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Stress im Fokus der Evaluierung psychischer Belastungen

07Jun2016
6 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Jeder von uns kennt die Zeiten, die stressig und anstrengend sind. Aber welche Gründe stecken dahinter? Was wird nun bei der Evaluierung psychischer Belastungen eigentlich gemessen? Wofür sind Arbeitsgeber verantwortlich? Was kann ich selbst tun?

Was ist eigentlich Stress?

Im Allgemeinen lassen sich zwei Arten von „Stress“ unterscheiden: Eustress und Distress. Als Eustress bezeichnet man den „positiven Stress“, der stimulierend oder motivierend auf uns wirkt und zu Leistungssteigerung führen kann. Unter Distress versteht man hingegen jenen unangenehmen Spannungszustand, den man im Allgemeinen mit den Begriff „Stress“ assoziiert.

Der folgende Artikel bezieht sich mit dem Begriff „Stress“ nur auf den unangenehmen, negativen Distress. Stress ist somit eine Reaktion auf eine Situation, die man als bedrohlich und nicht bewältigbar einschätzt. Der Auslöser kann sehr unterschiedlich sein: eine laute Kollegin, der man nicht entgehen kann, ständig neue Softwareupdates oder die Übernahme neuer Projekte ohne klare Zielvorgaben.

Eins ist jedoch klar: Stress entsteht im Kopf. Er ist individuell verschieden und Menschen reagieren sehr unterschiedlich. Aber bestimmte Situationen werden von sehr vielen Leuten als ähnlich unangenehm erlebt.

Stress im Berufsleben ist bis zu einem gewissen Grad unvermeidbar. Manche Menschen sagen auch von sich, dass sie zum Beispiel ein wenig Zeitdruck brauchen, um – ohne sich abzulenken – arbeiten zu können. Übersteigt der Stresspegel jedoch dauerhaft ein gewisses Maß, macht uns das krank. Wir sind genervt, verzweifelt oder unsicher. Im schlimmsten Fall droht Burnout.

Burnout ist eine spezielle Reaktion auf chronischen Stress, die besonders häufig in Berufen entsteht, in denen man intensiv mit Patienten oder Kunden kommunizieren muss. Burnout entsteht eher, wenn Personen besonders engagiert bei der Arbeit sind, mit ihrer Arbeit viel Gutes bei anderen bewirken wollen und sich zum Beispiel von Problemen der Patienten persönlich betroffen fühlen. Oft kommen dann auch Konflikte mit der professionellen Rolle hinzu. Irgendwann gibt es dann doch Enttäuschungen oder zu hohe Erwartungen, was zu Distanzierung und Rückzug führen kann. Man fühlt sich emotional erschöpft, grenzt sich sehr stark ab und hat das Gefühl, nichts mehr leisten zu können.

Es ist also ein Zusammenspiel aus mehreren Faktoren, sowohl persönlich als auch arbeitsbezogen.

Gesetzliche Pflicht

Österreichische Arbeitgeber müssen seit 2013 auch die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter im Auge präventiv im Auge behalten.

Die Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastungen ist Vorschrift und im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz vorgeschrieben. Hier müssen alle Arbeitsplätze auf ihre potentiellen Stressfaktoren hin untersucht werden. Wenn ein Stressfaktor erkannt wurde, der zu einer Fehlbeanspruchung führen kann, müssen entsprechende Maßnahmen gesetzt werden. Dies gilt ab dem ersten Mitarbeiter.

Folgende Stressfaktoren werden bei dieser Evaluierung untersucht:

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Es gibt jedoch auch viele Stressfaktoren, die nicht von dieser Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastungen abgedeckt sind:

  • Fließende Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben (z.B. ständige Erreichbarkeit auch nach Feierabend)
  • Vereinbarkeit von Betreuungspflichten und Job
  • Finanzielle Schwierigkeiten
  • Familiärer und Freizeit-Stress

Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen kennt man einander oft sehr gut und bekommt rasch mit, wenn Stress auftritt. Auch hat eine flachere Struktur den Vorteil, dass man als Führungskraft einen größeren Einfluss nehmen kann, wenn einzelne MitarbeiterInnen Stress-Symptome zeigen.

Mit der gesetzlichen Evaluierung sollen unter anderem psychisch bedingten Arbeitsausfällen (Krankenstände, Frühpensionierungen) vorgebeugt werden. Aber nicht jeder Burnout-Fall wird damit verhindert werden können.

Die größten Stressfaktoren in der Arbeitswelt

Faktoren, die Stress erzeugen, sind nicht überall gleich. Einerseits kommen bestimmte Situationen branchenabhängig mehr oder weniger oft vor. In der öffentlichen Verwaltung ist die schlechte Kommunikation innerhalb der Organisation stärker ausgeprägt als in anderen Branchen. In der Erziehung und im Gesundheitswesen ist dafür der Zeitdruck sehr weit verbreitet.

Andererseits werden die Situationen unterschiedlich interpretiert, je nach Alter, Erfahrung oder Ausbildung. Eine Verkäuferin Mitte 20, die erst seit wenigen Monaten ihre Position innehat, wird von herausfordernden Kunden vielleicht schneller gestresst sein, als eine Führungskraft Mitte 50, die seit Jahrzehnten im Vertrieb arbeitet.

Dennoch lohnt sich ein Blick auf die Statistiken der größten Stressfaktoren österreichischer Arbeitnehmer:

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Vor allem der Umgang mit schwierigen Kunden bzw. Patienten und Zeitdruck ist in allen Branchen ein großes Thema.

