In den Unternehmen, wie auch in der Gesellschaft, wird Verantwortung zunehmend negiert, abgeschoben oder an den Staat delegiert. Mit ein Grund, warum der Wirtschaftsmotor stottert.
Die zentrale Frage lautet daher: Wer übernimmt in unsicheren Zeiten noch Verantwortung und trifft die mutigen Entscheidungen, die nötig sind, um diesen Stillstand zu überwinden?
Wir stecken mitten in einer Wirtschaftsflaute, doch das liegt nicht nur an den vielen Krisen. Viel zu oft werden unliebsame Entscheidungen hinausgezögert oder gar nicht getroffen. Immer mehr Menschen konzentrieren sich vor allem auf ihren Eigennutz und meiden Risiken.
Eine Krise des Handelns
Die wirtschaftlichen Herausforderungen der letzten Jahre sind vielschichtig. Einerseits haben globale Krisen wie die Corona-Pandemie, der Ukraine-Konflikt, steigende Energiepreise und die Inflation die Märkte destabilisiert. Unternehmen sehen sich mit vielen Unsicherheiten konfrontiert, sowohl in Bezug auf Kosten als auch auf die Nachfrage. Doch diese äußeren Faktoren allein erklären den wirtschaftlichen Stillstand nicht vollständig.
Die Frage, warum heute so wenig mutige Entscheidungen getroffen werden, hat verschiedene Ursachen. Ein wesentlicher Grund liegt in der Angst vor Fehlern und den Konsequenzen, die Fehlentscheidungen nach sich ziehen könnten. Zunehmende Komplexität gepaart mit hoher Unsicherheit fördert eine Kultur des Zögerns. Entscheidungen werden oft hinausgeschoben, in der Hoffnung, dass sich Probleme von selbst lösen oder eine „sichere“ Option auftaucht.
Hinzu kommt, dass viele Menschen – von der Führungsebene bis zu den Mitarbeitenden – stärker auf den persönlichen Vorteil bedacht sind. Eigenoptimierung und Absicherung sind wichtiger geworden als das Wohl des Ganzen. Hybrides Arbeiten und Home Office haben diese Tendenzen noch verstärkt. Viele Beschäftigte nutzen die neue Arbeitsstruktur, um sich stärker auf individuelle Ziele zu konzentrieren und Verantwortung zu vermeiden.
Diese Verhaltensweisen führen dazu, dass Projekte nicht vorankommen, Innovationen ausbleiben und notwendige Veränderungen verschleppt werden. Es entsteht eine „Abwarten-und-Hoffen“-Mentalität, die den Fortschritt bremst. Oftmals noch verstärkt von der krisengewöhnten Haltung der letzten Jahre, dass es im Notfall die Politik schon richten wird.
„Skin in the Game“-Mentalität ist gefragt
Um aus dem gegenwärtigen wirtschaftlichen Stillstand herauszukommen, benötigen Unternehmen eine „Skin in the Game“-Mentalität. Das bedeutet, dass von der Führungsebene bis hin zu den Mitarbeitenden, alle persönlich investiert und engagiert sein müssen, um die Impulse für die notwendigen Veränderungen zu generieren. Raus aus dem oberflächlichen Dabeisein und wieder hin zu einem ehrlichen Commitment. Aber wie kann das gelingen?
Mutige Entscheidungen und klare Führung
In Zeiten der Unsicherheit brauchen Unternehmen Führungskräfte, die bereit sind, mutige Entscheidungen zu treffen – auch wenn diese unpopulär sind. Das Management sollte offen kommunizieren und transparent darlegen, warum bestimmte Maßnahmen ergriffen werden müssen. Nur so kann man das Vertrauen der Mitarbeitenden gewinnen und ein gemeinsames Verantwortungsgefühl schaffen.
Eigennutz abbauen, Zusammenarbeit fördern
In vielen Unternehmen hat die Betonung auf individuelle Leistung und Eigenoptimierung dazu geführt, dass das Teamgefühl gelitten hat. Doch in einer komplexen und unsicheren Wirtschaft sind Zusammenarbeit und Teamgeist entscheidender denn je. Führungskräfte müssen den Fokus wieder auf gemeinschaftliche Ziele lenken. Wer das Gefühl hat, Teil eines Ganzen zu sein, trägt eher zum Erfolg des Unternehmens bei und wird auch in Krisenzeiten Verantwortung übernehmen.
Entscheidungen beschleunigen, statt aufschieben
In einer volatilen Wirtschaft ist zögerliches Verhalten oft schädlicher als eine Fehlentscheidung. Unternehmen sollten daher Mechanismen gestalten, die schnelle und fundierte Entscheidungen ermöglichen. Das bedeutet auch, Entscheidungsprozesse zu straffen und unnötige Bürokratie abzubauen.
Eigenverantwortung statt Eigenoptimierung
Um den Stillstand zu überwinden, ist es entscheidend, dass wieder Eigenverantwortung anstelle von Eigenoptimierung in den Mittelpunkt rückt. Unternehmen, in denen die persönliche Optimierung geduldet wird und gemeinsame Ziele nicht mehr eingefordert werden, treiben steuerlos auf den tosenden Wasserfall zu. Wobei, der Stillstand ist in so einem Fall auch bald vorbei…
Führungskräfte sollten daher keine Scheu vor notwendigen Einschnitten und Anpassungen haben. Veränderungen und harte Entscheidungen sind oft notwendig, um Stillstand zu beenden. Gerade in schwierigen Zeiten kann ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl und eine hohe Motivation der Beteiligten erreicht werden. Aber nur dann, wenn das verantwortliche Management offen & transparent kommuniziert und danach auch konsequent handelt.
„Wer nicht handelt, wird behandelt.“
(Rainer Barzel, deutscher Politiker)
Stillstand in der Wirtschaft | Wer wagt heute noch Entscheidungen?