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Benefits interkultureller Trainings | Vom kulturellen Stolperstein zur Team-Ressource

16Apr2025
5 min
interkulturelle Trainings

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Wozu interkulturelle Trainings in einer bereits globalisierten Welt? Zahlreiche Mitarbeitende haben heute vielfältige interkulturelle Erfahrungen und brauchen doch keine interkulturellen Trainings mehr, oder? Das Thema ist doch schon abgestanden…

Autorin: Dr. Karin Schreiner ist interkulturelle Consultant und Coach (www.iknet.at)

Auch wenn die Nachfrage nach interkulturellen Trainings stabil gut ist, zahlt es sich dennoch aus, einmal Bilanz zu ziehen und zu schauen, was denn der tatsächliche Benefit von interkulturellen Trainings heute ist.

Folgende Aspekte möchte ich gern hier behandeln:

  • Interkulturelle Kompetenzen – ein alter Hut? Nein, ganz und gar nicht!
  • Internationale Erfahrung = interkulturelle Kompetenz? Auf den Feinschliff kommt es an!
  • Interkulturalität und Diversität – ein untrennbares Paar? Ja, ganz und gar!
  • Zum Abschluss: Was macht ein interkulturelles Training aus, das einen nachhaltigen Benefit für die Teilnehmenden hat? Das lesen Sie hier!

Interkulturelle Kompetenzen – ein alter Hut?

Interkulturelle Trainings haben das Ziel, ein besseres Verständnis im Umgang mit kulturellen Unterschieden zu entwickeln. Die Notwendigkeit, das zu erreichen, ist heute offensichtlicher denn je. Allen voran, da wir mit kultureller Vielfalt in unserem unmittelbaren Umfeld konfrontiert sind – auf privater wie auch auf beruflicher Ebene.

Interkulturelle Kompetenzen werden idealerweise in der Folge eines interkulturellen Trainings entwickelt. Zu interkultureller Kompetenz gehören im Wesentlichen:

  • Cultural Awareness
  • Kulturelle Sensibilität in Interaktionen
  • Interkulturelle Kommunikationskompetenz
  • Interkulturelle Management-Kompetenz
  • Diversitätskompetenz

In die Tiefe geschaut

In einer globalisierten Welt, in der ein internationaler Austausch im weitesten Sinn positiv bewertet wird, gehört es zu den Basisanforderungen in jedem Berufsfeld, kultursensibel zu kommunizieren und zu interagieren.

Gerade die komplexe Softskill interkulturelle Kompetenz sollte immer wieder aufgefrischt und auf die Bewusstseinsebene geholt werden, um den Anforderungen von komplexen Interaktionssituationen im Kontext kultureller Vielfalt und Diversität sowohl im beruflichen als auch privatem Kontext gerecht zu werden.

Daher sind interkulturelle Kompetenzen gar kein alter Hut, sondern hochaktuell und immer wieder zu aktualisieren – ein lebenslanger Lernprozess.

Internationale Erfahrung = interkulturelle Kompetenz?

Heute begegnen wir immer mehr Menschen, die internationale Erfahrungen durch unterschiedliche Aktivitäten wie z.B. einen Auslandsaufenthalt, ein Studium in einem anderen Land oder ausgedehnte Geschäftsreisen erworben haben.

Vielleicht sind die zahlreichen Anekdoten geläufig, die in verschiedenen Gesprächen interkulturelle Erlebnisse schildern, welche zum Lachen auffordern. Hört man genauer hin, lässt sich erkennen, dass Vieles bei solchen Beschreibungen an der Oberfläche geblieben ist: Anekdoten über kulturelle Unterschiede in Begrüßungsweisen, in Wohn- und Lebensformen, über Essensgewohnheiten oder Outfit.

Das Konstatieren kultureller Unterschiede ist eine Sache. Eine andere ist, diese wahrgenommenen Unterschiede auf zugrunde liegende kulturelle Wertehaltungen und andere Weltsichten zurückführen zu können. An einem solchen Punkt angelangt, stellen sich Fragen nach einer anderen Perspektive, die neue Blickwinkel eröffnet und eher Neugierde auslöst als ein abschätzendes ethnozentrisches Urteil.

Internationale Erfahrungen

Internationale Erfahrungen können die Entwicklung interkultureller Kompetenzen fördern, sofern Raum für ausreichende Selbstreflexion eingeräumt wird. Wenn zum Beispiel mit Hilfe des kulturellen Bewusstseins (Cultural Awareness) unterschiedliche kulturelle Blickwinkel nebeneinander gestellt und durchgedacht werden. In einem Team könnte ein solches Vorgehen für einen Entscheidungsprozess sehr förderlich sein.

Die Entwicklung interkultureller Kompetenz ermöglicht den Blick hinter die Kulissen, hinter dem, was wahrgenommen werden kann, auf das darunter Liegende. Das ist es ja auch, das in interkulturellen Trainings herausgearbeitet wird und ihren Mehrwert erzeugt.

Wenn in einem Team international erfahrene Personen zusammenkommen, dann ist es wichtig darauf zu schauen, ob bei den Beteiligten neben internationalen Erfahrungen auch interkulturelle Kompetenzen vorhanden sind. Denn diese sind ein wirklicher Benefit für die Zusammenarbeit im Team.

Interkulturalität und Diversität – ein untrennbares Paar?

Kulturelle Diversität ist heute bei den Unternehmen angekommen. Heute werden von Unternehmen verstärkt interkulturelle Trainings mit dem Ziel nachgefragt, die Zusammenarbeit in einem kulturell diversen Team zu optimieren.

