Es gibt erstaunliche Geschichten, wie Frauen – und wohl auch Männer – gerade die Karenzzeit in positiver Weise für einen neuen Karriereweg nutzen, gerade wenn es sich um Selbständige handelt. Ich spreche nicht davon, „wenn die Kinder in die Schule kommen“, nein, sondern während Schwangerschaft, knapp vor und nach der Geburt, im Kleinstkindalter. Ob das klug ist? Das muss jede für sich beantworten. Jedenfalls sind die Geschichten spannend und ich habe ein paar Frauen vor’s Mikrophon gebeten.
Interview
Den Anfang der Serie „Working Mums“ macht Mag. Verena Irrschik (Geschäftsführerin, Karrieremanufaktur e.U.): Kinder UND / ODER / STATT / TROTZ Karriere?!
Sie sind selbständig & Mutter zugleich. Beschreiben Sie kurz Ihre Situation: arbeiteten Sie auch während der letzten Schwangerschaftsphase / ersten Zeit mit Ihrem Kind ohne nach außen große Einschränkungen erkennen zu lassen? Wie viele Kinder haben Sie, wie alt sind diese heute?
Ich habe mein Unternehmen fast zeitgleich mit meiner 1. Schwangerschaft vor 3 Jahren gegründet. Natürlich war das eine sehr harte Zeit, da ein Geschäftsaufbau in dieser Zeit (einerseits Wirtschaftskrise und andererseits Schwangerschaft) sehr hart war. Ich musste mehr oder weniger bis in den Kreißsaal arbeiten. Ausfälle konnte ich mir einfach keine leisten und so machte ich auch bis zuletzt Kundentermine, was in den letzten Wochen doch sehr beschwerlich war.
Bei meiner letzten Schwangerschaft im heurigen Jahr habe ich versucht meine Projekte vor dem gesetzlichen Mutterschutz abzuschließen und keine neuen Projekte (von Nicht-Stammkunden) mehr anzunehmen. Ganz ist es mir nicht gelungen, aber ich konnte mir doch die letzten Wochen vor der Geburt eine „Auszeit“ nehmen. Danach ging es allerdings nach 2-3 Wochen (also noch im gesetzlichen Mutterschutz) wieder weiter.
Meine Tochter ist jetzt 2 Jahre und mein Sohn wenige Wochen alt und ein Arbeitseinsatz wie nach der Geburt meiner Tochter vor 2 Jahren nicht mehr möglich. Ich habe mich bewusst dazu entschieden mein Arbeitspensum zu reduzieren (also nur mehr für meine Stammkunden zu arbeiten) um die erste Zeit mit meinen Kindern mehr genießen zu können. Ich habe mein Hauptbüro in unser Haus (eigener und abgetrennter Bereich mit eigenem Eingang) verlegt und meine Mitarbeiter arbeiten während meiner Karenz von mobilen Arbeitsplätzen aus. Das funktioniert sehr gut und wir können noch flexibler auf unsere Kunden/Bewerber eingehen!
Nach meiner „Karenzzeit“ von 1-2 Jahren werde ich beruflich wieder voll durchstarten und expandieren.
Wie reagieren Geschäftspartner auf die Tatsache, dass Sie kurz vor / nach der Geburt Ihres Kindes standen?
Ich habe das nie thematisiert, weil die Schwangerschaft und die Geburt meiner Kinder keinen Einfluss auf meine Leistung und meinen Job hatten. Bei meinen Stammkunden war das interessanter Weise wirklich nie ein Thema und bei Neukunden, die mich darauf angesprochen haben, nach meiner Erklärung auch keines mehr.
Ich darf provokant fragen: Läuft Ihr Unternehmen nicht mal 3 Monate ohne Sie? Sind Sie tatsächlich so unentbehrlich?
Als Einzelunternehmerin „ja“ obwohl ich MitarbeiterInnen habe, denen ich Aufgaben delegieren kann und die mich sehr gut im Hintergrund unterstützen. Ich kann mich somit auf meine Kernaufgaben konzentrieren und meinen Kunden die gewohnte Qualität und professionelle Abwicklung bieten.
Wie viele Stunden/Woche arbeiteten Sie während des 1. Lebensjahres Ihres Kindes?
