Ich sehe was du fühlst
Emotionen bewegen uns, beherrschen uns, steuern uns und lassen uns Entscheidungen treffen. Wir haben einen eigenen Gehirnteil, der für das Verarbeiten von sensorischen Eindrücken und den damit verbundenen Emotionen verantwortlich ist. Emotionsmanagement und Empathie sind zurzeit in aller Munde, auch – oder gerade – weil eine aktuelle Studie zeigt, dass die Empathiefähigkeit bei jungen Menschen in den letzten 40 Jahren drastisch gesunken ist.
© Bettina Volke
Stellen Sie sich vor, Sie führen ein Bewerbungsgespräch. Haben Sie gewusst, dass es Ihre Entscheidung maßgeblich beeinflusst, ob Sie gerade ein kaltes oder ein warmes Getränk in den Händen gehalten haben? Eine Studie aus 2008 (US Fachjournal Science) zeigt, dass körperliche Wärme zwischenmenschliche Urteile und das Sozialverhalten positiv beeinflussen. In einem ersten Versuch gaben die Forscher 41 Probandinnen eine Tasse Kaffee zu halten. War der Kaffee heiß, urteilten die Probanden deutlich positiver über eine beschriebene dritte Person als jene Frauen mit kaltem Kaffee und kalten Händen. Beim zweiten Versuch zeigte sich, dass Probanden, die entweder ein Geschenk für sich oder für einen Freund aussuchen konnten, mit warmen Händen deutlich häufiger das Geschenk für einen Freund aussuchten.
Wir werden von vielen verschiedenen Eindrücken ständig beeinflusst. Der kalte Luftzug, der Lärm im Büro, das kleine verächtliche Lächeln eines Kollegen in einem Meeting, der verärgerte Blick des Mitarbeiters über eine Zusatztätigkeit, das genervte Augenrollen wenn das Telefon wieder läutet oder das aufmunternde Lächeln einer Kollegin.
Die Emotion ins Gesicht geschrieben
Emotionen, die sich für 3 bis 5 Sekunden im Gesicht (= Makroexpressionen) zeigen, sind für uns gut erkennbar. Anders steht es um die Mikroexpressionen. Was sind Mikroexpressionen? Das sind extrem kurze (zwischen 40 und 500 Millisekunden) und willentlich nicht steuerbare und damit sehr schwer nachzuahmende Emotionsausdrücke. Sie treten besonders in sehr emotionalen Situationen auf. Warum das?
Unser Limbisches System – unser Emotionszentrum – verarbeitet unsere Sinneseindrücke – alles was wir sehen, hören, spüren, schmecken und riechen wird hier verarbeitet und emotional bewertet. Die Muskeln des Gesichtes sind direkt mit dem Limbischen System verdrahtet – deshalb zeigen sich Emotionen sofort im Gesicht, auch wenn sie uns noch nicht bewusst sind. Erst nach 500 Millisekunden geht die Information ins Denkhirn. Dann wissen wir erst, was wir fühlen und können entscheiden, ob wir diese Emotion im Gesicht weiter zeigen oder ein „anderes Gesicht“ machen wollen z.B. ein Pokerface aufsetzen oder ein Lächeln als „Maske“ nutzen.
Bei Verhandlungen geht es sehr oft um viel Geld. Stellen Sie sich vor, Sie sprechen in einer Verhandlung gerade über den Preis. Jetzt ist es wichtig, dass Sie selbst eine positive Mimik präsentieren (überzeugtes Lächeln) und auch genau lesen was ihr Verhandlungspartner in seiner Mimik zeigt. Rümpft dieser leicht die Nase? Oder runzelt er die Stirn? Oder zeigt sich ein leichtes Lächeln? Das alles gibt Ihnen wichtige Information, wie Ihr Preis ankommt und wie das Gespräch wahrscheinlich weitergehen wird.
Die Theorie & wissenschaftliche Studien
Der amerikanische Psychologe Paul Ekman hat gemeinsam mit seinem Kollegen Wallace Friesen in den 1960ern das Thema Mimik intensiv beforscht. Die ursprüngliche Frage war: Sind Emotionsdarstellungen kulturell erlernt oder angeboren? Das wichtigste Forschungsergebnis war, dass es sieben Basisemotionen gibt, die kulturübergreifend gleich dargestellt werden – selbst bei blind geborenen Menschen. Diese Emotionen sind Angst, Überraschung, Ärger, Ekel, Trauer, Verachtung und Freude.
