Wenn Mitarbeiter vor neuen Aufgaben oder Herausforderungen stehen, kann mentale Unterstützung nötig sein. Deshalb engagieren Firmen zunehmend Coachs. Doch wann ist eher ein Einzel- und wann eher ein Team- oder Gruppencoaching sinnvoll? Ich bitte auf die Couch.
Wann ist welche Coaching-Form am sinnvollsten?
Zusatzfrage: Welche Rolle soll der Coach einnehmen bzw welche Vor-Erfahrungen muss er mitbringen?
In Unternehmen müssen mitunter ganze Mitarbeitergruppen neue Denk- und Verhaltensmuster zeigen. Zum Beispiel beim Führen der Mitarbeiter. Oder beim Betreuen der Kunden. Oder bei der Zusammenarbeit. Also steigt auch der Bedarf an Unterstützung.
Einzelcoaching
Beim Einzelcoaching trifft sich eine Person, der so genannte Coachee, mit einem Berater, um mit ihm eine Lösung für eine aktuelle berufliche oder private Herausforderung zu erarbeiten. Das Coaching kann sich, wenn der Coachee eine Privatperson ist, um die Frage drehen: Soll ich meinen Arbeitgeber wechseln? Oder: Wie bringe ich die Anforderungen, die an mich beruflich und privat gestellt werden, unter einen Hut? Im Zentrum des Coachings steht also eine Frage, die einer baldigen Antwort bedarf und bei der die Person das Gefühl hat: Alleine bin ich unsicher und schaffe ich es eventuell nicht – zum Beispiel, weil mir Infos oder Erfahrungswerte fehlen.
Eine Grundannahme lautet beim Coaching stets: Der Coachee kann sein Leben allein meistern. Er benötigt in der aktuellen Situation aber zeitlich befristet eine punktuelle Unterstützung. Dessen ungeachtet stößt man in Coachingsitzungen immer wieder auf Fragen, die die Persönlichkeit des Coachees berühren. Zum Beispiel: Warum schiebt er wichtige Entscheidungen oft auf die lange Bank? Warum fällt es ihm so schwer, nein zu sagen? Deshalb muss ein Coach psychologisch geschult sein – auch um gegebenenfalls sagen zu können: Stopp, das übersteigt meine Kompetenz!
In Unternehmen müssen oft ganze Mitarbeitergruppen neue Denk- und Verhaltensmuster entwickeln – zum Beispiel, weil sich der Markt geändert hat. Dann sind Einzelcoachings meist wenig sinnvoll – unter anderem weil dort kein Erfahrungsaustausch mit Kollegen und keine Verständigung auf ein gemeinsames Vorgehen erfolgt. Dann ist eher ein Team- oder Gruppencoaching angesagt.
Teamcoaching
Von Teamcoaching spricht man, wenn die Teilnehmer ein (informelles) Arbeitsteam bilden – also gemeinsam eine Aufgabe lösen oder ein Ziel erreichen müssen. Deshalb drehen sich die Treffen oft um Fragen wie: Was ist unser gemeinsames Ziel? Welche Aufgaben ergeben sich daraus? Was ist nötig, damit wir diese bestmöglich lösen? Und: Wer macht was bis wann?
Beim Sich-Verständigen auf ein Vorgehen und beim Umsetzen der vereinbarten Lösung sind Reibereien vorprogrammiert. Zum Beispiel weil die Teammitglieder verschiedene Interessen haben. Deshalb hat beim Teamcoaching der Coach auch die Funktion eines Katalysators, der dafür sorgt, dass die Knackpunkte angesprochen werden.
In den Coachingsitzungen werden zuweilen Vorwürfe laut wie: „Herr Mayer gibt mir zu wenig Infos. Deshalb kann ich nicht …“ Dann ist der Coach als Moderator gefragt. Denn in den Teamcoaching-Sitzungen kann zwar erörtert werden, welche Merkmale der Organisation dazu führen, dass eine Person ein bestimmtes Verhalten zeigt. Dort sollte aber nicht darüber gesprochen werden, welche Persönlichkeitsmerkmale von Herrn Mayer dazu führen, dass er Infos nicht weiter gibt. Das käme einem Bloßstellen gleich. Solche persönlichen Aspekte müssen im Vier-Augen-Gespräch, also im Rahmen eines Einzelcoachings erörtert werden.
Gruppencoaching
Beim Gruppencoaching bilden die Teilnehmer kein Arbeitsteam. Sie nehmen aber in ihrer Organisation eine ähnliche Funktion wahr. Ein klassischer Anlass für ein Gruppencoaching ist: Ein Unternehmen hat mehrere junge Führungskräfte und diese sind aufgrund ihrer geringen Erfahrung oft unsicher, wie sie sich in bestimmten Führungssituationen verhalten sollen. Ein weiterer Anlass: Die Führungskräfte werden mit einer für sie neuen Aufgabe konfrontiert – zum Beispiel Mitarbeiter in einer Umstrukturierungsphase führen.
Dann ist ein Gruppencoaching meist effektiver als ein Einzelcoaching. Denn im Austausch mit ihren Kollegen wird den Teilnehmern oft auch klar, dass ihre Probleme ihre Wurzeln nicht in ihrer Person, sondern primär in der Situation haben. Sie merken im Gespräch mit ihren Kollegen aber auch, wo diese mehr oder weniger Probleme haben – also wo vermutlich ihre individuellen Stärken und Schwächen liegen.
Diesen Reflexionsprozess muss der Coach stimulieren. Er sollte die Teilnehmer außerdem dazu veranlassen, aus ihren Erkenntnissen die nötigen Schlüsse zu ziehen. Zugleich sollte er ihnen aber als Impulsgeber zur Seite stehen und zum Beispiel mit den Führungskräften alternative Lösungswege herausarbeiten, an die sie etwa aufgrund ihrer geringen Erfahrung noch nicht denken. Deshalb sollte der Coach Praxiserfahrung haben.
Gastautor: Frank Linde ist einer der beiden Geschäftsführer des Beratungsunternehmens im-prove, Schwäbisch-Gmünd, das (Dienstleistungs-)Unternehmen bei Changeprojekten unterstützt und Change-Berater und -coachs ausbildet (Tel -49 / 7171 / 9080478, frank.linde@im-prove.de, www.im-prove.de).
Bitte auf die Coaching-Couch! Coaching-Arten.