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KI im Bewerbungsverfahren | Von der perfekten Bewerbung zum echten Eindruck

3Mär2025
3 min
AI Recruiting

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Die Digitalisierung hat den Bewerbungsprozess stark verändert, denn mit zunehmender Anwendung von KI auf beiden Seiten des Arbeitsmarkts stellt sich die Frage: Wo bleibt der Mensch?

Autorin: Sigrid Maxl-Studler

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz verändert die Welt des Recruitings. Bewerbende können mit KI-Unterstützung makellose Bewerbungsschreiben erstellen und erhalten per Knopfdruck den layoutierten CV über soziale Netzwerke bereitgestellt.

Dem gegenüber stehen HR-Abteilungen mit KI-basierten Matching-Systemen, die die idealen Kandidatinnen und Kandidaten identifizieren. Doch bleibt dabei noch Raum, um Bewerbende authentisch zu erleben und eine fundierte Entscheidung zu treffen?

Von der tradierten Personalauswahlroutine zum effizienten Match

Gemäß Berthel & Becker (2022) sollen Bewerbungsschreiben daraufhin analysiert werden, ob Bewerbungsmotive, Gründe für die selbst angenommene Eignung für die ausgeschriebene Position, Ausführungen zu eigenen Stärken u.Ä. beschrieben werden. Zudem kann das Bewerbungsschreiben auf äußere Form und Stil analysiert werden wie Sauberkeit und Gestaltung des Schreibens bzw. Ausdrucksgewandtheit und beispielsweise Wortschatz. Dieser Auszug zeigt einmal mehr, wie rasant die Entwicklungen der KI bisherige Arbeitsroutinen verändert hat.   

Doch blickt man auf die andere Seite haben schlaue Bewerbende von jeher Joker gezogen und ihre Eltern, Freunde, Beratende oder auch Ghostwriter um Hilfe gefragt. Kanning kam somit bereits 2015 zum Schluss, dass im Grunde genommen nichts dagegenspricht, das Bewerbungsschreiben komplett zu ignorieren, außer tradierte Personalauswahlroutinen.

Heute suchen Personalverantwortliche etwas, das sich von anderen Personen abhebt: „echte“ Motive für die Bewerbung oder kreative Herangehensweisen. Eine echte Person kann als Perlentaucher fungieren und Kompetenzen, Fähigkeiten sowie Potenziale in Bewerbungsunterlagen identifizieren, die eine KI nicht „sieht“. Ist nichts von all dem zu finden, dann lässt sich zumindest erkennen, ob Bewerbende das sogenannte Prompten bzw. die Eingabe und Verwendung von KI beherrschen.

Menschlichkeit als entscheidender Faktor

Die Entwicklungen von KI-Systemen bergen Herausforderungen: Die Gefahr einer Standardisierung und Uniformität steigt, wenn Bewerbungen zunehmend von Algorithmen optimiert werden. Persönliche Ausdrucksweisen, kreative Ansätze und authentische Darstellung könnten dabei verloren gehen. Gleichzeitig könnte eine rein datenbasierte Vorauswahl durch KI-Systeme unbewusste Verzerrungen (Bias) verstärken, wenn Algorithmen auf Basis historischer Daten trainiert wurden.

Trotz aller technologischen Fortschritte bleibt daher die persönliche Einschätzung im Bewerbungsprozess unverzichtbar und wird stärker denn je zum entscheidenden Baustein. Um Kandidatinnen authentisch zu erleben, können Unternehmen verstärkt auf interaktive und mehrdimensionale Auswahlverfahren setzen.

Das persönliche Interview sollte im Idealfall zwischenmenschliche Dynamiken und Soft Skills offenbaren. So können besonders situative Fragen mit hypothetischen Falldarstellungen die Denkprozesse, Problemlösungskompetenzen und emotionale Intelligenz auf die Probe stellen. „Was würden Sie tun, wenn Sie einen groben Fehler beim KI-basierten Matching-System entdecken, nachdem die Person eine Zusage erhalten hat?“ könnte beispielsweise die Frage in einem Bewerbungsgespräch für eine HR-Position lauten.

Neben dem klassischen Interview können realistische Fallstudien oder Assessments bzw. die Simulation realer Aufgaben helfen, tiefergehende Einblicke in die Arbeitsweise der Bewerbenden zu erhalten. Doch genau das kostet wiederum Zeit. Zeit, die man sich beim Matchingprozess erspart hat?

Die Zukunft: Kollaboration zwischen KI und Mensch

Der erste Eindruck entsteht nicht nur durch Worte auf Papier oder im PDF, sondern durch das echte Erleben eines Menschen. Gute Entscheidungen trifft man daher nicht nur auf Basis perfekter Algorithmen, sondern durch authentische Begegnungen.

Gefragt ist eine Zusammenarbeit zwischen HR-Verantwortlichen und KI-Systemen. Es gilt technische Werkzeuge zu nutzen, jedoch mit dem Bewusstsein, welche Mechanismen zum Ergebnis führen, welche Verzerrungen entstehen können, und welche rechtlichen Vorgaben bestehen.

Werte, Authentizität, Passgenauigkeit zu Vorgesetzten und Teammitgliedern sind schließlich menschliche Faktoren, die die Expertise von realen Personen benötigen. Es geht also um eine Balance zwischen technologischer Effizienz und persönlichem Erleben, um eine faire, effektive und nachhaltig erfolgreiche Personalauswahl zu erreichen.

KI im Bewerbungsverfahren | Von der perfekten Bewerbung zum echten Eindruck

Literatur

Berthel, J. & Becker, M. (2022). Personalmanagement. Grundzüge für Konzeptionen betrieblicher Personalarbeit (12. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.

 

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