Wer ist schuld?
Eine konstruktive Fehlerkultur fördert das Verantwortungsbewusstsein Ihrer Mitarbeiter
Wird im Unternehmen eine konstruktive Fehlerkultur gelebt, in der Fehler kritisch reflektiert und aus Fehlern gelernt wird, fördert es das Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeiter. Pannen werden dann eingestanden und Fehler werden zum Lernpotential. Konflikte lösen bedeutet: lernen.
Wo Menschen arbeiten können Fehler passieren. Auch erfahrene Fachkräfte sind nicht dagegen gefeit sich einmal zu irren oder durch Unachtsamkeit eine Panne zu verursachen. Der Fehler an sich schafft noch nicht zwingend ein Problem. Dieses entsteht erst dann, wenn der Verursacher – meist aus Angst vor den Konsequenzen – nicht zu seinem Missgeschick steht oder noch schlimmer, dieses zu vertuschen versucht.
Leider gehört es zum Alltag von Führungskräften, dass ein Missgeschick entstanden ist, der zuständige Mitarbeiter jedoch die Schuld und somit auch die Verantwortung vehement von sich weist. Hier sind vorab die Gründe warum ein Fehler passiert ist zu hinterfragen und was die Beweggründe für das Verleugnen der Verantwortung sind.
Beim Konflikte-Lösen gilt es, Fehler und Fehlverhalten zu unterscheiden
Bei der Fehlerentstehung ist zu unterscheiden ob der Mitarbeiter sind geirrt hat oder das Ergebnis einer Vorgehensweise anders eingeschätzt hat, da er vielleicht nicht alle notwenige Informationen hatte oder ihm die Komplexität der Sache nicht bewusst war. Ein solches Missgeschick ist fast allen Menschen unangenehm und sie lernen daraus. Im Laufe des Berufslebens sammelt sich dadurch Erfahrung an, die für den Betrieb sehr wertvoll sein kann.
Anders ist es, wenn ein Fehler aufgrund eines Fehlverhaltens passiert, wie der Nichteinhaltung von Arbeitsvorgaben, die eben zur Fehlervermeidung dienen. Zum Beispiel die Nichteinhaltung von Hygienevorschriften, Ignorieren von Sicherheitsmaßnahmen und Kontrollmechanismen u.v.m. Hier sind Führungskräfte gefordert dieses Fehlverhalten klar anzusprechen und zu betonen, dass eine offene Fehlerkultur nicht als Einladung zum Fehlermachen verstanden werden darf.
Warum neigen wir dazu, Fehler zu vertuschen?
Für viele Menschen bedeutet einen Fehler zu machen: Versagen. Bereits in der Kindheit lernen wir, dass Fehler sanktioniert und Schuldeingeständnisse nicht belohnt werden. Schon in der Schule geht es nicht darum, den Verursacher, der sein Missgeschick eingesteht zu beloben sondern ihn zu bestrafen. Viele erleben dann weiter im Berufsleben die Standpauke vom Chef als Reaktion bei Pannen. Auch in der Öffentlichkeit wird uns tagein tagaus vorgelebt wie Politiker, Manager, Prominente und dergleichen mit Schuld und Fehlern umgehen. Sie weisen alle Verantwortung von sich, stellen Behauptungen auf, auch wenn die Fakten schon publik sind.
Das trägt allgemein zur Mentalität bei, dass Fehler aus Angst vor den Konsequenzen vertuscht werden oder noch schlimmer jemanden anderen in sie Schuhe geschoben werden. Wenn ein Mitarbeiter aus seiner Sicht alles korrekt macht und grundsätzlich die Umstände, die Technik, … im egoistischsten Fall die Arbeitskollegen „schuld“ daran sind, ist Handlungsbedarf für die Führung geboten. Doch versuchen Sie zu verstehen, warum manche Mitarbeiter sich durch Schuldzuweisungen aus der Affäre ziehen wollen. Es ist ein einfacher Selbstschutzinstinkt. Der Mitarbeiter hat Angst. Dies kann vom Imageverlust, Verlust des Zutrauens der fachlichen Kompetenz durch den Chef, Minderung der Aufstiegschancen bis zu Haftungsplichten gehen. Doch stellen Sie als Führungskraft klar, dass der Fehler an sich noch nicht das Problem darstellt, dass Vertuschen hingegen schon. Ein solches Verhalten ist nicht vertretbar, gefährdet das gesamte Arbeitsklima und birgt Gefahr, dass sich daraus noch weitere Fehler entwickeln.
Eine konstruktive Fehlerkultur muss tagein tagaus gelebt werden
Auch beim Konflikte-Lösen in Unternehmen gilt: „Der Fisch stinkt vom Kopf“! Die Fehlerkultur eines Betriebes wird dadurch geprägt wie auch an der Spitze mit Fehlern und Fehlentscheidungen umgegangen wird. Wenn die Mitarbeiter im eigenen Unternehmen wahrnehmen, dass es in den Führungsebenen eben nicht Kultur ist, Fehler einzugestehen um Konflikte zu lösen und keine Aussagen getroffen werden wie „Ich habe das falsch eingeschätzt.“ oder „DieseStrategie war falsch.“ und stattdessen mit der Weltwirtschaftslage, der Konkurrenz, der Politik, hohen Lohnkosten und sonstigen Umständen argumentiert wird, kann nicht erwartet werden, dass die Mitarbeiter für Ihre Fehler die Verantwortung übernehmen.
