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Ist das das Ende von Diversity Management?

29Jan.2025
4 min
Diversity

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Seit Donald Trumps Amtsantritt nehmen Berichte über Unternehmen zu, die ihre Diversity-Programme reduzieren oder einstellen, während diese im US-Bundesdienst nach der Zwangsbeurlaubung von DEI-Verantwortlichen komplett verboten wurden.

Ist das das Ende von Diversity Management?, fragen sich zurecht viele, die in diesem Bereich oder in HR tätig sind. Als Berater für Diversity, Equity und Inclusion habe natürlich auch ich mich mit dieser Frage beschäftigt.

Kann Chancengerechtigkeit außer Mode kommen?

Meine schnelle Antwort auf die Titelfrage ist: nein! Denn die Vielfalt ist ja da, in Unternehmen, in der Gesellschaft, überall. Überall sind Menschen unterschiedlicher Hautfarben, Herkünfte, Religionen, Altersgruppen, Geschlechtsidentitäten, sexuellen Orientierungen, Fähigkeiten und Behinderungen, die in der Regel alle eines wollen: einen Platz an dem sie respektiert, wertgeschätzt und gefördert werden so wie sie sind.

Auch wenn DEI-Programme momentan kritisiert werden, so kann Chancengerechtigkeit nicht aus der Mode kommen, da der Wunsch danach in allen Menschen existent ist.

Was waren die Fehler, die passiert sind?

Warum befinden wir uns heute in einer Lage, in der die Chancengerechtigkeit zunehmend hinterfragt wird? Wie konnte es so weit kommen? Ein wesentlicher Aspekt scheint die Art und Weise zu sein, wie die Diskussion über Diversität und Inklusion in den vergangenen Jahren geführt wurde und welche Resonanz sie gefunden hat. Viel zu oft wurden emotionale Diskussionen mit viel Empörung geführt, etwa wenn es um gendersensible Sprache oder LGBTIQA+ Rechte ging.

Menschen, denen ein gewisser Sprachgebrauch anerzogen wurde und die sich nicht schwerpunktmäßig mit Diversity beschäftigen, wurden plötzlich öffentlich kritisiert, ohne dass ihnen überhaupt bewusst war, einen Fehler gemacht zu haben. Um hier nicht falsch verstanden zu werden: Es ist wichtig, auf Ignoranz aufmerksam zu machen und sich für mehr Verständnis einzusetzen.

Manchmal scheint die stark ausgeprägte, individuelle Sensibilität in gesellschaftlichen Debatten jedoch dazu geführt zu haben, dass ein gewisser Abstand zwischen Generationen mit unterschiedlichen Perspektiven auf Vielfalt und Bildung entstanden ist. Dabei wäre es zentral, Brücken zu bauen und auch diejenigen einzubinden, die kritisch gegenüber diesen Themen sind oder mit ganz anderen Herausforderungen in ihrem Leben beschäftigt sind.

Empörung erzeugt dabei aber vor allem eines: Widerstand. Was wir brauchen, ist Menschen die Vorteile einer chancengerechten Welt nutzenorientiert, empathisch und vor allem unaufgeregt nahe zu bringen. Was wir brauchen, ist Menschen zum Nachdenken anzuregen, ohne den moralischen Zeigefinger zu erheben.

Warum europäische Unternehmen nicht auf den US-Zug aufspringen sollten

Betrachten wir die Lebensrealität gerade junger Menschen, die mit Social Media aufwachsen, so muss uns klar sein, dass diese eine vielfältige Welt von klein auf erleben. Der Individualität kommt in Sozialen Netzwerk eine große Bedeutung zu und die Generationen Z und Alpha werden großteils nicht verstehen können, wieso Unternehmen hier nicht ebenso offen und wertschätzend mit ihrer Individualität umgehen.

Aus diesen und vielen weiteren Gründen, die für eine chancengerechte Welt sprechen, kann angesichts der aktuellen Situation Unternehmen nur folgendes geraten werden:

  • Klären Sie Ihre Führungskräfte für die Vorteile einer chancengerechten Welt auf, aber tun sie es unaufgeregt, datenbasiert und nutzenorientiert.

  • Beschäftigen Sie sich intensiv mit den Lebensmodellen Ihrer Beschäftigten und welche Chancen unterschiedliche Menschen aufgrund ihrer Vorgeschichte haben oder nicht haben.

  • Erklären Sie jenen, die meinen von DEI Programmen bedroht oder gar diskriminiert zu werden, welche Vorteile Chancengerechtigkeit für alle hat. Aber Achtung: Menschen mögen es in der Regel nicht, auf ihre Privilegien angesprochen zu werden und reagieren hier oft ablehnend. Lassen wir jene, die privilegiert sind, mit dem Gefühl zurück, das Problem zu sein, werden wir diese nicht als Mitstreitende gewinnen können.

  • Vermeiden Sie Programme, die Ihre Beschäftigten auseinanderdividieren. Viel zu oft führt das Betrachten und Arbeiten in Diversitätskategorien (z.B. Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung etc.) nicht zu einem besseren Verständnis, sondern verschärft eher die Wahrnehmung von „Andersartigkeit“. Diversitätsprogramme sollten aber immer den Anspruch haben, Menschen näher zusammenzubringen. Isolierte Gruppenprogramme schaffen hier keinen Mehrwert.

  • Legen Sie einen klaren Schwerpunkt auf die Kultur Ihres Unternehmens und wie darin miteinander umgegangen wird. Tatsächlich ist Vielfältigkeit nicht zwangsläufig ein Vorteil, sondern kann sogar viel Zeit und Mühsal bedeuten, wenn die Rahmenbedingungen nicht vorliegen, unter denen sich diese vielfältigen Menschen auch einbringen können. Ein solcher Umstand ist etwa psychologische Sicherheit. Hierfür braucht es viel Arbeit an einer Kultur des Miteinanders und das Lernen von allen.

  • Und zuletzt: Denken Sie an die Zukunft. 2023 wurden in Österreich so wenige Menschen geboren wie noch nie. Diese wenigen Menschen werden viele Jobs machen, die es aktuell noch gar nicht gibt und wir werden sie dringend brauchen. Auch wenn momentan das Pendel in Richtung Anti-Diversity ausschlägt, so wird es doch spannend sein zu beobachten, wie jene Unternehmen, die gerade medienwirksam das Ende ihrer DEI Programme verkünden, das künftigen Beschäftigten erklären werden, wenn der politische Wind wieder eine andere Richtung nimmt. Glaubwürdigkeit und Integrität sind bedeutsame Werte in der heutigen Zeit und das Netz vergisst nicht so schnell. Behalten Sie das im Hinterkopf!

Ist das das Ende von Diversity Management?

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