstaltungen wie das BarCamp irgendwann nicht mehr nötig sind, weil wir eine wirklich moderne, lebensphasenorientierte Arbeitswelt geschaffen haben.
New Work braucht New HR | Und Vereinbarkeit, die alle mitdenkt
BarCamp Vereinbarkeit
Event-Tipp
- Titel: BarCamp Vereinbarkeit Wien
- Ort: karriere.at GmbH, 2 Jakov-Lind-Straße, 1020 Wien
- Datum: 22mai2025, 9.00-14.00 Uhr
- www.balanceup.at/barcamp