Warum ist es so wichtig, Emotionen in den Gesichtern von Menschen zu erkennen? Machen wir eine kleine Zeitreise: Vor 10.000 Jahren sitzen zwei Menschen gemütlich am Feuer und plaudern miteinander. Plötzlich zeigt einer der Beiden Angst im Gesicht, da sich hinter dem Anderen ein Tiger anschleicht. Diese Angst zu erkennen und entsprechend zu handeln, konnte in dieser Situation das Leben retten. Das heißt, das Erkennen von Emotionen in der Mimik war für unsere Spezies überlebensnotwendig.
2011 hat Dirk W. Eilert in Deutschland aus den Erkenntnissen von Paul Ekman und anderen Emotionsforschern das Mimikresonanz®-Konzept entwickelt. Ziel ist es die Fähigkeit zu fördern, in guten Kontakt mit Gesprächspartnern zu kommen und noch besser deren Gefühle und Wünsche wahrzunehmen. Das ist sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld wichtig: sei es in Bewerbungsgesprächen, Beratungsgesprächen, Mitarbeiterführung, Service, Coaching, Mediation oder auch in Partnerschaft, sowie als Eltern.
Praktische Umsetzung & Konzept
Michaela Kellner und Andrea Khom von ANKH.AT Coaching & Trainings haben dieses Konzept 2013 nach Österreich gebracht. Sie bieten sowohl offene Trainings als auch speziell auf verschiedene Zielgruppen (Emotionales Verkaufen mit Mimikresonanz®, Mimikresonanz® für Führungskräfte) abgestimmte Konzepte an. Weiters sind Sie auch Mimikresonanz®-Lehrtrainerinnen für Österreich.
Das Konzept klingt im ersten Moment interssant, doch was hat es damit konkret auf sich? Frau Kellner, Frau Khom, bitte zum Interview!
Was kann ich mir unter dem Mimikresonanz®-Konzept vorstellen?
Michaela Kellner: Im Training lernen die Teilnehmer das Mimikresonanz®-Konzept anzuwenden. Dieses setzt sich aus 3 Lernschritten zusammen:
Mimikscouting – Welche mimische Bewegung nehme ich wahr?
Sie trainieren, das, was Sie in der Mimik Ihrer Gesprächspartner sehen, auch wahrzunehmen. Der Bereich des Mimikscouting nutzt bewährte wissenschaftliche Systeme, um die Mimik zu codieren, wie zum Beispiel das Facial Action Coding System (FACS).
Mimikcode® – Welche Emotion könnte das sein? Was kann das bedeuten?
Sie trainieren die mimischen Signale richtig zu interpretieren, um so die Gefühle und Wünsche Ihrer Gesprächspartner zu erkennen – auf der Grundlage neuester Erkenntnisse aus der Emotionsforschung, sowie der Persönlichkeits- und Motivationspsychologie.
Resonanztraining – Wie gehe ich damit ressourcenvoll und empathisch um?
Sie trainieren angemessen und zielführend mit den Informationen, die Sie durch präzises Beobachten gewonnen haben, umzugehen. Hier liefert u.a. die moderne Gehirnforschung wertvolle Impulse für eine ressourcenvolle und beziehungsfördernde Kommunikation.
Wie lange dauert es, sich diese Fähigkeiten anzueignen und umsetzen zu können?
Andrea Khom: Um die besonders kurzen und aussagekräftigen Mikroexpressionen erkennen zu können bedarf es Übung. Das im Trainingskonzept integrierte Online-Training ermöglicht Ihnen ein freies und zeitlich flexibles Training im Erkennen und Deuten von Mikroexpressionen. Schon eine Stunde Training reicht aus, um Ihre Fähigkeit Mikroexpressionen zu erkennen, spürbar und messbar zu steigern.
Zusatzinfo:
- www.ANKH.at
- Kostenloses Onlinetraining zum Kennenlernen: www.mikroexpressionen.de
- Termine der regelmäßigen Einführungspräsentationen: www.mimikresonanz-oesterreich.at
Wie Emotionen unsere Entscheidungen beeinflussen