Schneller, weiter und höher – diese Attribute stehen im Leistungssport für den Erfolg.
Auch in der Wirtschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten mit der Unternehmensgröße eine Kennziffer entwickelt, der sich seitdem Generationen von Managern verschrieben haben. Deren Credo lautet: „großes Unternehmen = erfolgreiches Unternehmen“.
Dieses Managementdenken und die zunehmende Internationalisierung der Wirtschaft haben zu einer Unzahl von Unternehmensfusionen geführt. Wie Supertanker im Ozean sind diese Konzerne am Wirtschaftsmarkt unterwegs – groß, mächtig und schier unverwüstlich. Zumindest in Zeiten, in denen alles berechenbar und stabil ist…..
Auch Effizienz hat ihren Preis
„Große Unternehmen sind effizienter“ – viele Bestseller der Management-Literatur haben auf tausenden Seiten eindrucksvoll dargestellt, warum diese Aussage immer stimmen muss: Je größer ein Unternehmen, desto leichter können Abläufe standardisiert und automatisiert werden. Durch die Optimierung der Prozesse können Kosten gesenkt und damit letztendlich die Produktivität des Unternehmens erhöht werden
Betrachtet man ausschließlich die Produktivitätskennziffern, spricht vieles für die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit der vielen Unternehmensfusionen in den letzten Jahrzehnten. Berücksichtigt man dann noch die Möglichkeiten von Großkonzernen, den eigenen Wettbewerbsmarkt maßgeblich zu beeinflussen, wird der „Big Player“ schnell zum Idealbild eines Wirtschaftsunternehmens.
Trotzdem – gerade in Zeiten, in denen ein Paradigmenwechsel in vielen, bis dato stabilen Märkten sichtbar wird, lohnt es sich auch einen Blick auf die Kehrseite der Medaille zu werfen. Und man wird feststellen, dass die höhere Produktivität der Großunternehmen auch ihren Preis haben kann. Vor allem dann, wenn es um die Reaktionsgeschwindigkeit auf die sich rasant ändernden Kundenbedürfnisse geht.
Dem Anpassungsfähigen gehört die Welt
Nicht nur die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind im Umbruch, auch die gesellschaftlichen Werte und Normen ändern sich gerade gewaltig. Mit der Generation Y stehen den Unternehmen zukünftig Mitarbeiter gegenüber, die selbstbewusst die Qualität der Unternehmen als Arbeitgeber hinterfragen. Als Konsumenten zeichnet sich diese Generation durch ein flexibles und vor allem ein kritisches Kaufverhalten aus. Damit lässt sie sich auch nicht mehr so leicht von Marketingstrategien blenden, wie Generationen davor.
Große Organisationen können – ähnlich wie die Supertanker im Ozean – nicht rasch einen radikalen Kurswechsel vollziehen. Aufgrund langer Kommunikationswege, vieler Entscheidungsdistanzen und der großen Anzahl der betroffenen Mitarbeiter, lassen sich diese Unternehmen nur langsam bewegen. Wird das Ruder zu hart herumgerissen, kann das zum Kentern führen.
Die Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit wird für diese Unternehmen damit mehr und mehr zum Schlüsselfaktor. Denn wer den Bezug zum Kunden verliert, braucht sich um eine hohe Produktivität keine Gedanken mehr zu machen.
Fazit
Die Titanic galt als unsinkbar – bis sich unerwartet ein Eisberg als Hindernis in den Weg stellte. Das Schiff war zu groß, um noch rechtzeitig ausweichen zu können. In unsicheren oder unbekannten Gewässern ist es oft sinnvoll, mit kleineren, wendigeren Schiffen unterwegs zu sein.
Oder vielleicht wäre es überhaupt wieder an der Zeit, vermehrt jene Gewässer anzusteuern, die man auch kennt.
Wie auch immer – ob Supertanker oder Schnellboot, ob großes oder kleines Unternehmen: Das unternehmerische Asset der Zukunft lautet mehr denn je: Rasche Anpassungsfähigkeit. Dazu braucht es vor allem die Nähe zum Kunden und kurze Entscheidungswege.
„Der wahre Präsident des Unternehmens ist der Konsument.“
(Helmut O. Maucher, ehem. Generaldirektor von Nestle)
Know your customer – im Tanker und im Schnellboot