Die un“Kultur“ der Schuldzuweisung wirkt sich natürlich auch im Mitarbeiterteam aus. Das Betriebsklima verschlechtert sich, es herrscht Misstrauen, es besteht Gefahr, dass sich Rücksichtslose gegenüber Ruhigeren durchsetzen und letztere zum Sündenbock werden. Und das Gravierende ist, dass durch eine solche Fehlerkultur Probleme nicht gelöst sondern nur verschleppt und vergrößert und die gleichen Fehler unnötig wiederholt werden. Die negativen Folgen wirken sich nicht nur innerbetrieblich aus sondern werden im schlimmsten Fall auch von den Kunden wahrgenommen.
Aus diesen Gründen sind Führungskräfte gefordert aktiv daran zu arbeiten, dass in ihren Teams keine un“Kultur“ des Schuldabweisen und Schulzuweisens gelebt wird. Eine konstruktive Fehlerkultur muss als Wert im Unternehmen etabliert sein und von Vorgesetzten wie Mitarbeitern gelebt werden. Schaffen Sie ein Klima des Vertrauens, in dem Fehler als Chance für einen beständigen Verbesserungsprozess verstanden und genutzt werden. Dadurch können persönliche, betriebliche oder organisatorische Defizite identifiziert und beseitigt werden.
Konflikte lösen, ganz konkret:
Wie können Führungskräfte Mitarbeiter motivieren, fehlersensitiv zu arbeiten und den Mut haben, für Ihre Fehler die Verantwortung zu übernehmen?
- Diskutieren Sie mit Ihren Mitarbeitern was es bedeutet, eine „konstruktive Fehlerkultur“ im Unternehmen zu leben. Natürlich sollen alle nach bestem Wissen und Gewissen arbeiten, damit Fehler gar nicht erst passieren. Doch niemand kann für sich ausschließen nicht auch einmal etwas falsch zu machen. Unternehmensleitsatz muss sein: Fehler sind Lernchancen und dürfen nicht wiederholt werden.
- Seien sie als Führungskraft Vorbild – auch Ihnen passieren Pannen oder Sie schätzen Tatsachen falsch ein. Stehen Sie selbstbewusst dazu und leben Sie die Lösungsvorschläge vor.
- Fördern Sie die fehlerbewusste Aufmerksamkeit im Team, indem z. Bsp. abgeschlossene Projekte gemeinsam reflektiert werden:
Was hat uns bei der Umsetzung geholfen?
Welche Ressourcen gibt es im Team?
Wo zeichnen sich Risiken und Probleme ab?
Was können wir beim nächsten Auftrag besser/anders machen?
- Kritisieren Sie Mitarbeiter nicht für den Fehler, sondern für fehlerträchtiges Verhalten. Einem pflichtbewussten Mitarbeiter ist sein Fehler unangenehm und er wird sich bemühen, dass er hinkünftig nicht mehr passiert. In einem solchen Fall braucht es keine Kritik, die gibt sich der Mitarbeiter schon innerlich. Anders ist es jedoch, wenn Mitarbeiter nachlässig arbeiten oder Vorschriften nicht beachten und dadurch Fehler riskieren. Hier sind naturgemäß die Grenzen der Fehlertoleranz. In solchen Fällen gilt es für den Vorgesetzten, den betreffenden Mitarbeiter auf seine Versäumnisse und Verstöße hinzuweisen und eine entsprechende Verhaltensänderung einzufordern.
- Problemlösung statt Ursachenforschung. Konzentrieren Sie sich auf die Lösung des Problems und nicht auf die Ursache. Ursachenforschung hemmt Kreativität. Fehler können oftmals schon die Vorboten für die Lösung sein. Suchen Sie gemeinsam mit den betreffenden Mitarbeitern nach Vorgehensweisen. Oftmals hat der Fehlerverursacher die besten Ideen – er will sich ja durch seine konstruktiven Vorschläge rehabilitieren.
Konflikte lösen – ein Fazit
Durch die Etablierung und Praxis einer konstruktiven Fehlerkultur lernen Mitarbeiter, dass ein Fehler an sich noch kein Malheur ist. Erst ein Fehler der vertuscht wird kann zum massiven Problem eskalieren. Durch den offenen und reflektierten Umgang mit Fehlern übernehmen die Teammitglieder die Verantwortung für ihr Handeln und Fehler werden zum Lernpotential für das Unternehmen. Dies wirkt innovations- und leistungsfördernd. Die Lösungswege hin zum fehlerfreien Zustand schaffen Erfahrung und Kompetenz unter den Mitarbeitern und werden zu eine wertvollen Ressource für das gesamte Unternehmen.
Gastautorin: Mag. Marianne Waechter-Handler ist Gesellschafterin der IMPULSE Beratung OG, und begleitet als Coach, Mediatorin und Lebensberaterin Unternehmen und Einzelpersonen in Themen wie Work-Life-Balance, Lebensfreude, Konfliktmanagement und Mediation. Seit mehr als 20 Jahren ist sie auch als selbständige Steuerberaterin tätig und vereint Kompetenz und Erfahrung im wirtschaftlich, rechtlichen Bereich wie auch in Persönlichkeitsentwicklung. www.impulse-beratung.com
Konflikte lösen: konstruktive Fehlerkultur am Arbeitsplatz