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BGM | Langfristige Mitarbeiter-Motivation durch betriebliches Gesundheitsmanagement

18Okt2016
7 min
BGF Betriebliches Gesundheitsmanagement

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Betriebliches Gesundheitsmanagement – für HRweb ist BGM & BGF ein völlig neuer Bereich in den wir vorstoßen. Auf redaktioneller Seite beleuchte ich BGM in einem ersten Schritt folgende 3 Ebenen:

  • Mitarbeiter
  • Führungskräfte
  • Organisation

Heute steht die Mitarbeiter-Ebene im Scheinwerfer-Licht.

Experten-Interview

Können Sie dazu beitragen, dass sich durch betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM / BGF) die Motivation der Mitarbeiter steigert? Wenn ja: wie?

Thomas Dodner  (Top Train): Ja. Wir lernen die – oft unbewusst versteckten -Bedürfnisse des Mitarbeiters kennen indem wir uns wirklich dafür interessieren. In einem Coachinggespräch passiert es, dass Mitarbeiter erstmalig intensiv mit ihren eigenen Bedürfnissen und Motiven in Kontakt kommen. Die Verknüpfung seiner Motive mit seinen beruflichen Aufgaben ist dann für den Mitarbeiter nur noch ein kleiner Schritt. Wenn wir den „Beweggrund“ des Mitarbeiters herausfinden können wir dazu beitragen dass er sich in seiner „Bewegung“ steigert. Diese Erkenntnis ist zwar schon sehr alte aber immer noch wirksam. Die Wurzeln der Motivations-Defizite liegen jedoch in den fehlenden Zeitressourcen von Führungskräften, welche für diese zeitintensiven Gespräche leider oft nur ungenügend ausgebildet wurden.

Mag. Susanne Hickel (Health Consult): Motivation ist  Aufgabe der Führung und Selbstverantwortung  jedes einzelnen.  Motivation kommt von „motivare“, zu deutsch „bewegen“. Damit ist klar, dass Motivation dort am besten funktioniert, wo sich alle in dieselbe Richtung bewegen. Dafür braucht es klare, erreichbare Ziele; und diesen noch übergeordnet greifbare Werte und Visionen. Wie das funktioniert, ohne dass es aufgesetzt wirkt, erarbeiten wir mit Führungskräften. Plus: Wie gelingt es, Mitarbeiter ihre eigene Motivation finden zu lassen? Die entsteht meistens dort, wo sich Mitarbeiter gut bewegen können, wo sie Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum haben. Motivation heißt klare Ziele – plus -Gestaltungsspielraum.

Mag. Brigitta Giselbrecht (bGesundheitsmanagement): Die Motivation eines Menschen hängt von vielen inneren und äußeren Faktoren ab (wie von Persönlichkeitsstrukturen und von persönlichen Bewertungen, aber auch von Rahmenbedingungen wie Unternehmenskultur, Führungsverhalten, Kommunikationskultur…). Wenn die Rahmenbedingungen sog. Verhältnisse in einem Unternehmen nicht förderlich sind, zB. eine zu starke Kontrolle mit einem geringen Handlungsspielraum, dann müssen die Abläufe und Strukturen angeschaut werden und leistungsförderlicher gestaltet werden.

Mag. Beate Atzler, MPH (IfGP): Wichtig erscheint mir, die Mitarbeiter auf den Weg des Unternehmens „mitzunehmen“, indem man auf veränderte Rahmenbedingungen rasch reagiert, transparent informiert und für die notwendigen fachlichen wie sozialen Qualifikationen sorgt. Eine Vermeidung von permanenter Überforderung ist ebenfalls notwendig um Mitarbeiter möglichst langfristig im Unternehmen zu halten.

Dr. Gerhard Klicka (IBG): Human Quality Management. Befriedigende Arbeit kann Gesundheit fördern, sie ist ein potenzieller Entwicklungsraum. Die Mitarbeiter sind Source nicht Resource. Sie sind der wertschöpfende Unternehmensmittelpunkt.

Was würden Sie einer Führungskraft raten, die sich über demotivierte Mitarbeiter beklagt?