Im Kontext kultureller Vielfalt hat sich der Blickwinkel verschoben von national-kulturell orientierten Trainings hin zu Diversitäts-orientierten Trainings. In Diversitätskategorien zu denken, bedeutet Vielfalt im weitesten Sinn wahrzunehmen, nämlich z.B. Teammitglieder in ihrer multiplen Identität wahrzunehmen. Kulturelle Zugehörigkeit beschränkt sich nicht nur auf eine nationale Herkunft, sondern schließt andere Zugehörigkeiten wie zu Sprache, Gender, Alter, beruflichem Hintergrund usw. als identitätsstiftend mit ein.

Das Denken in Diversitätskategorien erfordert daher einen anderen Kulturbegriff. Kultur als Nationalkultur verstanden greift in diesem Kontext nicht weit genug.

Viel geeigneter erscheint Kultur als identitätsstiftender und kohäsiver Faktor für beliebige Gruppen. Der identitätsstiftende Aspekt von Kultur ist z.B. für ein Team wichtig, wenn die Teammitglieder unterschiedlichen kulturellen Hintergrund haben. Ist die Zugehörigkeit zu einer einzigen Nation in einem Team nicht relevant, dann sind es andere Zugehörigkeiten wie z.B. Sprachkenntnisse, Ausbildung, Kulturwissen, berufliche Ziele, Interessen.

Mehrdimensionalität

Die interkulturelle Perspektive ist in diesem Kontext wichtig, da wir uns alle über mehrfache Zugehörigkeiten definieren. Diese Mehrfach-Zugehörigkeiten zu erkennen und wahrzunehmen und sie in ihrer Intersektionalität zu erkennen ist heute im Arbeitskontext besonders wichtig.

Personen werden in ihrer multiplen Identität gesehen und z.B. in einem Team in unterschiedlichen Aspekten ihrer Identität empowert. Herkunft tritt in den Hintergrund und spezifische Sichtweisen, Blickwinkel, Erfahrungen treten hervor und sind eine Ressource für die Zusammenarbeit im Team.

Das wäre ein wichtiger Aspekt einer interkulturellen Management-Kompetenz, die sowohl den interkulturellen Blickwinkel einnimmt als auch Diversität als Ressource bei der Belegschaft erkennt.

Zum Abschluss

Was macht ein interkulturelles Training aus, das einen nachhaltigen Benefit für die Teilnehmenden hat?

Interkulturelle Trainings haben generell zum Ziel, Wahrnehmung für kulturelle Unterschiede zu schärfen und Verständnis für sie zu erhöhen sowie Kommunikation und Interaktion in interkulturellen Settings gezielt zu optimieren.

Wenn es um einen nachhaltigen Benefit interkultureller Trainings geht, dann sollten Teilnehmende nicht in der Rolle von Konsumenten verharren, sondern vielmehr in die Rolle von Akteuren gehen. Um Nachhaltigkeit einer Trainingsmaßnahme zu erreichen, bedarf es proaktiven Handelns von Seiten der Teilnehmenden.

Ein nachhaltiger Benefit interkultureller Trainings liegt daher in mehreren Aspekten:

  • In die Selbstreflexion gehen: Wo stehe ich kulturell? Welche Erfahrungen und kulturelle Zugehörigkeiten prägen meine Identität? Inwieweit repräsentiere ich meine national-kulturelle Herkunft? Inwieweit gar nicht?
  • Metaebene einnehmen: Von einer Metaebene auf kulturelle Unterschiede schauen und diese nicht werten, Schlüsse z.B. für die berufliche Zusammenarbeit ziehen.
  • Kulturelle Unterschiede nicht als Barriere sehen: Werden kulturelle Unterschiede nicht als lästiges Hindernis gesehen, das es zu überwinden gilt, dann ist der Weg offen für die tiefere Ebene kultureller Unterschiede: Werte, Einstellungen, Weltsichten. Diese können wertfrei gesehen und mit anderen verglichen und schließlich für die Zusammenarbeit gewählt werden.
  • Bewusst interkulturelle Kompetenz praktizieren: Aktives Zuhören anwenden, Kommunikationskompetenz praktizieren, Neugierde und Interesse in der Zusammenarbeit ausdrücken, offen für andere Sichtweisen sein, lernbereit für andere Verhaltensweisen sein.
  • In Diversitätskategorien denken: Die Intersektionalität von kulturellen Zugehörigkeiten erkennen – die eigene multiple Identität erfahren, sie auch bei anderen erkennen und ständig im Hinterkopf behalten, andere in ihrer vielfältigen und komplexen Identität empowern.
  • Interkulturelle Management-Kompetenz entwickeln: In Referenz auf das bisher Erwähnte versuchen, in einer Führungsrolle interkulturelle Kompetenz und Denken in Diversitäts-Kategorien praktizieren.

Benefits interkultureller Trainings | Vom kulturellen Stolperstein zur Team-Ressource

Autorin

Dr. Karin Schreiner ist interkulturelle Consultant und Coach (www.iknet.at) für interkulturelles Management und kulturelle Diversität. Sie ist Ihre Ansprechpartnerin für interkulturelle Trainings in Österreich und europäischen Länder sowie Indien, China, Japan und Süd-Korea.

Corporate Culture, Karin Schreiner

Quelle

The Sage Handbook of Contemporary Crosscultural Management. Ed. by Betina Szkudlarek, Laurence Romani, Dan V. Caprar, Joyce S. Osland; 2020 Sage Publ. Ltd.

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