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Psychische Erkrankungen Österreich | 1 Jahr nach der ASchG-Novelle 2013

13Feb2014
6 min
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Inhalt

Seit 1jan2013 schreibt das Arbeitnehmerschutzgesetz Aufzeichnungen & Auswertungen bzgl. psychischer Belastungen vor. Kontrollen sind an und für sich nichts Neues, doch seit jan2014 gehen Kontrollen in den Regelbetrieb der Arbeitsinspektoren ein.

Interview

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Muss nun jedes Unternehmen mit einer Kontrolle rechnen? Wie viele Unternehmen werden kontrolliert, wie sieht diese Kontrolle in der Regel aus?

Mag. Barbara Amon (IBG): Die Bestimmungen für die Kontrollen durch das Arbeitsinspektorat (geregelt im Bundes-Bedienstetenschutzgesetz – B-BSG) haben sich durch die Novellierung des ASchG nicht geändert. So ist es nach wie vor so, dass der zuständige Arbeitsinspektor unangemeldet Kontrollen durchführen kann. Der Arbeitsinspektor überprüft die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch unterschiedlichste Instrumente wie beispielsweise durch eigene Erhebungen/Begehungen, Einsichtnahme in die Dokumentation der Präventivfachkräfte oder Befragungen der Präventivfachkräfte. Sollte ein Mangel beanstandet werden, hat der Arbeitgeber die Chance innerhalb einer angemessenen Frist den Mangel zu beheben. So ist es auch im Falle der Evaluierung psychischer Belastungen. Sollte die Erhebung noch nicht durchgeführt worden sein, kann normalerweise das Unternehmen innerhalb einer Frist die Analyse und Beurteilung der psychischen Belastungen inklusive der geeigneten Maßnahmenvorschläge nachreichen.

Dr. Margit Burger (Health and Skills): Eigentlich sind Unternehmen schon seit 1995 verpflichtet die Belastungen Ihrer Mitarbeiter regelmäßig zu erheben. Mit der Novelle aufgrund des EU-Rechts wird die Bedeutung der psychischen Gesundheit und der Prävention arbeitsbedingter psychischer Belastungen stärker betont, alle Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken, sollen beurteilt werden, um die Gefährdung zu beurteilen und entsprechend beseitigen zu können.
Für die Kontrolle zuständig ist das Arbeitsinspektorat, die kommen wenn es einen Anlassfall gibt oder auch im Rahmen einer Schwerpunktaktion oder Routinekontrolle. Bei Versäumnissen werden Fristen ausgesprochen. Falls diese nicht eingehalten, drohen auch Verwaltungsstrafen.
Das Arbeitsinspektorat schaut, welche Gefahren vorliegen und wie der Evaluierungsprozess erfolgte und welche Maßnahmen gesetzt wurden. Unter anderem wird geprüft, mit welchem Messverfahren wurde geprüft, ob das Verfahren der ÖNORM entspricht. Wichtig ist auch ob die Maßnahmen an der Quelle ansetzen und kollektiv wirken.

Wer darf die Erhebung der psychischen Belastungen (Novell. ASCHG von Jän 2013) durchführen?

Mag. Anneliese Aschauer (Psychologische Praxis, Coaching und Unternehmensentwicklung): Mit der Evaluierung der psychischen Belastungen sollten idealerweise geeignete Fachleute betraut werden. Diese sind z.B. Arbeitsmedizinier, Arbeitspsychologen oder auch Sicherheitsfachkräfte mit psychologischen Kenntnissen.

Mag. Andrea Blattner (AB&E): Wenn der Arbeitgeber über die notwendige Fachkunde verfügt, kann er Ermittlung und Beurteilung von Gefahren sowie Festlegung der Schutzmaßnahmen selbst vornehmen. Laut ASchG §4 (6) hat er aber erforderlichenfalls geeignete Fachleute heranzuziehen. Bei der psychischen Gefährdungsbeurteilung liegt die Expertise dafür auf Grund ihrer spezifischen Ausbildung eindeutig bei den Arbeitspsychologen. Die Zusammenarbeit mit den Präventivkräften versteht sich dabei von selbst.