Sicherlich um die 40, wobei die Zeiteinteilung eine andere war als davor. Administration wurde Hauptsächlich in der Nacht erledigt wenn meine Tochter geschlafen hat und Kundentermine musste ich in den wenigen Stunden unterbringen, zu denen ich eine Kinderbetreuung hatte.
Wie bewerkstelligen Sie die Kinderbetreuung?
Das ist ein wirklich schwieriges Thema! Ich habe meine Tochter 1 Monat nach der Geburt in Wien für einen Kinderkrippeplatz/Kindergartenplatz (bei sämtlichen privaten aber auch öffentlichen Einrichtungen) angemeldet den ich nicht einmal für das Jahr 2013 bekommen werde! Das obwohl mein Partner berufstätig ist und ich praktisch keine Karenzzeit hatte. Da ich auf keine „Omas“ zurückgreifen kann, war das eine ziemliche Katastrophe.
Durch die Übersiedlung nach Niederösterreich habe ich jetzt einen Kindergrippeplatz für meine Tochter (halbtags) auf den ich nur wenige Wochen warten musste. Zusätzlich habe ich eine „Leih-Omi“ die meine Tochter bereits seit dem 6. Lebensmonat regelmäßig betreut.
Meinen Sohn kann ich die ersten Monate wieder problemlos in meinen Job einbinden. Ab dem 6. Lebensmonat wird er (hoffentlich) von meiner Leih-Omi stundenweise betreut werden.
Warum nehmen Sie sich nicht einfach 1-2 Jahre Auszeit, um sich ganz Ihrem Kind zu widmen?
Weil dann meine gesamten letzten Jahre der Aufbauphase umsonst gewesen wären, ich meine Stammkunden verlieren und wieder ganz von vorne anfangen müsste. Da in meiner Branche „Verdrängungswettbewerb“ herrscht, kann ich mir eine solche Auszeit nicht leisten! Dazu kommt dass ich meinen Beruf liebe und mir eine gelungene Balance zwischen Kind und Karriere sehr wichtig ist. Es wäre für mich gar nicht vorstellbar meinen Job für 1-2 Jahre vollkommen „auf Eis“ zu legen! Ich denke dass ich dadurch auch die notwendige Ausgeglichenheit für meine Kinder habe.
Worin liegt für Sie das Erstrebenswerte dieser Situation?
Persönliche Freiheit, Unabhängigkeit, beruflicher Erfolg, Balance und Ausgeglichenheit.
Werden Frauen in Österreich dabei unterstützt Kind und Karriere zu verbinden?
NEIN! Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, entlastet jede Frau die nicht arbeiten geht und zu Hause bei den Kindern bleibt den Arbeitsmarkt … jedenfalls macht es den Eindruck wenn man als arbeitende Mutter keinen Kinderbetreuungsplatz auftreiben kann und auf der anderen Seite aber auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat (den hat man nur mit Kinderbetreuungsplatz)!
Für selbständige Unternehmerinnen ist es gar nicht leistbar beruflich kürzer zu treten, da die SVA Beiträge und die Steuervorauszahlungen das Karenzgeld vollkommen „auffressen“ und nicht einmal während der Karenzzeit ausgesetzt werden. Wenn man hier keinen finanziellen Polster aus früheren Zeiten hat auf den man während der Karenz zurückgreifen kann, geht es sehr schnell um die berufliche Existenz! Scheinbar gibt es hier aber keine starke Lobby im Hintergrund die eine Lösung und Verbesserung der Situation von selbständigen Frauen vorantreibt.
Interview-Partnerin (Kinder UND / ODER / STATT / TROTZ Karriere?!):
Mag. Verena Irrschik ist Geschäftsführerin der Karrieremanufaktur (Karrieremanufaktur unterstützt Unternehmen im Bereich Personalsuche und -auswahl, sowie Personalentwicklung).
Ihre beruflichen Stationen davor: Bereichsleitung Hofer KG, General Manager Elixia Austria, Mitglied der GF ISG Personalmanagement, Geschäftsführender Gesellschafter Austriajobs
Kinder UND / ODER / STATT / TROTZ Karriere?!