Mag. Susanne Hickel (Health Consult): Erstens: Achten Sie darauf, wo Sie Ihrem Team möglicherweise im Weg stehen. Zweitens: Fragen sie – in geordnetem Rahmen bspw. eines Mitarbeitergesprächs – nach, ob allen alle Ziele klar sind. Drittens: definieren Sie die Ziele und den Gestaltungsspielraums jedes Mitarbeiters, bzw. adjustieren Sie diese Vorgaben nachdem Sie mit allen gesprochen haben. Viertens: Geben Sie einen Ausblick auf den langfristigen Kurs, die Vision, der Sie mit diesen Zielen näher kommen wollen. Machen Sie die täglichen Aufgaben klar und den größeren Sinn sichtbar! Und vergessen Sie dabei nicht auf Ihre motivierten und loyalen Mitarbeiter – sie wahrzunehmen, wertzuschätzen und zu bestärken stärkt das Rückgrat des ganzen Unternehmens.

Wie schafft man es, Mitarbeiter langfristig arbeitsfähig zu halten?

Thomas Dodner  (Top Train): Es können viele begleitende Maßnahmen gesetzt werden, um die Gesundheit des Mitarbeiters tatsächlich zu fördern. Voraussetzung ist es, dass die Unternehmensführung dieses Thema – neben den wirtschaftlichen Zielen – tatsächlich als Priorität definiert und erkannt hat, wie viel Geld durch gesündere Mitarbeiter gespart werden kann. Sind die Voraussetzungen dafür geschaffen und „ungesunde Verlockungen“ minimiert worden werden diese Möglichkeiten von dankbaren Mitarbeitern gerne genutzt.

Mag. Gernot Kampl (IEPB): Ich hoffe, es klingt nicht zu pathetisch, wenn ich sage: Wenn Arbeit als Last empfunden wird (und Ursache dafür kann beispielsweise Unterforderung genauso sein wie Überforderung), dann ist sie eben belastend, und das wirkt sich auf Dauer unweigerlich negativ aus. Es mag zu optimistisch erscheinen, aber optimale Beanspruchung in einem gesunden Arbeitsklima ist eine ideale Voraussetzung für dauerhafte Arbeitsfähigkeit und Motivation.

Mag. Gabriele Fischereder (arbeitsweise Consulting & Training): Durch eine bedarfsorientierte Kombination von Verhaltens- und Verhältnisprävention, dh. durch

  • die Schaffung bzw. Sicherung von menschengerechten Arbeitsbedingungen, die den unterschiedlichen Zielgruppen in der Organisation eine ausgewogene Work-Life-Balance ermöglichen,
  • einer achtsamen, vertrauensvollen und wertschätzenden Führungskultur sowie
  • einem Angebot an gesundheitsförderlichen Angeboten, das – ausgerichtet an den Bedürfnissen der Mitarbeiter – Gesundheitskompetenzen erhöht und einen guten Umgang mit Stress und Belastungen fördert.

Dr. Gerhard Klicka (IBG): Generationenbalance hilft Unternehmen, vorhandene Ressourcen unter Berücksichtigung altersbedingter Veränderungen erfolgreich einzusetzen. Unser zweiter Ansatz ruht auf dem Human Work Index® mit dem ArbeitsVerMögen-Coaching. Weitere Instrumente: Productive Ageing

Mag. Brigitta Giselbrecht (bGesundheitsmanagement): Wenn die Rahmenbedingungen gesundheitsförderlich gestaltet sind, können die Mitarbeiter langfristig arbeits- und leistungsfähig sein. Diesbezüglich passiert immer mehr in den Unternehmen. Meistens auf der verhaltenspräventiven Ebene (Bio Kantine, Obstkorb, Massage, Laufgruppen, Rauchentgewöhnungsseminare, Schutzausrüstungen, Hebemechanismen, Hilfsmittel) Auf der Verhältnisebene erfolgen die Änderungen langsamer, jedoch bewirken langfristig eine Verbesserung der Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter (zB: Optimierung der Informationswege im Unternehmen).
Diese ist nur eine Seite der Medaille. Die Menschen müssen auch in ihrer Eigenverantwortung geweckt werden. Der Mensch kann die besten Laufschuhe haben, wenn er aber nicht laufen geht, baut er keine Muskeln auf und braucht irgendwann einen Stock. Die Menschen müssen den Sinn erkennen und in späterer Folge die Erfolge feiern, um ihre alten Muster brechen und sich ändern zu können.

Mag. Beate Atzler, MPH (IfGP): Indem man Arbeitsbelastungen ernst nimmt und entsprechende Gegenmaßnahmen setzt und alle in Unternehmen vorhandenen Ressourcen optimal nutzt sowie die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) der Mitarbeiter (z.B. Problemlösungskompetenzen) und der Organisation (z.B. gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen) stärkt.

Wie überzeugen Sie in Zeiten immer härter werdenden globalen Wettbewerbs einen Unternehmer, in BGM / Betriebliches Gesudheitsmanagement zu investieren?