Was würden Sie einem KMU empfehlen, wenn dieses an Sie herantritt und eine Evaluierung der psychischen Belastung lt. Novell. des ASCHG von 01/2013, durchführen möchte? (Workshop, Mitarbeiterbefragungen,…)

Mag. Barbara Amon (IBG): Für KMUs bis zu 50 Mitarbeitern steht zum Thema Evaluierung psychischer Belastungen die AUVA beratend zur Verfügung. Bei Unternehmen ab 51 Mitarbeitern unterstützen wir gerne im gesamten Evaluierungsprozess. Gemeinsam mit einer unternehmensinternen Projektsteuergruppe wird das für das Unternehmen geeignete und standardisierte Erhebungsinstrument ausgewählt und die Führungskräfte und Mitarbeiter informiert. Anschließend führen Arbeitspsychologen die Analyse und Beurteilung der psychischen Belastungen durch, wobei besonders auf die vier Dimensionen Belastungen durch Arbeitsaufgaben und Tätigkeiten, Belastungen durch das Organisationsklima, Belastungen durch die Arbeitsumgebung und Belastungen durch die Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation sowie auf den Datenschutz geachtet wird. Die Ergebnisse der Evaluierung sowie daraus abgeleitete ursachenbezogene und kollektiv wirksame Maßnahmen werden der Steuerungsgruppe präsentiert und im Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Dokument festgehalten. Weiters wird darauf geachtet, dass die Ergebnisse ebenfalls an die Mitarbeiter kommuniziert werden. Da die Arbeitsplatzevaluierung ein Prozess mit dem Ziel der ständige Verbesserungen der Arbeitsbedingungen ist, sollte daher die Evaluierung regelmäßig wiederholt werden.

Was würden Sie einem Konzern empfehlen, wenn dieses an Sie herantritt und eine Evaluierung der psychischen Belastung lt. Novell. des ASCHG von 01/2013, durchführen möchte? (Workshop, Mitarbeiterbefragungen,…)

Dr. Margit Burger (Health and Skills): Bei Konzernen erfolgt die Auswahl der Erhebungsinstruments und der Vorgangsweise in Abstimmung mit der innerbetrieblichen Steuergruppe. Es gibt eine Vielzahl von geeigneten Verfahren und je nach Branche wird ein Verfahren besser passen. Eine quantitative Erhebung, im besten Fall online, ist für eine große Anzahl von Befragten effizient. Die Befragung kann z.B. mit einem Pilot für eine Abteilung oder einen Standort starten, und erst in weiterer Folge auf das gesamte Unternehmen ausgerollt werden. Mit dem Verfahren aus Österreich, der IMPULS-Test|2 Professional, können Mitarbeiter auch eine individuelle Auswertung bekommen. Außerdem ist eine Wiederholungsbefragung  und Benchmarking möglich. Das Verfahren ist aus meiner Sicht sehr effizient. Hier ist eine Auflistung von Referenzenfirmen, die bereits damit evaluiert haben.

Mag. Anneliese Aschauer (Psychologische Praxis, Coaching und Unternehmensentwicklung): Ich halte es grundsätzlich für wichtig, dass die Evaluierung psychischer Belastungen nicht nur eine Pflichtveranstaltung ist, sondern nutzenstiftend mit Interventionen der Organisationsentwicklung verknüpft werden. Bzgl. der Auswertung der Befragung erachte ich es für sehr sinnvoll unterschiedliche Auswertungsebenen zu gewährleisten, z.B. nach Abteilungen, Führungskräfte-Mitarbeiter, Männer – Frauen, altersspezifische Auswertungen … Damit werden die Ergebnisse „griffiger“ und es können zielgruppenspezifische Maßnahmen entwickelt werden, die an den konkreten Themen der Mitarbeiter ansetzen.

Ist eine Kombination von einem Betrieblichen Gesundheitsförderungs-Projekt (BGF) mit der Durchführung der gesetzlichen Evaluierung psychischer Belastungen möglich?

Mag. Andrea Blattner (AB&E): Ja, denn beide Prozesse bieten einige Möglichkeiten um Synergien zu nutzen. So kann z.B. durch entsprechende Planung und Umsetzung eine erneute schriftliche Befragung zur Erhebung der Ausgangslage im Rahmen eines BGF-Projekts vermieden werden. Bei all den Gemeinsamkeiten ist es jedoch immens wichtig beide Prozesse getrennt voneinander zu betrachten: die Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastungen ist gesetzlicher Auftrag, Betriebliche Gesundheitsförderung im Sinn der Luxemburger Deklaration freiwilliges Engagement der Geschäftsleitung. Und für das Arbeitsinspektorat zählt natürlich die sorgfältige Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben. Für Unternehmen die an Betrieblicher Gesundheitsförderung interessiert sind bietet sich durch die aufeinander abgestimmte Umsetzung von Pflicht (Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastungen) und Kür (Betriebliche Gesundheitsförderung) eine einmalige Gelegenheit um Kosten zu sparen.

