Karriere machen – also im Rampenlicht stehen, erfolgreich sein und dabei auch noch viel Geld verdienen – wer möchte das nicht?
Fragt man junge Bewerber im Recruiting-Gespräch nach ihren beruflichen Wünschen, kommt sehr oft noch ein besonderer Aspekt hinzu: Irgendwann einmal „eigene Mitarbeiter“ haben.
Die Attraktivität der Position „Führungskraft“ ist unverändert hoch. Viele streben danach, weil damit sozialer Status in- und außerhalb eines Unternehmens verbunden wird.
„Was heißt das in der Praxis?“ – diese Frage stellt sich kaum jemand.
Es allen recht machen = Scheitern mit Anlauf
Führungskräfte, die erstmals in diese Rolle schlüpfen, erleben sehr schnell, was es heißt, Druck von oben (dem Management) und Druck von unten (den Mitarbeitern) zu bekommen. Viele machen in dieser Sandwich-Position dann den Fehler, es allen recht machen zu wollen.
Aus Unsicherheit oder Überforderung mit der neuen Rolle neigen neue Führungskräfte ganz besonders dazu, Konflikte zu ignorieren. Oder sie verabsäumen es, in schwierigen Situationen sofort klar Position zu beziehen. Zum Beispiel, wenn es darum geht, dem Team unangenehme Nachrichten zu übermitteln. Das wird dann meist so eingeleitet: „Ich halte selber nichts von der Entscheidung, aber ‚die da oben‘ haben das leider so beschlossen.“
Führungskräfte, die so agieren, verspielen damit Akzeptanz auf beiden Seiten. Vom Management wird dieses Verhalten berechtigter Weise als Illoyalität gegenüber der Unternehmensführung ausgelegt. Und den eigenen Mitarbeitern wird das Bild einer Führungskraft vermittelt, die nur als Befehlsempfänger agiert und nichts zu melden hat.
Beide Seiten – Management und Mitarbeiter – erwarten sich von einer Führungskraft, dass sie deren Interessen vertritt. Da diese oft gegensätzlich sind, ist der Umgang mit diesem Interessenskonflikt eine der Kernkompetenzen für Führungskräfte. Es immer allen recht machen zu wollen, ist dabei mit Sicherheit die falsche Strategie.
Ein eigenes Profil als Schlüssel zum Erfolg
Da viele Junior-Führungskräfte auf ihre neue Position nicht vorbereitet werden, kopieren sie oft das Verhalten ihrer eigenen Vorgesetzten. Das mag zwar dem übergeordneten Chef schmeicheln, birgt aber die Gefahr, von den eigenen Mitarbeitern als nicht authentisch gebrandmarkt zu werden. Und nichts findet bei Mitarbeitern weniger Akzeptanz, als ein Chef, der nicht authentisch ist.
Daher sollte bei der Übernahme von Führungsverantwortung am Beginn immer die Auseinandersetzung mit dem eigenen Rollenverständnis stehen. Hier gibt es eine Vielzahl von Fragen, die eine neue Führungskraft für sich zu beantworten hat:
- Wie viel Vertrauen bringe ich meinen Mitarbeitern entgegen?
- Wie viel Verantwortung bin ich bereit zu delegieren?
- Wie gestalte ich die Kommunikation in meinem Führungsbereich?
- Wie kann ich meine Mitarbeiter weiterentwickeln?
- Wie verhalte ich mich in Konfliktsituationen?
- Wie soll mein Team im Unternehmen wahrgenommen werden?
Und besonders wichtig: Neue Führungskräfte sollten sich viel Zeit für die Beziehungsarbeit in ihrem Team nehmen. Rasch einen offenen und ehrlichen Zugang zu den Mitarbeiten zu finden, ist die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Fazit
Die Übernahme einer Führungsposition ist weit mehr, als die Abbildung der Leitungsfunktion auf der Visitenkarte oder am Türschild. Und fachlich der Beste zu sein, ist schon lange kein Garant dafür, auch als Führungskraft gut geeignet zu sein.
Heute gilt es, Teams zu entwickeln und damit zu Höchstleistungen zu motivieren. Das setzt eine Persönlichkeit voraus, die:
- bereit ist, sich selbst zu reflektieren
- mit Kritik und Konflikten umgehen kann
- in Stresssituationen die Nerven bewahrt
- den Mut hat, auch unangenehme Entscheidungen zu treffen
Also jemanden mit Ecken und Kanten – und nicht „Everybody´s Darling“.
„Ich kenne keinen sicheren Weg zum Erfolg,
aber einen sicheren Weg zum Misserfolg:
Es allen Recht machen zu wollen.“
(Platon, griechischer Philosoph)
Wenn Führungskräfte Everbody´s Darling sind