Da das Interview „Betriebliche Gesundheitsförderung (Österreich): die knifflige Umsetzung im Team & Unternehmen“ deutlich zu lang wurde (ganze 17 min Lesezeit!), kürze ich es kurzerhand und pake die Zusatzfrage in diese Extra-Seite.
Zusatzfragen: Der Gedanke weiter gesponnen
Welche Fragen kommen Ihnen in diesem Zusammenhang mit der Umsetzung von ungeliebten Maßnahmen oder generell herausfordernden Team-Situationen noch in den Sinn – was sollte ich noch bedenken?
Andreas Driza (Montée): Wissen Sie, wie stark die Teamfähigkeit vom Gruppen-EQ abhängt? Wie bewusst sind Sie sich der Feedback-Regeln im konstruktiven Gespräch mit Kollegen und Mitarbeitern? Spüren Sie, ob ein Kollege kurz davor ist ins Burnout zu schlittern?
Die 5 Bereiche der emotionalen Intelligenz, die zahlreichen Kommunikationsebenen und die Bedeutung der Körpersprache können anhand einiger spannender Übungen in meinem Vortrag „Nonverbale Kommunikation – Emotionale Intelligenz“ gut verinnerlicht werden.
Reinhard Krechler, MSc (Beraterkreis): Was ist bei derartigen Projekten oder auch bei anderen (unliebsamen) Veränderungsprozessen besonders wichtig?
Die Vermeidung der 7 Todsünden im Changemanagement, wie ich diese gerne bezeichne:
#1: Keine oder mangelnde Kommunikation
#2: fehlende Darstellung der Notwendigkeit/der Ziele/der Sinnhaftigkeit
#3: fehlende frühzeitige Beteiligung der Mitarbeiter_innen
#4: Widerstand nicht hören/nicht ernst nehmen
#5: fehlende Wertschätzung für das bisher Erreichte
#6: mangelndes/fehlendes Zeitmanagement/Zeitgefühl
#7: fehlende Vorbildfunktion des Managements
[Anm.d.Red.: siehe auch Krechlers Blogartikel]
Mag. Gert Hufnagl (Trainingsteam Gansinger Hufnagl): Welche Rolle spielen die Führungskräfte in einem solchen Projekt?
Die Führungskräfte spielen eine wesentliche Rolle, denn betriebliche Gesundheitsförderung ist ganz klar eine Führungsaufgabe. Darüber hinaus ist „Gesundes Führen“ oft ein wichtiger inhaltlicher Aspekt in BGF-Projekten.
Die Unterstützung des Projekts durch die Führungskräfte und ihre aktive Beteiligung daran ist also ein Schlüsselfaktor für den Erfolg. In ihrer Verantwortung liegt es auch Sorgen, Ängste und Vorbehalte der Mitarbeiter ernst zu nehmen.
Thomas Dodner (Top Train): Wie überwinde ich meinen „inneren Schweinehund?“
In unseren Gesundheitstrainings kombinieren wir „Körper“, „Psyche“ und „Ernährung“. Vor dem Trainingsbeginn stehen daher die Arbeit an der persönlichen Vision sowie die individuelle Zieldefinition. So werden Fortschritte messbar und motivieren zum „dranbleiben“.
Günther Mathé, MBA (careercenter): Welche Erfahrung haben Sie als Trainingsanbieter bei der Implementierung von Gesundheitsprojekten?
Wir bieten seit mehreren Jahren unter dem Titel „Fit im Beruf“ verschiedene Seminare und Workshops an, in denen wir Firmen bei der Einführung von Gesundheitsprojekten begleiten. Der eingangs beschriebene Widerstand seitens der Belegschaft ist uns bekannt. Umso erfreulicher ist es, dass wir auf zahlreiche erfolgreiche Beispiele von Unternehmen blicken können, wo sich diese Skepsis in sehr gelungene, nachhaltige Gesundheitsmaßnahmen in Firmen gewandelt hat. Neben dem rein gesundheitlichen Aspekt und einer verminderten Krankenstandsquote konnte vor allem beobachtet werden, dass durch diese Projekte der Teamgedanke gestärkt wurde.
DI Reinhard Bacher (GfP): Wie kann man die Unternehmensleitung und die wichtigsten Führungskräfte dazu bringen, dass sie ein derartiges Vorhaben nicht nur unterstützen, sondern diesem Vorhaben auch voranstehen?
Es muss gelingen, in der Führungsebene die Dringlichkeit des Vorhabens klar zu machen. John F. Kotter hat in seinem absolut lesenswerten Buch „Prinzip Dringlichkeit“ dazu einige Hebel aufgezeigt, die wir in unseren Beratungsprozessen versuchen zu betätigen. Darüber hinaus ist eine lohnenswerte Prüffrage für die Dringlichkeit eines Vorhabens „Was passiert eigentlich, wenn nichts passiert?“. Wenn es darauf keine wirkliche Antwort gibt, aus der sich die Handlungsnotwendigkeit ableitet, dann ist es vermutlich auch nicht dringlich!
Veronika Kotrba, MC (sinnvollFÜHREN): Welche Absichten verfolgt die Unternehmensführung mit diesem Projekt?
Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung ist aus unserer Sicht, dass die Unternehmensleitung bei der Zielvorgabe zuallererst das Wohl ihrer Mitarbeiter in Visier hat. Nur dann werden Ideen der Belegschaft zur Realisierung auch von oben mitgetragen werden, dann wird es Zeit- und Geldressourcen geben und nur dann hat die ganze Sache eine Chance. Ein Projekt „Gesundheit am Arbeitsplatz“, das aus marktpolitischen Gründen ausgerufen wird oder gar nur um dem Wunsch von Aktionären zu entsprechen, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern, wenn die Unternehmensleitung selbst nicht voll dahintersteht. Dass Ihre Mitarbeiter dem Projekt gegenüber schon zu Beginn negativ eingestellt sind, lässt im ersten Moment eher letzteres vermuten. Um das herauszufinden, ist ein Erstgespräch auf Geschäftsleitungsebene unerlässlich, geht es hier doch um die grundlegenden Basisinformationen um diesen Auftrag von unserer Seite her anzunehmen oder aber auch abzulehnen. Und wer weiß – vielleicht kommt bei einem solchen Gespräch ja auch heraus, dass die möglicherweise dahinterliegenden Ziele der Chefs, auch mit Mitteln erreicht werden können, die von vornherein von der Belegschaft gerne mitgetragen werden.
Die Interview-Partner
Betriebliche Gesundheitsförderung (Österreich): Zusatzfragen zum Interview
Veronika Kotrba, MC sinnvollFÜHREN GmbH Günther Mathè, MBA careercenter e.U. Andreas Driza Montée Austria GmbH Reinhard Krechler Beraterkreis DI Reinhard Bacher GfP Gesellschaft für Personalentwicklung GmbH Thomas Dodner Top Train Unternehmensberatung und Training GmbH Mag. Gert Hufnagl Trainingsteam Gansinger Hufnagl OG Mag. Julia Goldgruber teamazing OG |