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ZUSATZFRAGE:
Bieten Sie Maßnahmen (Workshops, Mitarbeiterbefragungen, etc.) bei dieser Evaluierung an?

Mag. Barbara Amon (IBG): Ja. Auf Basis der erhobenen kritischen Belastungen werden ursachenbezogene und kollektiv wirksame Maßnahmen abgeleitet und dem Unternehmen vorgeschlagen. Dies können beispielsweise Trainings bzw. Workshops zu Themen wie Kommunikation, gesundes Führen oder Gesunder Umgang mit Stress sein sowie verstärkte ergonomische Beratungen, Einführung von verpflichtenden Mitarbeiter-Gesprächen, Verbesserungen der Arbeitskleidung, Zusammenarbeitszirkel oder Überarbeitung der Arbeitszeitmodelle. Um die psychischen Belastungen zu evaluieren, führen auch wir unter anderem entsprechend Mitarbeiterbefragungen durch. Aufbauend auf diesen Ergebnissen werden Maßnahmenworkshops mit Mitarbeitern und Führungskräften durchgeführt, um die Ergebnisse vertiefend und lösungsorientiert weiter zu bearbeiten.

Mag. Anneliese Aschauer (Psychologische Praxis, Coaching und Unternehmensentwicklung): Ja, ich biete in meinem BeraterInnen-Netzwerk unterschiedlichste Verfahren zur Evaluierung und zur Maßnehmengenerierung an. Diese reichen von standardisierten Interviews, standardisierte Gruppeninterviews und -workshops bis hin zu Mitarbeiterbefragungen mit unterschiedlichen Tests und Verfahren zur Evaluierung. Besonders wichtig erachte ich auch den Prozess der Maßnahmen-Entwicklung und vor allem der verbindlichen und spürbaren Veränderungen und Interventionen in den Betrieben.

Dr. Margit Burger (Health and Skills): Ja, als Arbeits- und Organisationspsychologin berate ich Unternehmen bei der Konzeption und Durchführung des Evaluierungsprozesses, insbesondere bei der Auswahl der Verfahren und der Vorgehensweise, bei der Umsetzung und der erforderlichen Dokumentation. Dabei habe ich den Vorteil, dass ich als Senior Beraterin im IMPULS-Test|2 Professional Netzwerk mit Arbeits- und OrganisationspsychologInnen zusammenarbeite und dadurch stets am letzten Stand der Entwicklungen bin. Mir ist die Kooperation mit Arbeitsmediziner, Präventionskräften, Betriebsrat und anderen Verantwortlichen ein großes Anliegen. Ich arbeite mit, online-Befragungen, Papier-Bleistiftfragebögen mit Gruppen- und Einzelinterviews, abhängig von Betriebsgröße, Branche, Sprachverständnis der Befragten und unter dem Aspekt der Ökonomie.

Mag. Andrea Blattner (AB&E): Wir  bieten als One Stop Shop für Unternehmen jeglicher Größe die vollständige Abwicklung der Evaluierung – von der Konzepterstellung und Planung über die Ermittlung (in Form von Begehungen, schriftlichen Befragungen, Interviews, gegebenenfalls auch Gruppendiskussionen und Arbeitsanalysen) bis hin zur Maßnahmenableitung – an. Uns ist wichtig, dass sich neben den im ASchG festgelegten Organen und Präventivfachkräften auch weitere betriebsinterne Experten wie z.B. das HR-Management aktiv an der Evaluierung beteiligen. Dies erleichtert die Umsetzung im Betrieb, reduziert dadurch Kosten für die Evaluierung und führt zu maßgeschneiderten und umsetzbaren Maßnahmen, um das Ziel, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, zu erreichen.

Die Gesprächspartner

Psychische Erkrankungen Österreich | 1 Jahr nach der ASchG-Novelle 2013

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Dr. Margit Burger
Arbeits- und Organisationspsychologin

Health and Skills


amon_barbara_ibgMag. Barbara Amon

IBG Innovatives Betriebliches Gesundheitsmanagement GmbH


blattner_andrea_ABuEMag. Andrea Blattner

AB&E – Arbeitspsychologische Beratung & Evaluation


Aschauer_annelieseMag. Anneliese Aschauer

Psychologische Praxis, Caoching und Unternehmensentwicklung


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