Mag. Gernot Kampl (IEPB): Die schlagendsten Argumente für den in die Zukunft gerichtet denkenden Unternehmer sind Umsatz, Produktivität, Profitabilität, Kundenzufriedenheit. Natürlich ist nicht jedes Argument für jedes Unternehmen gleich wertvoll. Bei Produktionsunternehmen ist in der Regel die Steigerung der Produktivität im Fokus, bei Dienstleistungsunternehmen die Kundenzufriedenheit. Im Zuge der Projektkonzeption sollten daher bereits unternehmerische Nutzenziele mitgedacht werden. Diese Informationen sind für die Maßnahmenentwicklung und –umsetzung sehr wertvoll und garantieren für das Unternehmen eine optimierte Aufwand-Nutzen Relation.
Auch die WKO, die sicher nicht im Verdacht steht, unnötige Belastungen zu Lasten der Wirtschaft zu propagieren, weist übrigens darauf hin, dass gesundheitsfördernde Maßnahmen einfach rentabel sind: So stellte sie schon 2010 fest, dass Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung aufgrund ihres nachhaltigen Ansatzes eine Senkung der Krankenstände um bis zu 25 % bewirken und der Return on Investment bei BGF-Maßnahmen zwischen 1:2,5 und 1:10,1 liegt. Kurz, betriebliche Gesundheitsförderung und die Evaluierung psychischer Arbeitsbelastungen zahlen sich aus.

Gesundheit ist doch etwas sehr Privates. Warum soll ein Arbeitgeber hier Verantwortung übernehmen?

Mag. Gabriele Fischereder (arbeitsweise Consulting & Training): Weil jeder Mitarbeiter einen Großteil seiner Zeit am Arbeitsplatz verbringt und jeder Arbeitgeber gewillt ist, dass seine Leute in dieser Zeit gesund und damit produktiv und motiviert zu den Unternehmenszielen beitragen.
Ja, ich unterstreiche voll und ganz, dass jeder Einzelne auch eigenverantwortlich auf seinen Körper, seine Seele und seinen Geist achten muss. Manche Menschen haben aber genau das verlernt und können sich vor lauter Herzblut, Engagement und Sehnsucht nach Anerkennung nicht mehr einbremsen. Oder trauen sich schlichtweg aus Angst vor einem Arbeitsplatzverlust nicht ‚Nein‘ zu sagen. Leider erlebe ich in der Praxis auch immer noch den ein oder anderen Geschäftsführer, der auf psychische Überlastung seiner Mitarbeiter mit Unverständnis reagiert: ‚Das kommt doch alles aus dem Privatleben, wir können als Firma nicht auch noch diese Aufgabe übernehmen.‘ Doch. Organisationen können gute, menschengerechte Arbeitsbedingungen schaffen und sie können sensibilisieren, bewusstmachen und einladen, das Thema Gesundheit ernst zu nehmen, auf sich zu achten um für Freizeit und Arbeitsleben vital zu bleiben. Ein solches Empowerment geht meiner Meinung nach Hand in Hand mit der Fürsorgepflicht gegenüber Mitarbeitern.


Die Gesprächspartner

BGM | Langfristige Mitarbeiter-Motivation durch betriebliches Gesundheitsmanagement. MA-Motivation.

dodner_thomas_toptrain_150Thomas Dodner
Geschäftsführer

Top Train Unternehmensberatung und Training GmbH


kampl-gernot-iepb-150Mag. Gernot Kampl
Geschäftsführer

IEPB . Institut zur Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz GmbH


klicka-gerhard-ibg-150Dr. Gerhard Klicka
Geschäftsführer der IBG, Arbeits-, Gesundheits- und Klinischer Psychologe, Psychotherapeut, Unternehmensberater

IBG Innovatives Betriebliches Gesundheitsmanagement GmbH


hickel-susanne-health-consult-150Mag. Susanne Hickel
Mitglied des Leitungsteams Arbeitspsychologie

Health Consult Gesellschaft für Vorsorgemedizin Ges.m.b.H.


BGM, BGF, betriebliches Gesundheitsmanagement, ÖsterreichMag. Gabriele Fischereder

arbeitsweise Consulting & Training


BGM, BGF, betriebliches Gesundheitsmanagement, ÖsterreichMag. Brigitta Giselbrecht

bGesundheitsmanagement


atzler_beate_150Mag. Beate Atzler, MPH

IfGP – Institut für Gesundheitsförderung und Prävention GmbH


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