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Die Bühnen des Lebens (beruflich & privat) | Welche Rolle habe ich gerade?

25Aug2024
5 min
Bühne des Lebens

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

In unserem Erwachsenenleben treten wir auf zwei Hauptbühnen – der privaten und der beruflichen – in unterschiedlichen Rollen auf.

Diese Rollenvielfalt ist sowohl herausfordernd als auch spannend, denn sie ermöglicht es uns, unsere angelegten Potenziale voll zur Geltung zu bringen und uns auf vielfältige Weise auszuprobieren. Durch diese Erfahrungen gewinnen wir Sicherheit, unsere Persönlichkeit reift, und wir erlangen Gelassenheit und Toleranz für die unterschiedlichsten Situationen im Leben.

Bühne des Privatlebens

Im Privatleben nehmen wir drei verschiedene Hauptrollen innerhalb der Familie ein – Kind, Schwester oder Bruder und Enkelkind, sofern die Großeltern im selben Haushalt leben. Diese Rollen werden im Laufe der Zeit durch die Elternrolle, die Partnerrolle und schließlich die Großelternrolle ergänzt. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere familiäre Rollen wie Cousin und Cousine, Neffe/Nichte, Schwiegertochter oder -sohn etc. Das Besondere an diesen Rollen ist, dass wir sie nicht ablegen können. Wir können entscheiden, sie intensiver oder weniger intensiv auszuleben, aber sie begleiten uns ein Leben lang.

Zusätzlich gibt es Rollen wie Schüler, Freundin, Nachbar oder Vereinsmitglied – sei es beispielsweise in der Feuerwehr, im Musikverein oder im Sanitätsdienst. In der modernen Zeit des Internets übernehmen wir auch oft die Rollen der Käuferin und Verkäuferin. Diese Rollen können wir jederzeit wechseln und sie sind von uns bewusst wählbar. Durch Umzüge, geänderte Hobbys und Vorlieben haben wir heutzutage die Möglichkeit, diese Rollen aktiv zu gestalten und zu wechseln.

Allen privaten Rollen ist gemeinsam, dass sie uns als Privatperson betreffen. Sie sind stark mit unserer Identität verbunden und unser Engagement ist oft emotional geprägt. Diese Rollen können uns glücklich und sicher oder enttäuscht und verärgert fühlen lassen. Wir lernen das Verhalten in diesen verschiedenen Rollen in den ersten 20 Jahren unseres Lebens durch Vorbilder in unserem Erwachsenenumfeld – wir ahmen sie nach – und durch Regeln und Konsequenzen, die uns prägen und zu einem sozial erwünschten Verhalten anhalten.

Berufliche Bühne

Hard Facts: Die berufliche Rolle umfasst ein bestimmtes Aufgabenspektrum. Die Ergebnisse, die durch die Erfüllung dieser Aufgaben erreicht werden sollen, sind durch die Vorgaben des Unternehmens und die spezifischen Zielsetzungen der direkten Führungskraft vorgegeben. Als Mitarbeiterin ist man für deren Erfüllung qualitativ und quantitativ verantwortlich. Dies entspricht den Vertragsverpflichtungen aus dem Dienstvertrag und wird durch ein monatliches Gehalt honoriert.

Als Führungskraft vertritt man das Unternehmen, das in der Privatwirtschaft auf Gewinn ausgerichtet ist, und ist in seinem Einflussbereich für ein Team, einen Bereich oder das gesamte Unternehmen und dessen Mitarbeitende verantwortlich. Dies geschieht zum Wohle des Unternehmens und der Belegschaft.

Soft Facts: Die berufliche Rolle erfordert auch ein rollenadäquates Verhalten. Das bedeutet, dass man sein Verhalten – optisch, verbal, nonverbal und emotional – auf die jeweilige Rolle als Mitarbeiter oder Führungskraft abstimmt. Dies lässt persönlichen Handlungsspielraum zu, unterliegt aber nicht allein der persönlichen Einschätzung. Die Unternehmenskultur und die expliziten sowie impliziten Erwartungen der nächsten Führungskraft, Kollegen, Kundinnen, Lieferanten und Eigentümer bzw. Stakeholder geben einen verbindlichen Rahmen vor. Die Einhaltung dieses Rahmens wird mit Wertschätzung und Anerkennung belohnt, während Fehlverhalten kritisches Feedback bis hin zum Ausschluss nach sich ziehen kann.

