Coaching-Methoden müssen so vielfältig sein wie die individuellen Coaching-Situationen. Müssen sie? Nein, müssen sie nicht. Welches sind die wichtigsten Methoden? Wie kann Widerständen entgegen gewirkt werden? Woran erkennt ein Coach, dass er nicht weiterkommt und besser w.o. gibt?
Experten-Interview
Los geht’s
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Mit welchen Techniken wirken Sie erfolgreich Widerständen entgegen?
Veronika Aumaier, MAS, MSc (Aumaier Coaching | Consulting): Mit Fragetechniken, bspw. hypothetischen Fragen, die helfen „über den Widerstand zu springen“ in der Art wie: Was wäre wenn, Angenommen, Stellen Sie sich vor, etc. Das kann es möglich machen, sich mal sehr unverbindlich auf das Gewünschte einlassen zu können. Wenn man sich so lange genug im hypothetischen Raum aufhält und „so tut als ob“, können Nutzenaspekte auftauchen, die den Widerstand in der realen Welt überwinden helfen.
In wie fern haben Widerstände etwas Positives?
Mag. Manuela Palotay (Persönlichkeitsmanagement+): Das Thema Widerstand ist auf jeden Fall sehr spannend, denn es liegt viel Potential darin. Widerstand kann einerseits ein gesundes Zeichen dafür sein, dass ich als Coach auf der richtigen Fährte bin, andererseits provoziere ich Widerstand oft bewusst um Grenzen zu testen oder meinen Coachee aus einer Problemspirale zu bringen. Voraussetzung dafür ist das Vertrauen meines Klienten mir gegenüber. Wenn der Widerstand allerdings eine andere Herkunft hat, thematisiere ich ihn offen.
Wie gehen Sie mit Menschen um, die Widerstände gegenüber dem Coachingprozess an sich haben und dennoch zu Ihnen kommen?
Mag. Christine Gsur (Coachinggalerie): Widerstände gegenüber dem Coaching selbst sind mit Transparenz über die Rahmenbedingungen des Coachingprozesses oftmals am besten abzuholen. Der Coachee muss sich sicher sein können, dass die Gesprächsinhalte unter uns bleiben. Das Coaching ist nicht ein Beurteilungsinstrument, sondern als Unterstützung für die Herausforderungen im beruflichen Alltag gedacht, und dient dem persönlichen Wachstum, wovon schlussendlich das Unternehmen und auch der Coachee selbst profitieren soll. Gemeinsam mit dem Auftraggeber und dem Coachee erarbeite ich, was sie sich von einem gewinnbringenden Coaching erwarten und ob ich diese Erwartungen mit meinen Instrumenten und der veranschlagten Zeit erfüllen kann. Weiters ist mir auch in der Prozessführung Transparenz enorm wichtig – mein Gegenüber soll wissen, wozu ich welches Instrument einsetze und ich stelle immer die Option frei eine Methode abzulehnen, was dann so gut wie nie passiert.
Welche Ursachen können Blockaden zugrunde liegen?
Mag. Manuela Palotay (Persönlichkeitsmanagement+): Blockaden können unterschiedliche Ursachen haben. Es ist aber aus systemischer Sicht immer so, dass festsitzendes Problemverhalten auch immer etwas, was gut im System funktioniert, sicherstellt. Sehr oft wird dieses bereits in der Kindheit geprägt. Das herauszufinden ist die große Aufgabe, denn diese Vorgänge sind Coachees nur ganz selten bewusst. Dieser zweifelsfreie Vorteil der Systemerhaltung hat schließlich einen beträchtlichen Anteil daran, dass an dem Problemverhalten festgehalten wird. Ich erarbeite mit meinen Klienten Alternativmaßnahmen um das Problemverhalten nach und nach loslassen zu können. Ein konkretes Beispiel wäre eine Führungskraft, welche durch ihr dominantes Führungsverhalten das Team stark belastet. Dieses problematische Führungsverhalten soll aber ursprünglich die Leistung des Teams sicherstellen um es damit vor z.B. Stellenabbau zu beschützen – ist somit systemerhaltend. Auf lange Frist zerstört es aber das System, da sich die guten Mitarbeiter verabschieden werden. Durch die Erarbeitung alternativer Möglichkeiten wie z.B. regelmäßige Teambesprechungen, das Setzen von Milestones und einer offenen, vertrauensvollen Gesprächskultur kann das Problemverhalten langsam abgebaut werden.
