Top-akutell: heute – Fr 26apr2013 – stellte Sozialminister Hundstorfer einen Entwurf vor für die neue Pflegekarenz inkl. Pflegezeilzeit in Österreich:
Ab 1jan2014 sollen Neuregelungen gelten, die bis zu 3 Monate Pflegekarenz möglich machen. Die Höhe des Karenzgeldes ist gehaltsabhängig und sieht eine Deckelung von € 1.400 pro Karenzmonat vor. Auch eine Teilzeit-Variante ist vorgesehen.
Die Situation
432.000 Menschen beziehen in Österreich aktuell Pflegegeld in den unterschiedlichen Pflegegeld-Stufen. Bei einer Erwebsgesellschaft von 4,1 Millionen Menschen könnte man also sagen, dass mehr als 10% der ArbeitnehmerInnen jemanden in der Familie pflegen. Diese Dimension ist den wenigsten Unternehmen so bekannt. Nun ja, sie stimmt auch nicht ganz. Denn der überwiegende Anteil derer, die jemanden pflegen, arbeitet gar nicht. Noch schlimmer also, denn damit entgehen der Wirtschaft wertvolle Arbeitskräfte – mehrheitlich Frauen!
Sich angesichts des steigenden Alters der Gesamtbevölkerung mit dem Thema Pflege und dem Umgang damit auseinander zu setzen, macht also absolut Sinn. Unternehmen sollten sich darauf vorbereiten und Antworten bzw. Lösungen für ihre betroffenen MitarbeiterInnen parat haben. Denn sonst bleibt den MitarbeiterInnen meist nur die Kündigung, was erwiesenermaßen viele tun, wenn sie in die Situation kommen jemanden pflegen zu müssen.
Die neue Pflegekarenz und Pflegeteilzeit
Um die Situation für Betroffene zu verbessern, hat die Politik nun (endlich) reagiert. Heute, 26apr2013, hat Sozialminister Hundstorfer den Entwurf für die neue Pflegekarenz und Pflegeteilzeit vorgestellt.
Das Modell sieht vor, dass Betroffene bis zu drei Monate in Karenz gehen können bzw. ihre Arbeitszeit bis auf minimal 10 Wochenstunden reduzieren können. Als Ausgleich erhalten Sie ein Pflegekarenzgeld, das einkommensabhängig ist. Es soll in etwa der Höhe des Arbeitslosenentgeltes entsprechen bzw. bei Pflegeteilzeit anteilig davon. Maximal 1.400 Euro im Monat.
In Anspruch nehmen können diese neuen Modelle ArbeitnehmerInnen, die jemanden pflegen, der in Pflegegeldstufe 3 oder darüber ist (mehr als 120 Stunden pro Monat Pflege benötigt), bei Kindern schon ab Pflegegeldstufe 1. Sollte sich der Zustand verschlechtern, dann kann auch nochmals die Pflegekarenz in Anspruch genommen werden. Auch aufeinander folgende Pflegekarenzen zweier PartnerInnen im vollen Ausmaß sind möglich. Allerdings muss jeweils der Betrieb zustimmen.
Während der Zeit wird auch ein Pensionsversicherungsanteil einbezahlt, auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld soll die Inanspruchnahme keinen Einfluss haben, ebenso ist man in der Zeit weiter krankenversichert.
Die gesamte Abwicklung soll dabei über das Bundessozialamt laufen. Damit haben Pflegende in Zukunft nur mehr einen Ansprechpartner. Die Unterscheidung zwischen Landespflegegeld und Bundespflegegeld wurde ja bereits abgeschafft.
Das Gesetz geht demnächst in Begutachtung. Ab 1.1.2014 soll es dann gelten.
Kritische Würdigung
Betrachtet man den Vorstoss, dann ist dieser jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. In Deutschland wird das Theme schon länger politisch aktiv angegangen. Österreich ist hier nun endlich auch aufgesprungen.
Positiv zu erwähnen ist, dass das Modell dem Bedarf vieler Betroffener gut entgegen kommt. Denn niemand will seinen Job aufgeben müssen, viele tun es aber zum einen aus Angst, nicht ausreichend Ressourcen für die Pflege frei zu haben, oder aber aus einem Gefühl der Verantwortung für einen nahe stehenden Menschen. Oft führt die Situation auch in die Überforderung, vor allem wenn versucht wird die Situation anders zu lösen – aus Angst vor Jobverlust.
Vielfach geht es bei Eintritt eines Pflegefalls vor allem darum, die Situation neu zu ordnen, Hilfe zu organisieren und alles wieder in geregelte Bahnen zu lenken. Dazu ist eine Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit, die über einige wenige Monate geht, ein sehr sinnvoller Weg. Zudem ist diese Zeitspanne für Unternehmen noch einigermaßen überwindbar.
Kritisch ist anzumerken, dass der Arbeitgeber zustimmen muss. Verantwortungsvolle Arbeitgeber, denen ihre MitarbeiterInnen am Herzen liegen, werden das sicherlich tun und sich damit viel nachfolgendes Engagement erarbeiten. Natürlich sind aber auch Fälle denkbar, in denen ArbeitnehmerInnen gezwungen werden, ihren Job aufzugeben. Vor allem weil die Gruppe, die stark davon betroffen ist, jemanden pflegen zu müssen, meist Frauen zwischen 40 und 60 sind. Also eine Gruppe, die gehaltlich schon hoch liegt, aber anders oft nicht loszuwerden ist. Die Praxis wird aber zeigen, wie in Fällen, wo der Dienstgeber nicht zustimmt, umgegangen wird. Direkte Zusatzkosten entstehen dem Unternehmen jedenfalls keine.
Infokasten der APA
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Nähere Informationen
- Homepage des BMASK
- Bundessozialamt