Die Balance finden

Es ist wichtig, sich der zwei Bühnen – privat und beruflich – und den unterschiedlichen Rollenanforderungen bewusst zu sein und sich auf dieses vielfältige Spiel in allen Facetten einzulassen. Dies bereichert uns durch umfassende Lebenserfahrungen und trägt intensiv zu einem erfüllten Leben und einer gereiften, in sich ruhenden Persönlichkeit bei.

Wer sich dieser Vielfalt verweigert und eine unglückliche Komplexitätsverminderung anstrebt – nach dem Motto „Ich bin so wie ich bin und das habt ihr (in allen Lebenslagen) zu akzeptieren“ – bleibt weit hinter seinen Möglichkeiten zurück und widersetzt sich den angebotenen Wachstumschancen. Das Ergebnis ist ein Mensch, dessen Welt klein und beschränkt bleibt, weil alle Situationen zum Wachsen nicht genutzt, sondern umgangen werden. Daraus entsteht keine lebenssichere, selbstbewusste Person, sondern jemand, der sich auf wenige Rollen beschränkt und die Möglichkeiten des Lebens und die damit verbundenen Wachstumschancen verweigert.

Achtung – Stolperfallen

Wenn man sich der beruflichen Bühne und den damit verbundenen Rollen schrittweise entzieht – zum Beispiel durch häufigen Jobwechsel, wenn es schwierig wird, oder durch das Festhalten an der persönlichen Meinung und Version – ist das keine Weiterentwicklung oder Errungenschaft, sondern ein Versäumnis, sich keine angemessenen Verhaltensweisen für unterschiedliche berufliche Erwachsenensituationen angeeignet zu haben. Mit Einsatz und Lernwillen lässt sich dies jederzeit nachholen, jedoch erfordert es die persönliche Einsicht, bisher etwas falsch eingeschätzt und versäumt zu haben. Führungskräfte können aufgrund ihres Einflusses durch kritisches Feedback und nachdrückliches Fördern der Qualifizierung ein solches Nachreifen in jedem Alter bei ihren Mitarbeitenden bewirken. Damit dies dauerhaft erfolgreich ist, bedarf es jedoch Empathie und einer tragfähigen, vertrauensvollen Beziehung zu den jeweiligen Teammitgliedern.

Erkennen und Handeln

Wie erkennt man, dass jemand seine berufliche Rolle nicht eingenommen hat und als Privatperson im Firmenkontext agiert? Die Personen sind emotionaler, uneinsichtig und äußern ungefragt ihre Meinung. Sie bewerten alle Situationen mit ihrem eigenen Maßstab, ohne Zugang zu wesentlichen Informationen zu haben. Sie setzen sich über Zuständigkeiten, Kompetenzen und Verantwortungen hinweg, mischen sich ein und gehen davon aus, dass nur sie die Wahrheit gepachtet haben und die Situation richtig einschätzen. Sollte ihren Meinungen und Einschätzungen nicht Folge geleistet werden, reagieren sie beleidigt oder sogar aufbrausend und versuchen, interne Kolleginnen durch Gespräche im Gang oder beim Kaffee auf ihre Seite zu ziehen oder in öffentlichen Foren das Unternehmen, die Kollegen oder die Führungskraft zu blamieren. All diese Aktivitäten sind emotional gesteuert und gehören ins private Umfeld – wo sie oftmals ebenfalls unangebracht sind – aber sicher nicht zum beruflichen Miteinander.

Wie reagiert man, wenn Kolleginnen ihre persönlichen Bewertungen nicht hinterm Berg halten können? Souverän und distanziert: „Ich finde, dass das nicht in unsere Zuständigkeit gehört, und außerdem bin ich nicht deiner Meinung.“ Dies ist nicht unkollegial und verschwörerisch, sondern reif und rollenadäquat. Verwechslungen dieser Art werden leider immer häufiger, auch durch die Einflüsse der sozialen Medien, die oft persönliche Bewertungen anstelle objektiver Kriterien fördern.

Fazit

Ein Rückzug von der beruflichen Bühne des Lebens, der ein glückliches und erfülltes Leben verspricht, ist eine Illusion. Die Herausforderungen des Lebens – speziell im Miteinander mit anderen Menschen – bleiben bestehen. Im privaten Leben sind diese oft emotionaler und mit weniger Einfluss auf das Gegenüber verbunden. Lasst uns die kommunikativen Herausforderungen mit Kollegen, Chefinnen, Kunden und Lieferantinnen zum Wachsen und Lernen freudig annehmen – anstatt in einen Streit mit Familienangehörigen, Nachbarn und Ämtern zu geraten.

Die Bühnen des Lebens (beruflich & privat) | Welche Rolle habe ich gerade?