Was kann man selbst machen?

Jede Person hat andere Strategien, um mit Stress umzugehen. Einige sind langfristig nützlich (z.B. regelmäßig Sport betreiben), manche nur kurzfristig hilfreich (z.B. Raum verlassen bei Konflikten) und andere sind weniger nützlich (z.B. Süßigkeiten essen, mehr rauchen).

Hier einige Tipps:

  • Geben Sie nicht dem ersten Gefühl von Wut und Verzweiflung nach. Atmen Sie tief durch und schlafen Sie eventuell eine Nacht darüber.
  • Verändern Sie die Dinge, die Sie in der Hand haben. Können Sie den Kunden um etwas Aufschub bitten? Haben Sie einen Kollegen, der Ihnen helfen kann? Im Zweifel räumen Sie Ihren Schreibtisch und Ihren E-Mail-Posteingang auf, um Ihre Gedanken zu sortieren.
  • Machen Sie bewusst Pausen, vor allem dann, wenn es stressig ist. Gönnen Sie sich bewusst einen guten Kaffee, gehen Sie 5 Minuten an die frische Luft und essen Sie Ihr Mittagessen nicht vor dem Bildschirm nebenbei. Jeder Fußballtrainer weiß, dass man nicht während des Trainings besser wird, sondern in den Regenerationsphasen!
  • Denken Sie an ähnliche Situationen, die Sie bereits erfolgreich gemeistert haben. Was hat damals geholfen?
  • Belohnen Sie sich, wenn der Stress überstanden ist. Feiern Sie Ihre Erfolge! Und wenn es nur ein zusätzliches Stück Schokolade ist.

Was tun, wenn man allein nicht weiterkommt?

Holen Sie sich Unterstützung von anderen. Reden Sie mit Außenstehenden, um einen Blick von außen zu bekommen. Sprechen Sie im Team oder bei Ihrem Vorgesetzten stressige Situationen an und suchen Sie gemeinsam eine Lösung.

Fragen Sie nach, ob das Unternehmen Ihnen Unterstützung anbietet. In kleinen und mittelgroßen Unternehmen werden manchmal externe Angebote wie Coachings durch den Betrieb gefördert. Ohne finanzielle Unterstützung kann Mitarbeitern jedoch auch geholfen werden: Möglichkeiten bieten, ab und zu von zu Hause aus zu arbeiten, Freistellung für Termine bei Ärzten oder Therapeuten oder befristete Verkürzung der Arbeitszeit.

Was kann man tun, wenn es einem Kollegen oder Mitarbeiter nicht gut geht?

Seien Sie aufmerksam und bemerken Sie, wenn sich Kollegen anders verhalten oder über Stress klagen. Hören Sie aufmerksam zu und geben Sie nur Ratschläge, wenn Sie auch danach gefragt werden.

Beurteilen Sie als Führungskraft, ob Sie Arbeitsbedingungen verändern können. Wenn ein Mitarbeiter gestresst wirkt, kann man davon ausgehen, dass von der Situation mehrere Leute ebenfalls betroffen sind. Hinterfragen Sie kritisch:

  • Muss man eventuell Arbeitsabläufe umstellen?
  • Sind alle Informationen gut verteilt?
  • Sind alle Besprechungen wirklich notwendig?
  • Geben Sie klare Ziele und Aufgaben vor?
  • Sind alle Projekte wirklich gleich wichtig?
  • Bieten Sie Ihren Mitarbeitern zusätzlich Gestaltungsspielraum, wie sie ihre Arbeit erledigen können.

Wenn eine stressige Phase, wie Jahresabschluss oder Berichtsabgabe, abgeschlossen ist, loben Sie die Beteiligten und wertschätzen Sie ehrlich deren zusätzlichen Einsatz.

Maßnahmen nach einer Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastungen sollten möglichst kollektiv wirksam (also zum Beispiel für eine ganze Abteilung hilfreich) und ursachenbezogen sein (also kein Yoga-Angebot bei Zeitdruck). Versuchen Sie die Belastung an der Wurzel zu packen.

Für privaten Stress kann der Arbeitgeber nicht verantwortlich gemacht werden. Als Führungskraft oder HR-Mitarbeiter können Sie jedoch auch hier ein wenig helfen.

Zeigen Sie Verständnis für schwierige, stressige Situationen (Einschulung des Kindes, unerwartete Betreuungspflichten, Tod von Angehörigen,…). Schauen Sie, ob Sie hier flexibel Unterstützung durch Neuverteilung von Projekten, Home-Office-Angeboten oder Ähnlichem anbieten können.

Niemand gewinnt, wenn Kollegen und Mitarbeiter längere Zeit aufgrund von vermeidbarem Stress ausfallen.


Links

  • Offizielle Informationen des Zentral-Arbeitsinspektorats – http://www.arbeitsinspektion.gv.at/inspektorat/Gesundheit_im_Betrieb/psychische_Belastungen/
  • YouTube-Playlist zu Psychischen Belastungen – https://www.youtube.com/playlist?list=PLNOiS0mqX9KWEoy8BGLkMn7VSi8Q6HNJp
  • Beratungsservice des Berufsverbandes Österreichischer PsychologInnen: https://www.boep.or.at/psychologische-behandlung/helpline
  • Psychologische Online-Beratung: https://instahelp.me/

Stress im Fokus der Evaluierung psychischer Belastungen

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