Mit welchem Tool machten Sie die besten Erfahrungen bei der Lösung von Blockaden?
Veronika Aumaier, MAS, MSc (Aumaier Coaching | Consulting): Wenn Fragen nicht mehr weiterhelfen, dann nehme ich Anleihen in der Toolwelt von Struktur- und Aufstellungsarbeit: Bspw. ich lasse den Coachee auf einer am Boden markierten Zeitlinie schrittweise unter Anleitung in die Zukunft gehen und rückblickend betrachten, was geholfen hat, die Blockaden zu überwinden. Oder, wenn es zum Thema passt, lade ich zum Perspektivenwechsel ein. Entweder mit Bodenanker oder mit Sessel, die das Gewünschte markieren, um aus dem neuen Blickwinkel heraus, die Veränderung neu betrachtbar zu machen.
Mag. Christine Gsur (Coachinggalerie): Es gibt viele Techniken um mit Blockaden zu arbeiten. Eigentlich ist es die Hauptaufgabe im Coaching die inneren Blockaden aufzuheben um nächste Schritte gehen zu können. Die besten Erfahrungen mit starken Blockaden mache ich immer wieder mit der Teilearbeit von Gunther Schmidt (Z.B. Ein Teil von mir will abnehmen und ein anderer will nicht) aus dem hypnosystemischen Coaching. Ganz erstaunliche Ergebnisse erreichen hier auch die Klopftechniken von Michael Bohne, aus der prozess- und embodimentfokussierten Psychologie.
Dr. Barbara Schütze (Toccaverde): Ich verwehre mich gegen die Annahme, Tools und Techniken könnten alles, auch Blockaden lösen. Dies würde der Scharlatanerie Tür und Tor öffnen – kalte, hartgesottene Zyniker würden letztendlich Menschen Begleitung anbieten. Das Bild widerstrebt mir außerordentlich. Vertrauen und Akzeptanz zwischen Coachee und Coach in die Situation und eine gute Lösung sind die Basis zur gemeinsamen Arbeit: Dann können Perspektivenwechsel (z.B. Triaden-Arbeit nach Robert Dilts oder Arbeit mit Systemen & Strukturen nach Matthias Varga von Kibed (vormals SystStrukt)), der Fokus auf Lösungen (aus der „Brief Solution“ Methode der Hypnotherapeuten helfen. Manchmal ist es einfach auch nur eine simple Frage nach den Ausnahmen oder eine geführte Fantasiereise aus der Mentalarbeit, oder, oder, oder. Es wäre ein schlechter Coach, wenn es nur eine bevorzugte Methode, ein Tool gäbe. Abwechslung begeistert! Auch unsere Coachees.
Woran erkennen Sie, dass Sie dem Coachee nicht weiterhelfen können und wie reagieren Sie darauf?
Mag. Franz Bauer (Führungskräfte-Coach): Ich hole regelmäßig Feedback von meinen Coachees ein, gerne verwende ich dabei Skalierungsfragen, um festzustellen, wie wir auf dem Weg zur Lösung vorankommen. Hier ist viel Selbstreflexionsfähigkeit des Coaches gefragt, daher ist auch eigene Supervision ein sehr hilfreicher Weg. Sowohl dem Coachee, aber auch dem Coach muss jeder Zeit der Weg offen stehen das Coaching abzubrechen.
Elisabeth Alder (INC Training & Consulting): Wenn ich den Eindruck gewinne, dass der Coachee ein „Besucher“ ist, das heißt nicht wirklich an etwas arbeiten will, oder nicht mit mir arbeiten kann, dann schlage ich vor das Coaching in gegenseitigem Einvernehmen zu beenden. Manchmal ist das der Impuls dazu wirklich mit der Arbeit anzufangen.
Die Gesprächspartner
Auch Coaching benötigt Techniken & Methoden
Veronika Aumaier AUMAIER COACHING | CONSULTING GmbH Mag. Christine Gsur Coachinggalerie Elisabeth Alder INC Training & Consulting Mag. Manuela Palotay Persönlichkeitsmanagement+ Dr. Barbara Schütze Toccaverde Ltd. Mag. Franz Bauer Führungskräfte-Coach |